Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Mann, aber ein freier!«, gab sie spöttisch zurück. »Du dagegen, Michael Drury … ein Jahr in Van-Diemens-Land, und immer noch in Ketten! Dabei hast du doch nur ein paar Säcke Korn gestohlen. Oder war das eine Lüge?«
Michael zuckte die Schultern. »Vielleicht eine kleine Untertreibung, Lizzie, so wie dein Brot!« Er zwinkerte ihr zu. »Vielleicht hab ich nebenbei ein bisschen Whiskey verkauft und du ein bisschen Lizzie?« Michael grinste sie an.
Lizzie lächelte gequält zurück. »Um hier in Ketten zu gehen, musst du wohl noch etwas mehr auf dem Kerbholz haben.«
Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben und vor allem ihre Gesichtszüge unter Kontrolle zu behalten. Der Aufseher brauchte nicht zu wissen, dass sich hier alte Bekannte trafen. Langsam ging sie von einem Mann zum anderen und bediente sie mit Wasser, während sie mit Michael die Klingen kreuzte.
»Drei Fluchtversuche«, gab Michael zu. »Den ersten gleich am ersten Tag, ich dachte, es sei eine gute Idee, mich sofort wieder auf der Asia einzuschleichen. Da kenn ich schließlich die dunkelsten Winkel. Eine direkte Passage zurück nach Irland!« Er lachte.
Eigentlich gar keine schlechte Idee. »Was ist schiefgegangen?«, fragte Lizzie.
»Ich hätt warten sollen, bis sie den Kahn gereinigt und beladen haben«, meinte Michael resigniert. »So haben sie mich gleich erwischt. Und dann …«
Lizzie war inzwischen fertig. Alle tranken, und der Aufseher schien sich zu fragen, warum sie noch bei den Strafgefangenen herumlungerte. Sie musste ins Haus.
»Hör zu, Michael, ich muss weg!«, wisperte sie. »Aber morgen ist Sonntag, am Nachmittag hab ich frei. Wo finde ich dich?«
Michael zog die Augenbrauen hoch. »Die Frage lautet: Wo findest du uns? Wir hängen sehr aneinander, wie du siehst, außerhalb der Zellen kriegst du uns nur als Kette. Aber Sonntagnachmittag lassen sie uns schon mal an die frische Luft. So zwischen den fünfundzwanzig Andachten und Gebetsrunden …«
Die anderen Männer lachten.
»Geh einfach die neue Straße lang, die Baracken liegen am Fluss. Die alten, von den Männern vom Brückenbau. Dementsprechend verwanzt sind sie …«
Der Aufseher hob vielsagend seine Peitsche und sah Lizzie strafend an.»Pause zu Ende, Männer!«
Lizzie grüßte und hob ihren Krug. »Ich komme!«, flüsterte sie.
Am nächsten Morgen sollte sie erst mal eine weitere Bekannte wiedertreffen. Wie jeden Sonntag folgte sie den Smithers in die Kirche, wobei Cecil ihr diesmal freudestrahlend und besitzergreifend den Arm bot. Mr. Smithers wirkte zerknirscht. Seine Frau hatte ihn wahrscheinlich nicht im Unklaren darüber gelassen, warum ihr so viel an der Heirat zwischen Cecil und Lizzie lag. Lizzie ging mit unglücklichem Gesicht neben ihrem neuen Verlobten her. Sie schaffte es nicht mal, sich bei den Glückwünschen des Reverends ein Lächeln abzuringen. Die Köchin tätschelte ihr tröstend die Schulter.
Plötzlich wurde ihr ganzes Interesse von Sergeant Meyers und seiner Gattin in Anspruch genommen. Der Offizier hatte nun wohl eine Wohnung in der Gemeinde bezogen und begrüßte die Smithers vor der Kirchentür. Seine Gattin stand groß und elegant neben ihm. Sie trug ein schlichtes braunes Kleid, versehen mit einem cremefarbenen Spitzenkragen. Ihre langen zarten Hände steckten in Spitzenhandschuhen, und ein hübsches braunes Hütchen mit cremefarbenem Band saß auf ihrem vollen, zu einem weichen Knoten im Nacken gebundenen Haar. Tiefschwarzes Haar, Augen wie dunkle Diamanten und ein zarter Teint.
Fassungslos starrte Lizzie auf Velvet, die Juwelendiebin aus London. Velvet reichte den Smithers wohlerzogen die Hand und sagte ein paar verbindliche Worte. Lizzie verriet sie nur mit einem Zwinkern, dass auch sie die frühere Zellengenossin erkannt hatte. Dann folgte sie ihrem Mann, den sie um halbe Haupteslänge überragte.
Lizzie konnte sich nicht auf die Messe konzentrieren. Deshalb hatte Velvet sich also heiraten lassen: Sergeant Meyers arbeitete in gehobener Position, er bezog sicher ordentlichen Lohn und konnte auf eine gute Pension und etliche Hektar Land hoffen, wenn er dieMilitärkarriere einmal aufgab. Lizzie hatte nicht gewusst, dass sogar so wohlhabende Männer ihre Frauen unter den Sträflingen suchten, aber Velvet war unzweifelhaft eine Schönheit. Sergeant Meyers dagegen war hässlich – er hätte in England vielleicht eine tugendhaftere, ganz sicher aber keine annähernd so attraktive Frau gefunden.
Velvet winkte Lizzie unauffällig zu, als
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