Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
wir gehen rüber zu Jimmy. Von mir aus du auch, Heather. Deine Mutter braucht Ruhe.«
»Ich geh noch mal zu Coopers«, brummte Sean und griff nach seiner Jacke.
Kathleen nickte. Als alle gegangen waren, suchte sie Michaels alten Brief aus seinem Versteck. Zum ersten Mal seit so langer Zeit empfand sie beim Lesen keinen Verlust und keine Trauer, sondern nur Freude, übergroße Freude! Claire hatte Recht, sie fühlte sich wie ein verliebtes Kind. Und wie ein verliebtes Kind drückte siejetzt das brüchige, zerlesene Papier an sich, tanzte durch die Wohnung und schlief schließlich ein, Michaels Brief an ihrem Herzen.
Lizzie konnte nicht schlafen. Das alles war zu plötzlich gekommen, zu grausam. Sie konnte nicht allein damit fertig werden. Schließlich stand sie auf, zog sich an und bat an der Rezeption des Hotels, ihr eine Droschke kommen zu lassen. Vielleicht würde der Reverend ja schon schlafen, aber dann würde sie ihn wecken. Sie brauchte einen Seelsorger. Mehr als jemals zuvor.
Lizzie atmete auf, als aus dem kleinen Pfarrhaus noch Licht drang. Peter Burton hatte den Kamin angezündet, obwohl man an diesem warmen Frühlingstag eigentlich keine Heizung benötigte. Aber nach all den Jahren im Zelt genoss der Reverend den Luxus eines warmen Hauses und einer Gaslampe. Lizzie blickte kurz durchs Fenster, bevor sie klopfte. Der Reverend saß am Feuer und las.
Peter Burton öffnete sofort. In seinem Gesicht stand Besorgnis. »Miss Portland! Ist etwas passiert?«
Lizzie nickte und konnte plötzlich nicht mehr reden. Sie trat einfach ein und begann zu weinen. Sie weinte und weinte und weinte, sie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor so viele Tränen vergossen zu haben.
»Ist etwas mit Michael, Lizzie?« Peter Burton schob ihr einen Sessel hin und sah hilflos zu, wie sie sich darauf fallen ließ. »Lizzie, so reden Sie doch! Ein Unfall? Ist er … ist er tot?«
Peter konnte sich das nicht vorstellen. Auf einen Todesfall hätte Lizzie gefasster reagiert. Dies hier war – etwas anderes. Etwas, das nie hätte geschehen dürfen. Lizzies Welt lag in Trümmern.
Lizzie schüttelte nur den Kopf. Peter ließ sie schließlich weinen und machte sich auf in die Küche, um Tee zu kochen. Aber dann überlegte er es sich anders und entkorkte eine Flasche Bordeaux. Lizzie konnte eine Stärkung brauchen, und vielleicht lenkte der Wein sie ja ab. Peter hatte immer gern und belustigt zugehört, wie sie alle möglichen Düfte und Geschmacksvarianten im Wein auszumachen versuchte.
»Hier … probieren Sie mal …«, sagte der Reverend, nachdem er ihnen eingeschenkt hatte.
Lizzie nahm tatsächlich einen tiefen Schluck.
Peter kostete langsam. »Cranberries, finden Sie nicht?«, fragte er. »Sehr fruchtig, aber nicht so voll wie Brombeere.«
»Ein Kuss«, flüsterte Lizzie. »Ein samtiger Geschmack, der sich um die Zunge schmiegt wie ein Kuss …« Sie richtete sich auf. »War nicht meine Idee, Reverend, nur die von einem anderen Lügner …« Sie trank noch einmal. »Oder Seide … eher Seide … leichter als Samt … Ich hab heut Morgen ein Seidenkleid getragen, Reverend, aber es hat Unglück gebracht …«
Lizzie weinte wieder, und Peter trank seinen Wein. Er konnte warten. Schließlich begann sie zu erzählen, und der Reverend lauschte in seiner gewohnt ruhigen Beichtvaterhaltung. Lizzie wusste, dass man ihm alles sagen konnte. Die Mädchen im Goldgräberlager hatten fast darum gewetteifert, von Peter Burton verdammt zu werden, aber der Reverend diente einem freundlichen Gott. Er schien allerdings aufzumerken, als sie Lady’s Goldmine erwähnte.
»Ja, ich habe das Kleid gesehen …«, bemerkte er. »Sehr hübsch, ein bisschen überladen für … für … Aber Sie, Lizzie, müssen ganz wunderschön darin ausgesehen haben!«
Lizzie nickte. Sie mochte daran nicht mehr denken. Mit gesenktem Kopf berichtete sie von Claire und Kathie – von Michaels Auftauchen auf der anderen Straßenseite, schließlich von ihrer lachenden Flucht ins Ankleidezimmer.
Lizzie konnte den Ausdruck in Peter Burtons Gesicht nicht deuten, als sie von Kathleens und Michaels Wiedertreffen erzählte – aber es war unübersehbar, dass Gefühle in ihm aufwallten. Der Reverend schien sich zwingen zu müssen, nicht aufzuspringen. Seine Finger verkrampften sich um die Lehne seines Sessels.
»Und dann?«, fragte er tonlos.
»Nun, sie vergaßen alles um sich herum. Miss Claire meinte, das würde sich bestimmt geben. Sie hat mir Tee gegeben … sie isteine
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