Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Kathleen sah zu ihm auf, und er verlor sich in ihren strahlenden Augen. Sollten die Maultiere sich doch selbst den Weg durchs Lager suchen, es gab nur eine ausgefahrene Straße, von der sie kaum abweichen würden.
Kathleen schenkte dem Reverend ein zärtliches Lächeln – aber plötzlich erstarrte sie unvermittelt. Ihre eben noch gelösten, von innerer Freude erfüllten Züge verzerrten sich zu einer Fratze des Entsetzens.
»Fahr!«, wisperte sie Peter zu. Ihre Hände griffen nach den Zügeln. »Fahr, schnell, schneller! Ich muss …«
Es klang so dringlich, dass Peter nicht fragte, sondern die Maultiere antrieb – allerdings nicht ohne einen forschenden Blick über seine Schulter zu werfen. Irgendetwas, das Kathleen erspäht hatte, als sie zu ihm herübersah, musste sie zu Tode erschreckt haben. So sehr, dass sie sich jetzt neben ihm zusammenkrümmte und ihr Gesicht verbarg. Es wirkte fast, als wünsche sie, sich unter dem Bock verkriechen zu können.
Peter vermochte allerdings nichts zu erkennen, das diese Reaktion ausgelöst haben konnte. Neben der Straße spielte sich eine für Tuapeka ganz normale Szene ab. Zwei Neuankömmlinge – eindunkelhaariger Mann und ein blonder Junge – entluden eben ihren Wagen, und der Mann stritt sich mit einem Nachbarn über den Standort für sein Zelt. Keiner der Leute hatte Notiz von Peters Gespann oder gar von der Frau auf dem Bock genommen.
»Was ist denn los, Kathleen! Sprich doch mit mir!« Peter verhielt seine Tiere wieder etwas, als sie in einen belebteren Teil des Lagers kamen. Kathleen zitterte wie Espenlaub.
»Halt an … Halt bitte an …«, murmelte sie. »Ja … ja, hier geht es … Ich … tut mir leid, Peter, aber ich … Sean … die Kinder … Ich werde … ich muss …«
Kathleen sprang von Peters Wagen, blickte sich gehetzt um und begann dann zu laufen. Sie rannte fort wie von Furien gehetzt.
Peter Burton blieb verwirrt zurück. Konnte er irgendetwas getan haben, um Kathleen derart zu erschrecken? Der Reverend schloss diesen Gedanken im selben Moment wieder aus. Nein, es musste etwas anderes gewesen sein. Kurz entschlossen wendete er. Das Holz konnte auch später abgeholt werden, erst musste er Kathleen finden und herausbekommen, was sie so sehr in ihren Grundfesten erschüttert hatte. Es sah so aus, als liefe sie zur Kirche – immerhin ein Indiz dafür, dass nicht er es war, vor dem sie floh. Zwischen den Zelten hindurch gab es Abkürzungen, sie würde schneller da sein als Peter mit seinem Gespann. Der Reverend spähte noch einmal die Stelle aus, an der Kathleen erstarrt war. Der Mann und der Junge waren verschwunden. Anscheinend hatte der erboste Nachbar sich durchgesetzt, und sie mussten ihr Zelt woanders aufschlagen. Konnte Kathleens Panik mit den beiden zu tun haben? Kannte Kathleen sie? Oder war es der Nachbar? Aber was konnte sie mit diesem alten, bärbeißigen Gauner aus Australien zu tun haben? Peter Burton beschloss, das später herauszufinden. Zutiefst beunruhigt schnalzte er seinen Maultieren zu und hielt erst an, als er das Hospital und die Kirche erreichte.
»Wo ist Miss Kathleen?«, rief er den Frauen, die immer noch vor den Zelten saßen und Gemüse putzten, zu. Sie hatten sich angeregt unterhalten und schauten jetzt zu ihm auf.
»Haben Sie sich gestritten?«, fragte die Frau des Krämers erkennbar neugierig.
Peter würdigte sie keiner Antwort. »Wo ist sie?«
»Sie kam eben hier vorbei, bleich, als hätte sie einen Geist gesehen, und sie rannte zu den Ställen. Ist was passiert, Reverend?« Das war die Frau des Posthalters.
Peter ließ sein Gespann stehen, sprang vom Bock und folgte Kathleen ins Stallzelt. Ein umtriebiger Schotte vermietete hier Einstellplätze für Pferde und verdiente dabei mehr als die meisten Goldsucher. Kathleen war hektisch dabei, ihre Pferde anzuspannen.
»Ich … ich muss weg …«, stammelte sie, als sie Peter sah. Sie war außer sich.
»Aber Kathleen … so plötzlich … sag mir doch, was passiert ist? Habe ich irgendwas gemacht?«
Peter wollte sie in die Arme nehmen oder wenigstens so weit zur Ruhe bringen, dass sie ihn ansah, aber Kathleen hielt nicht inne. Sie schien auch nicht vorzuhaben, ihre Sachen aus dem Hospitalzelt zu holen, in dem sie schlief.
»Du? Nein … nein, natürlich nicht. Peter … du musst Sean finden … oder warte, bis die Jungs und Heather wiederkommen. Aber dann sagst du ihm … sie sollen gleich heimkommen, ja? Er soll nicht zögern, sofort aufzubrechen, auch wenn es
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