Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
nie was davon gehört. Diese Inseln in der Südsee … sind die nicht voller Menschenfresser?«
O’Brien lachte. »Also diese hier ist wohl eher voller Protestanten – die sich im Allgemeinen als schwerer zu missionieren erweisen! Die meisten Einwanderer sind Engländer und Schotten, auch ein paar Deutsche. Von Eingeborenen hab ich bislang gar nichts gehört. Und viele Siedlungen gibt es auch noch nicht, nur ein paar Walfangstationen … Seehundfänger … Glücksritter. In deren Lagern sähe ich dich eher ungern, Kathleen. Aber da zieht’s den Ian auch kaum hin, die kaufen schließlich keine Pferde …«
»Ian sprach von den … Canterbury Plains …«, erinnerte sich Kathleen.
Der Priester nickte erfreut. »Ja, davon habe ich gehört, die Church of England plant da wohl Stadtgründungen, die Gegend soll sich für Viehzucht sehr gut eignen. Könnte er regelrecht ehrlich werden, dein Ian, wenn er sich ein bisschen anstrengt. Sein Geld verdient er da allemal. Also überleg’s dir, Mary Kathleen. Und hab keine Angst, ich trau dich keinem Mann an, der dir zuwider ist, egal, was deine Eltern wünschen. Denk darüber nach. Wie gesagt, viele Möglichkeiten hast du nicht.«
Kathleen seufzte. Dann warf sie noch einmal einen Blick auf den unendlich langen Weg von Irland nach Australien – und den vergleichsweisen Katzensprung, der Australien mit Neuseeland verband.
»Ich hab’s mir überlegt, Father!«, sagte sie dann. »Ich will nach Neuseeland!«
Der alte Priester schüttelte den Kopf. »So ist es falsch, Kathleen«, sagte er leise. »Richtig heißt es: Ich will Ian Coltrane zum Mann nehmen. In guten und in bösen Tagen …«
Father O’Brien traute Ian und Kathleen zwei Wochen später in seiner kleinen Kirche. Kathleen hatte vorher alle möglichen Ausflüchte erdacht, um die Hochzeit zu verschieben. Sie wollte erst in ihrer neuen Heimat heiraten und verstieg sich schließlich sogar zu dem Argument, da könnte sie es womöglich in Weiß tun. Ihre Mutter winkte mit einem Blick auf ihren schon wohlgerundeten Bauch höhnisch ab.
»Kommt nicht infrage, Mary Kathleen!«, sagte sie streng. »Du kannst nicht mit Ian reisen, ohne verheiratet zu sein. Und wer soll euch da unten trauen? Ein Reverend der Anglikaner? Am besten ein Blinder, dem die Schwangerschaft nicht auffällt? Und was ist, wenn das Kind unterwegs kommt? Willst du auf dem Ozean entbinden, und der arme Bankert hat dann nicht nur keinen Vater, sondern auch kein Heimatland?«
»Er bekommt einen Vater, deshalb machen wir ja all das …«, brummte Kathleen. Sie sah ein, dass ihre Einwände kindisch waren. Father O’Brien hatte Recht: Neuseeland bedeutete, sie musste heiraten. Bei aller räumlichen Nähe würde sie Michael so fern sein, wie es nur eben möglich war.
Kathleen schämte sich natürlich zu Tode, als sie schließlich, immerhin in einem neuen, weit geschnittenen grünen Kleid, mit Ian vor den Altar trat. Wobei Father O’Brien sie sicher mehr dafür verdammt hätte, dass sie Michaels Brief und seine Haarlocke vorher in ihren Ausschnitt gesteckt hatte und nun über dem Herzen trug. Im Grunde betrog sie ihren Mann damit schon jetzt, aber es würde ja nie jemand erfahren. Mary Kathleen beichtete längst nicht mehr jeden sündigen Gedanken.
Ian hatte großzügig bestimmt, einen Teil ihrer Mitgift für eine richtige Feier zu verwenden, und so stopfte das gute Essen zumindest den ärgsten Spöttern das Maul. Es war aber ohnehin gleichgültig, was man im Dorf über Kathleens Verbindung mit Ian redete. Schon drei Tage nach der Hochzeit würde das junge Paar nach Dublin aufbrechen. Von dort aus ging am nächsten Tag ein Segler nach London. Und am 5. April würde die Primrose von Londonnach Port Cooper aufbrechen, einem Hafen nahe dem zukünftigen Viehzuchtgebiet Canterbury Plains.
Kathleen hatte sich vor der Hochzeitsnacht mit Ian nicht allzu sehr gefürchtet. Sie hatte zwar einige Bedenken gegenüber ihrem neuen Ehemann, aber sein Körper stieß sie nicht ab, und ihre Erinnerungen an die Liebe mit Michael waren nur die besten. Sie hatte auch gehofft, Ian würde sie vorerst schonen, das Kind in ihrem Leib musste doch ein Hindernis sein. Ian ließ sich davon jedoch nicht abschrecken. Er nahm seine junge Frau gleich in der ersten Nacht in Besitz.
Natürlich drückte er das nicht so aus, aber für Kathleen fühlte es sich genauso an. Der Handel war vollzogen, der Handschlag erfolgt, und nun konnte das Pferd geritten werden. Ian tat Letzteres mit wenig
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