Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Lizzie fand durchaus Freude daran, Balken einzupassen und ihr künftiges Häuschen jeden Tag ein Stück wachsen zu sehen. Das Holzfällen und Heranschleppen der Balken war allerdings Knochenarbeit. Immerhin kamen sie rasch voran, und nach einem Monat besaßen sie ein winziges Holzhaus, in das gerade drei Schlafstellen, ein Feuerplatz, Tisch und Stühle passten. Lizzie verhängte ihre Schlafecke mit Zeltplanen, um einen Ort für sich zu haben. Im Goldgräberlager munkelte man darüber, dass sie mit zwei Männern lebte, aber das störte dort niemanden. Über Michaels Festhalten an seinem nutzlosen Claim klatschten die Männer viel mehr. Auch der Reverend verlor kein Wort darüber, wenn Lizzie mit ihren beiden Freunden zur Sonntagsmesse herunterkam, aber das geschah sowieso selten. Chris schaffte den Weg nur an sehr guten Tagen und war anschließend zu Tode erschöpft.
»Kommen Sie doch einmal zu uns!«, lud Lizzie Peter Burton ein und freute sich, als er das Angebot annahm.
Peter las die Messe für Lizzie und Chris und trank anschließend Whiskey mit Michael. Er war begeistert über die Qualität. Lizzie hatte das Fässchen mit Michaels erstem Brand nicht ausgeschenkt, sondern mit nach Otago gebracht. Jetzt wärmte sie sein Inhalt in den kältesten Nächten. Lizzie war es wichtig, dass der Reverend ihre Nische in Augenschein nahm. Er sollte weiter Respekt vor ihr haben. Niemand durfte an ihrer Ehrbarkeit zweifeln!
In Otago wurde es viel später Frühling als in Kaikoura, aber als die Natur den Winter endlich abwarf, explodierte das Land vor Fruchtbarkeit. Fast über Nacht wurde alles grün. Gelbe und roteBlüten erhoben sich auf den Wiesen und am Bachrand. Das Flussufer rief in Michael Erinnerungen an Irland wach, auch wenn hier Südbuchen statt Eichen den Weg säumten und Farne statt Weiden ihre Zweige ins Wasser hängen ließen. Die Rufe der Vögel klangen fremdartig, aber andere Dinge waren genau wie zu Hause.
Michael genoss es, zu beobachten, wie Lizzie ihre Wintersachen abwarf und ihr schlanker Körper unter all der Wolle sichtbar wurde, mittels derer sie sich in den letzten Monaten warm gehalten hatte. Genau wie die Mädchen in Irland ließ sie ihr Haar im Wind fliegen und verschönte ihr Heim mit Frühlingsblumen – und erstmals seit Jahren träumte Michael nicht mehr von Mary Kathleens üppigen goldenen Locken, sondern freute sich an dem Sonnenschein in Lizzies feinen dunkelblonden Strähnen. Er dachte nicht mehr an Kathleens anmutige Bewegungen, sondern begann Lizzies tatkräftige Art zu schätzen: ihre ungeschickten, aber von lebhaftem Reden begleiteten Versuche, das Pferd zum Holzrücken zu bewegen – Michael und Chris planten den Bau einer Waschrinne und brauchten die Stämme am Bach –, und ihre vorsichtige, sanfte Art, wenn sie Chris aus der Hütte heraus und in die Sonne führte.
Michaels Partner sprach immer häufiger davon, endlich wieder mitzuarbeiten, aber im Grunde war nicht daran zu denken. Er schnitzte ein bisschen an Holzstücken herum und versuchte, Michael beim Entwurf der Waschrinne zu helfen. Aber schon wenn er nach der leichtesten Säge griff, war er nach wenigen Minuten schweißgebadet und hustete.
Michael murrte, dass wenigstens Lizzie ihm beim Bau der Rinne zur Hand gehen sollte, aber die weigerte sich.
»Michael, das lohnt die Mühe nicht. Dieser Bach führt kein Gold! Oder doch zu wenig, um ernstlich Gewinn abzuwerfen. Grab lieber ein bisschen, vielleicht liegen hier ja Goldadern, wenn du schon so felsenfest davon überzeugt bist, dass es dieser Claim hier sein muss und kein anderer. Aber was die Waschrinne angeht, halte ich es mit den Maori: Bevor ich einen Baum fälle, bitte ich Tane, den Gott des Waldes, um Erlaubnis, und die gibt er mir nur,wenn ich mit dem Holz etwas Sinnvolles anstelle. Hier sagt Tane Nein. Und ich werde den Teufel tun, es mir mit ihm zu verderben!«
Lizzie hatte inzwischen herausgefunden, wo der nächste Maori-Stamm wohnte, und bereitete sich auf die Reise dorthin vor. Sie schätzte, dass sie weitere zwei Tage flussaufwärts ziehen musste, die Eingeborenen hatten ihr Dorf verlegt. Sie siedelten nun weiter entfernt von den Goldgräberlagern. Auch dies war etwas, was Kahu Heke und seine Leute von der Nordinsel wohl nicht getan hätten, aber viele Südinsel-Stämme hatten keine kostbar verzierten marae , sondern nur einfache Hütten, die sie schnell aufzugeben bereit waren, um weiterzuwandern.
Lizzie bereitete sich darauf vor, die Strecke zu Fuß
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