Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
ihr heller, leicht ins Honigfarbene spielender Teintund ihre smaragdgrünen Augen stellten sie dennoch immer in den Mittelpunkt. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Kathleen Zeit, sich zu pflegen. Ihre Haut war nicht mehr sonnenverbrannt, ihre Lippen nicht mehr aufgesprungen und ihre Hände nicht mehr rau und abgearbeitet. Sie war schlank, aber nicht mehr mager, und sie konnte langsam den Menschen wieder ins Gesicht sehen. Kathleens Albträume wurden seltener, sie begann, Ians Misshandlungen und Beleidigungen zu vergessen. Nach wie vor kämpfte sie allerdings noch mit Schuldgefühlen – zumal der neue katholische Priester in Dunedin sie auch nicht davon freisprach.
»Du hättest deinen Mann nicht verlassen dürfen!«, tadelte er sie nach der ersten Beichte. »Egal, was vorgefallen ist. Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen. Du hättest bei ihm bleiben und versuchen sollen, ihm eine gute Frau zu sein!«
Kathleens Einwände, sie hätte das nun wirklich lange genug versucht, ließ Father Parrish nicht gelten. Er riet ihr ernstlich, nach Christchurch zurückzukehren, aber so weit ging Kathleens Ergebenheit in Gottes Willen nun doch nicht.
»Euch hat doch gar nicht Gott zusammengeführt, sondern pure Not!«, argumentierte zudem Claire. »Gott hat dich eher mit diesem Michael zusammengeführt. Den hättest du heiraten sollen. Konntest du nicht mit ihm nach Australien gehen?«
An diese Möglichkeit hatte Kathleen nie gedacht, aber jetzt war es ohnehin zu spät. Und zudem sah sich Kathleen inzwischen auf dem besten Weg, eine noch schlimmere Sünde zu begehen, als ihren prügelnden Mann im Stich zu lassen. Jedes Mal, wenn Peter Burton in die Stadt kam, spürte sie, wie ihre Zuneigung zu dem jungen Reverend wuchs. Burton brachte sie zum Lachen, unterhielt sie mit Geschichten aus dem Goldgräberlager und kümmerte sich um Sean und Heather. Er war immer geduldig, drängte sich nicht auf, und wenn er ihr beim Spaziergang den Arm reichte, fühlte sie sich entspannt und sicher. Wenn er ihre Hand nahm oder sein Bein beim Einsteigen in den Buggy unabsichtlich das ihre streifte,schlug ihr Herz schneller. Es war nicht das heftige Verlangen, das sie bei Michael gespürt hatte, aber etwas war da – wenn Burton in die Stadt kam, fühlte Kathleen sich jünger und leichter und tanzte durch den Tag.
Manchmal, wenn sie über ihrem Zeichenblock saß und ihr gerade nichts einfiel, ertappte sie sich dabei, wie sie Peter Burtons Bild aufs Papier warf: seine etwas schiefe Nase – beim Boxen im College war da wohl mal etwas danebengegangen –, seine vollen Lippen und sein ovales Gesicht mit dem hellbraunen Haarschopf, der ihm ständig in die Stirn fiel. Die freundlichen, ruhigen Augen, die doch lebhaft aufblitzen konnten, wenn ihn etwas berührte. Kathleen wusste jetzt, dass sie braun waren, und die Lichter darin bernsteinfarben. Sie wagte endlich, ihm lange genug in die Augen zu sehen, um seinen Blick zu erforschen.
Kathleen versuchte, über die möglichen Konsequenzen ihrer Gefühle nicht nachzudenken. Aber sie erlaubte sich die reine Freude auf das Wiedersehen oben im Lager. Sie fuhr zum ersten Mal hinauf, bei Gabriel’s Gully hatte Peter keinen Besuch haben wollen, das hieß nicht den einer Lady. Im neuen Lager sollte es aber zivilisierter zugehen. Ein paar der Goldgräber hatten sogar ihre Frauen kommen lassen und ihnen Blockhäuser gebaut, und neuerdings unterrichtete der Reverend täglich ein paar Kinder im Lesen und Schreiben.
»Pass auf, Mom, nach den Ferien sind wir reich!«, erklärte Sean, als er jetzt neben Rufus voraustrabte.
Heather schmiegte sich an Kathleen. »Glaubst du, ich kann auch Gold waschen?«, fragte sie mit ihrer klaren, hellen Stimme, auch dies ein Erbe ihrer Mutter. Heather hatte fast nichts von den Coltranes. Bis auf die dunkelbraunen Augen, die reizvoll mit ihrem hellen Haar kontrastierten, war sie ein Abbild ihrer Mutter.
Kathleen nickte. »Sicher, Reverend Burton wird es uns zeigen, und dann finden wir zwei mehr Gold als all die Jungen zusammen!«
Tatsächlich kam Kathleen allerdings kaum dazu, sich auch nur die Landschaft rund um das Lager anzusehen. Die neue Ansiedlung war zu einer kleinen Stadt angewachsen, Peter Burtons Kirche und Gemeindezentrum bildeten einen der Mittelpunkte. Kathleen wurde von den anderen Frauen der Gemeinde sofort vereinnahmt. Das Hospital, die Küche für die Bedürftigen, die Schule – überall wurden helfende Hände gebraucht, und am besten
Weitere Kostenlose Bücher