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Das Gold der Maori - Das Gold der Maori

Titel: Das Gold der Maori - Das Gold der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Inzwischen war es verschlissen, und Kathleens Schal hielt sie auch nicht warm. Dazu spürte sie langsam Hunger, sie war ohne Frühstück von zu Hause fortgelaufen.
    Das Kind in ihrem Leib regte sich protestierend. Am Kai tat sich nichts. Zwar wuchs die Menge der Wartenden noch an, aber die Gefangenen waren nirgends zu sehen. Immerhin zeigten sich gegen Mittag Matrosen an Deck, die sich anschickten, auf Anweisung des Ersten Offiziers die Segel zu richten. Und dann, als Kathleen schon ganz zitterig wurde vor Hunger und Kälte, näherte sich ein Zug von Planwagen. Das Mädchen zählte sechs Gefangenentransporte – auf dem Bock Gefängniswärter, dazu Miliz, die den Zug bewachte. Die Soldaten waren schwer bewaffnet undpostierten sich jetzt zwischen der Menge der Wartenden und den Planwagen. Kathleens Hoffnung, noch ein paar Worte mit ihrem Geliebten wechseln zu können, sank.
    Hinzu kam, dass die Wagen so nah wie möglich ans Schiff herangefahren wurden. Die Gefangenen hatten nur noch wenige Schritte über Land zu gehen, bevor man sie an Deck schleifte. Einige warfen sich schluchzend zu Boden, um noch einmal irische Erde zu küssen. Andere bewegten sich stoisch, ohne zurückzusehen. Wieder andere versuchten verzweifelt, ihre Angehörigen in der Menschenmenge am Kai zu erspähen.
    Den Männern aus dem letzten Wagen blieb keine dieser Möglichkeiten. Schwer an Händen und Füßen gefesselt, schleppten sie sich aufs Schiff, rüde angetrieben von den Wärtern, die brüllend auf sie einprügelten. Kathleen schrie auf, als sie Michael unter diesen Unglücklichen erkannte. Sie rief seinen Namen, aber auch alle anderen in der Menge schrien nach ihren Männern, Brüdern und Söhnen. Die Gefangenen konnten die Stimmen ihrer Lieben unmöglich heraushören.
    Michael sah sich nicht um. Er konnte schließlich nicht ahnen, dass sie am Kai war. Als er mit seinen Ketten im Bauch des Schiffes verschwand, brach Kathleen schluchzend zusammen.
    »Nun, wein mal nicht, Kleine, ist nicht gut für dein Baby!«, sagte eine mitfühlende Stimme neben ihr. »Und darauf musst du aufpassen, das hast du wenigstens noch von ihm!«
    Eine verhärmte, aber mütterlich wirkende Frau half ihr auf und führte sie zur Kaimauer, wo sie sich niedersetzen konnte.
    Kathleen sah sie verständnislos an. Es tat gut, dass jemand etwas Freundliches über das Kind sagte, das da in ihr wuchs. Und die Frau hatte Recht! Sie hatte Michael verloren, doch das kleine Wesen in ihr war ein Stück von ihm! Sie sollte sich darüber freuen, statt mit ihrem Schicksal zu hadern.
    »Und … Sie?«, stammelte sie und wies auf das Schiff, das nun ablegte.
    Die Frau verstand sofort. »Mein Sohn …«, sagte sie leise. »Under lässt mir keinen Enkel zurück. Hat zwei Kinder gehabt, aber … die Hungersnot … Schließlich hat er dann ein Schaf gestohlen – ein bisschen Fleisch, hat er gedacht, könnt das letzte Kind am Leben halten. Aber er war halt kein geschickter Dieb … Sie haben ihn eingesperrt, und ich hab seine Frau und das Kind begraben … was sind das nur für Zeiten, Mädchen …«
    Die alte Frau legte den Arm um Kathleen, und gemeinsam sahen sie, wie sich das Schiff vom Land entfernte. Erst als es den Hafen verließ, nahm es langsam Fahrt auf. Der Regen tat sein Übriges dazu, es rasch im Dunst verschwinden zu lassen. Kathleen weinte lautlos. Die Frau neben ihr hatte keine Tränen mehr. Keine von beiden hörte das Fuhrwerk, das sich seinen Weg durch die sich nun langsam zerstreuende Menge bahnte.
    »Fertig?«, fragte Ian Coltrane.
    Kathleen fuhr auf. »Ich … ich …« Sie meinte, der Frau neben sich etwas erklären zu müssen. Aber die zuckte nur die Schultern.
    »Schon recht, Kleines, ist richtig, dass du nach vorn siehst. Und muss ja ein guter Kerl sein, wenn er dich herfährt, damit du dem anderen Lebwohl sagen kannst …« Die Fremde umarmte das Mädchen noch einmal liebevoll und mütterlich, dann stand sie auf. »Ich muss nun auch gehen. Gott mit dir, Kind!«
    Aufgewühlt, zitternd vor Kälte und schwach vor Hunger erkletterte Kathleen den Bock des Fuhrwerks. Ian reichte ihr schweigend eine Decke, in die sie sich wickeln konnte. Unter dem Sitz verwahrte er eine Tüte mit heißen Fleischpasteten und einen Krug Bier.
    »Nimm dir!«, sagte er kurz.
    Kathleen biss heißhungrig in den sicher teuren Leckerbissen und fragte sich das Gleiche, über das sich auch die Frau am Kai Gedanken gemacht hatte: Warum tat Ian all das für sie?
    Während des ganzen Weges befürchtete

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