Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
gute Seele … Aber dann waren sie weg. Ich hab Michael erst abends wiedergesehen, und da war für ihn wohl schon alles klar. Sogar seinen Sohn hat er bereits kennen gelernt, offenbar genau so ein perfektes Kind, wie die Mutter eine perfekte Frau ist.«
»Sean Coltrane …«, meinte Peter Burton abwesend, »… ist wirklich ein sehr guter Junge.«
»Wie könnte es anders sein«, bemerkte Lizzie sarkastisch. »Schließlich stammt er von einem untadeligen Engel … Jedenfalls hat er Michael gleich als seinen Vater erkannt, muss so eine Art Wunder gewesen sein … und nun wird eben alles gut. Eine kleine, glückliche Familie …«
»Es gehört noch ein Mädchen dazu«, murmelte Peter. »Heather …«
»Ja?«, fragte Lizzie desinteressiert. »Die scheinen sie vergessen zu haben. Aber sie haben ja alles vergessen, außer ihrem wundervollen Sommer in den Feldern am Fluss.«
Peter trank seinen Wein. Eigentlich hätte er etwas Stärkeres gebraucht.
Lizzie ließ ihn eine Weile sinnieren. »Was ist denn nun, Reverend?«, fragte sie schließlich. »Vielleicht … vielleicht sagen Sie mal was. Erklären mir das. Was … was denkt sich Gott dabei?«
Peter schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht, Lizzie«, sagte er müde. »Und ich bin … ich bin auch nicht der Richtige, um dazu etwas zu sagen. In diesem Fall … in diesem Fall eigne ich mich nicht zum Seelsorger.«
»Jetzt sagen Sie mir nur noch, dass Sie den beiden von ganzem Herzen Glück wünschen«, höhnte Lizzie. »Weil sie doch zweifellos füreinander bestimmt sind, und weil es göttliche Fügung war, dass sie sich wiedergetroffen haben!«
»Das sage ich bestimmt nicht«, unterbrach sie Peter, fast wütend. Er raufte sein ohnehin wirres Haar. Wenn er jemals mit seinem Gott gehadert hatte, dann in dieser Nacht.
»Dann sagen Sie sonst was!«, rief Lizzie. »Vielleicht geben Sie mir einen Rat. Ich weiß, dass sie schön ist, ich weiß, dass er sie nievergessen hat. Aber verdammt noch mal! Ich bin schwanger, und ich liebe Michael Drury!«
Peter sah sie an, und ihr Schmerz spiegelte sich in seinen Augen wider. »Und ich«, sagte er, »liebe Kathleen Coltrane.«
M ANA
Dunedin, Queenstown, Otago
1863 – 1864
K APITEL 1
Kathleen und Michael trieben wie in einem Rausch durch einen Wirbel von Erinnerungen und neuen Erfahrungen. Michael kam gleich am nächsten Morgen wieder, Kathleen lud ihn zum Frühstück ein. Heather und Chloé, die ihn zum ersten Mal sahen, beäugten ihn misstrauisch, aber zu Michaels Verwunderung fand er zu den Mädchen sehr viel leichter Kontakt als zu Sean. Sein Sohn ignorierte ihn. Michael hatte befürchtet, Heather könnte Ian ähnlich sehen, aber dann erwies sie sich als Kathleens Ebenbild, was ihn erfreute und erleichterte. Er machte den Mädchen Komplimente – auch Claire taute ein wenig auf, als er ihr hübsches Kleid lobte und begann, mit ihr über Pferde zu reden. Kathleen hatte erwähnt, dass Claire und die Mädchen begeisterte Reiterinnen waren, und als Michael von seinem Schimmel erzählte, wollte auch Chloé von ihrem Pony reden, und Heather von ihrem Traumpferd.
»Aber ich hab’s nicht zum Geburtstag gekriegt«, erklärte sie und sah Kathleen anklagend an. »Weil das Hoffart wäre oder so …«
Michael lachte. »Aber nein, Hübsche, ein Pferd ist doch hier kein Luxus. Stell dir nur vor, irgendein Schafbaron weit draußen in den Plains wirbt demnächst um dich. Dann musst du schon reiten können, um nur auf seine Farm zu kommen! Und wenn du ihm erst helfen willst, seine Schafe zu zählen und all das …«
Die Mädchen kicherten. »Aber ich zähl doch keine Schafe!«, quietschte Heather.
»Höchstens, wenn sie nicht einschlafen kann!«, ergänzte Chloé und kicherte.
Die Mädchen erinnerten sich kaum noch an ihr Leben auf denFarmen bei Christchurch. Sie waren als Stadtkinder aufgewachsen und konnten sich nichts anderes vorstellen.
»Oh, da warte mal ab, bis du meine Farm in Otago siehst!«, lachte Michael. »Sie steht auf einem Berg, Heather, man kann weit hinunter auf den Lake Wakatipu sehen. Und wir werden tausende von Schafen haben!«
»Vielleicht möchte Heather ja gar keine Schafe«, bemerkte Sean, ohne von seinem Teller aufzusehen. »Mir jedenfalls können Schafe gestohlen bleiben …«
Kathleen wollte etwas Scharfes erwidern, aber Michael legte ihr die Hand auf den Arm. »Nicht«, flüsterte er ihr zu. »Er muss sich erst gewöhnen …«
»Warte ab, bis du sie siehst!«, wandte er sich dann betont fröhlich an
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