Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Kathleen, dass Ian doch noch seinen Lohn als ihr Fuhrmann einforderte. Sie hätte ihn kaum daran hindern können, außer ihnen war an diesem nassen, ungemütlichen Tag niemand unterwegs. Aber nichts geschah. Ianakzeptierte sogar ihr anhaltendes Schweigen. Als sie das Dorf fast erreicht hatten, wagte sie es, ihn noch einmal zu fragen.
»Ich bin dir keine gute Gesellschaft, Ian Coltrane. Es tut mir leid. Und zudem werden die Leute reden, wenn du mit mir gesehen wirst. Was gibt dir das?«
Ian sah sie forschend von der Seite an. »Vielleicht will ich ja, dass du denkst, ich wär ein netter Kerl!«
»Was schert dich, was ich denke?«, fragte Kathleen müde. »Und was schert mich, ob du ein netter Kerl bist oder …« Beinahe wären ihr die Worte »ein Rosstäuscher« herausgerutscht, aber sie hielt sich gerade noch zurück.
Ian zuckte die Achseln. »Ich wollt jedenfalls, dass du ihn absegeln siehst«, meinte er dann. Das Funkeln in seinen Augen strafte seine zur Schau getragene Gelassenheit Lügen. »Du weißt jetzt, dass er weg ist, und kannst ihn vergessen.«
Kathleen sagte nichts dazu, aber sie war froh, als die ersten Häuser des Dorfes hinter der Wegbiegung auftauchten und sie somit einen Vorwand hatte, abzusteigen. Ian Coltrane war ihr unheimlich. Aber sie brauchte sich jetzt ja nicht mehr mit ihm zu befassen.
Das Mädchen wanderte die letzten Schritte durch den Regen und dachte an die Worte der alten Frau. Michael war fort, aber er hatte ihr das Kind hinterlassen. Ein Band, das immer zwischen ihnen bestehen würde. Und sie hatte sein Versprechen, zurückzukehren … Kathleen summte ein Wiegenlied, als sie das Dorf erreichte.
Der Empfang in der Hütte ihres Vaters ernüchterte Kathleen sofort wieder. Natürlich hatte sie mit Schwierigkeiten gerechnet, aber der brutale Schlag ins Gesicht, mit dem ihr Vater sie empfing, traf sie doch unerwartet. Sie schreckte zurück und wäre beinahe gefallen.
»Woher hast du das Geld, du kleine Hure?« James O’Donnell wedelte mit Michaels Börse vor ihrem Gesicht herum. »Hortest einen Schatz in meinem Haus und sagst nichts davon! Wo kommt’s her, Kathleen, was hast du dafür gemacht? Ist das Hurengeld?«
Kathleen schluchzte auf. Die Worte schmerzten mehr als der Schlag. »Es kommt von Michael«, brachte sie schließlich heraus. »Und es gehört dem Kind … Du hast kein Recht …«
»Ich hab alles Recht der Welt!«, brüllte O’Donnell sie an. »Dem Bankert soll ich ja wohl auch noch Vormund sein! Also, von Michael kommt’s. Und wo hat der es her? Schwarzbrennen, Diebstähle …«
»Wird’s davon weniger wert?«, fragte Kathleen.
Sie wusste, es klang frech und aufmüpfig, aber tatsächlich war sie nur müde. Sie wollte das hier hinter sich haben. Sollte er das Geld nehmen, sollte er sie verprügeln. Wenn sie nur irgendwann auf ihrem Strohsack niedersinken und sich die Decke über den Kopf ziehen dürfte.
Aber dann ließ sich ihre Mutter vernehmen. »Ist doch gleich, wo’s herkommt«, meinte Erin O’Donnell mit schmalen Lippen. »Wichtig ist, wo’s hingeht. Verstehst du nicht, James? Dies Geld ist ein Gottesgeschenk. Es rettet unsere Ehre!«
O’Donnell sah sie mit gerunzelter Stirn an, Kathleen blickte gänzlich verständnislos.
Erin O’Donnell griff sich an die Stirn. »Herrgott, James! Dies sind vierundzwanzig gute englische Pfund! Damit kaufen wir ihr einen Ehemann!« Sie nahm ihrem Mann die Börse aus der Hand und warf sie triumphierend vor Kathleen in die Luft, um sie dann gleich wieder aufzufangen. »Dieses Geld, meine süße Mary Kathleen, ist deine Mitgift!«
K APITEL 8
Ian Coltrane erschien am nächsten Sonntag weniger auffällig gewandet als sonst in der Kirche. Er hatte sein kariertes Jackett mit einem dunklen, gediegenen Rock vertauscht. Nach dem Gottesdienst bat er James O’Donnell artig um eine Unterredung.
Und kurze Zeit später, vor dem Feuer in dessen ärmlicher Hütte, hielt er um Mary Kathleens Hand an.
»Ich kann Ihre Tochter ernähren, James O’Donnell, besser als die meisten Kerle hier. Noch wohn ich im Haus meines Vaters, aber ich kann ein paar Stallräume fertig machen für uns … wird ja eh nicht für lange sein …«
»Nicht für lange?«, fragte O’Donnell streng. »Was soll das nun wieder heißen? Du planst wohl keine Ehe auf Zeit?«
Ian lachte. »Nein, ich wollt Ihre Kathleen schon auf ewig! Die fasst mir kein anderer mehr an, das schwör ich! Aber hier in diesem Drecksnest wollt ich nicht verkommen. Ich hab genug von
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