Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Grunde seines Herzens musste er Kathleen sogar Recht geben.
In den ersten Märztagen war es sonnig, und Kathleen fühlte sich auf einmal fast an den vergangenen Herbst und die glücklichen Tage mit Michael erinnert. Es hielt sie jetzt kaum noch in ihrer dunklen Hütte, sie wäre gern hinausgegangen. Aber ihre Mutter hatte eben reichlich Wolle zum Verspinnen gebracht, um sie tagelang zu beschäftigen.
Kathleen überlegte eben, ob sie sich das Spinnrad vor das Cottage ziehen sollte oder ob sie damit nur den Hohn und Spott der vorübergehenden Dörfler auf sich zog, als es an der Tür klopfte. Verwundert sah sie Ian Coltrane vor dem Haus stehen.
Der junge Pferdehändler lächelte ihr zu. »Einen guten Tag wünsche ich, Mary Kathleen O’Donnell«, sagte er förmlich.
Kathleen verbeugte sich leicht und erwiderte den Gruß. »Was führt dich her, Ian Coltrane?«, fragte sie, nicht unfreundlich, aber reserviert. »Wir haben kein Pferd zu verkaufen, und mein Vater wird wohl auch keins kaufen wollen.«
Ian grinste anzüglich. »Ein Pferd wohl nicht, Mistress …«, bemerkte er. »Aber deshalb komme ich auch nicht. Ich wollte zu dir, Kathleen … Aber sollten wir nicht hineingehen oder auf den Dorfplatz? Es könnt ein schlechtes Licht auf dich werfen, wenn man dich hier allein mit mir plaudern sieht.«
Kathleen fragte sich, ob er das ernst meinte. »Mich kannst du nicht mehr in Verruf bringen, das ist längst geschehen«, sagte sie wegwerfend. »Mich schert nicht, was die Leute sagen. Also, was treibt dich her, Ian Coltrane?«
Ian lächelte. »Nun, ich muss wieder nach Wicklow in diesen Tagen. Und ich wollt dir eine weitere Mitfahrt anbieten … Falls du … falls du deine Tante noch einmal besuchen möchtest.«
Kathleen senkte den Kopf. Verhöhnte er sie? Nun, sie würde sich nichts anmerken lassen! Sie wollte sich nicht schämen!
»Meine Tante ist längst gesund«, wehrte sie ab.
Ian zuckte die Achseln. »Das ist schön für sie«, sagte er artig. »Aber vielleicht treibt dich ja noch etwas anderes nach Wicklow. Man sagt, es segle ein Schiff ab von dort, bestimmt für London …«
Kathleen runzelte die Stirn. »Es segeln ständig Schiffe ab von Wicklow«, meinte sie.
Ian nickte, und in seinen schwarzen Augen blitzte etwas auf. Schalk, Mutwillen oder ein Anflug von Bosheit? »Aber nicht jedes hat verurteilte Kerle an Bord auf dem Weg nach Australien. Und ich hab mir sagen lassen, dass dich einer von denen interessiert. Einer, der speziell auf diesem Kahn nach London segelt …«
»Nach London?«, brach es aus Kathleen heraus. »Sie schicken Michael nach London? Und von dort aus weiter nach … nach … Glaubst du, ich könnte ihn noch mal sehen?« In ihrer Erregung fasste sie nach Ians Arm.
»Weiß ich nicht«, meinte Ian kurz. »Ich weiß nur, dass ich am Montag früh nach Wicklow fahr, zum Pferdemarkt. Und wenn ich dich irgendwo treff, vor dem Dorf, dann nehm ich dich gern mit.«
Kathleen überlegte. Es würde gewaltigen Ärger geben, wenn sie weglief, ohne ihren Eltern etwas zu sagen. Womöglich würden sie sich anschließend weigern, sie wieder aufzunehmen. Aber das wäre erst recht der Fall, wenn sie die Fahrt ankündigte. Und was versprach sich wohl Ian Coltrane von dem Angebot? Der fuhr sie doch nicht aus reiner Nächstenliebe in die Stadt!
»Was kriegst du dafür, Ian?«, fragte Kathleen misstrauisch.
Ian zuckte die Schultern. »Ich werd goldenes Haar im Wind wehen sehen und grüne Augen leuchten. Vielleicht hör ich sogar einen Dank von zarten roten Lippen …«
»Ach, lass das jetzt!«, sagte Kathleen unwillig. »Du brauchst mir nicht zu schmeicheln. Und ich sag’s dir auch gleich: Mehr als einpaar Blicke und ein paar Worte hab ich nicht zu vergeben. Egal, was die Leute sagen.«
Ian verbeugte sich galant. »Niemals käm ich auf den Gedanken, Unsittliches von dir zu fordern, Mary Kathleen«, sagte er dann grinsend. »Im Gegenteil, ich schätze dich sehr. Ein so artiges Mädchen, das sich gleich wie sie geht und steht auf den Weg macht, um Krankenpflege zu leisten bei der alten Tante …«
Kathleen presste ihre Lippen zusammen. Ihr Instinkt sagte ihr, dass es keine gute Idee war, Coltranes Angebot anzunehmen. Aber ihr Herz brannte darauf, Michael noch einmal zu sehen, selbst wenn es nicht möglich sein würde, mit ihm zu reden. Ja, sogar wenn sie nur das Schiff sähe, auf dem man ihn fortbrachte … sie verzehrte sich nach seiner Nähe.
»Ich … überleg’s mir …«, beschied sie
Weitere Kostenlose Bücher