Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Lizzie den früheren Seemann, der in der Koje neben Michael mit der Asia herübergekommen war. Anscheinend war auch er unverbesserlich. »Wir haben jedenfalls einen Plan. Sobald sie uns freilassen, geht’s los.«
Michael nickte und warf einen Stein ins Wasser.
»Du willst noch mal fliehen?«, fragte Lizzie ihn fassungslos. »Dann verbringst du die ganze Strafe in Ketten! Sieh es doch ein, Michael, ohne Schiff, Kapitän und Mannschaft kommst du nicht nach Irland!«
»Nach Irland nicht …«, meinte Michael und steckte einen Grashalm in den Mund. »Aber …«
»Nun verrat nicht den Plan!«, warnte der Matrose. »Die Kleine ist auf Begnadigung aus, hörste doch. Nachher verrät sie uns …«
»Ihr verratet euch schon alleine!«, sagte Lizzie zornig. »Wer steckt denn hinter dem genialen Plan? Ihr alle zwölf?«
Zweifellos waren zwei weitere Iren dabei – Lizzie dachte im Stillen, dass wohl etwas dran war an dem Gerede von ihrer Unbelehrbarkeit. Dylan war ein vierschrötiger rothaariger junger Mann, dem man den Iren auf den ersten Blick ansah. Sein Oberkörper war muskelbepackt. Will schien kaum weniger stark, dafür aber größer. Er war ein Hüne von einem Mann mit blonden Locken, einer fliehenden Stirn und den kleinen, bösartigen Augen eines Pittbulls.
»Wir drei und Connor hier als Navigator!«, sagte Michael stolz. »Connor ist zur See gefahren. Der findet das blind …«
»Was findet er blind?«, examinierte ihn Lizzie, während die anderen murrten oder lachten.
Dylan lamentierte immer noch über den Verrat des »Geheimnisses«. Lizzie schüttelte den Kopf über das angebliche Geheimnis, das mit zwölf anderen geteilt wurde – und wahrscheinlich der Hälfte aller anderen Bewohner der Baracke. Nun war das sicher kein Problem. Niemand würde die Männer verraten. Eine Flucht von Van-Diemens-Land war derart aussichtslos, dass die Obrigkeit sich nicht mal die Mühe machte, Vergünstigungen für den Verrat von Fluchtplänen auszuschreiben.
»Neuseeland!«, verkündete der ehemalige Matrose. »Das liegt hier ganz in der Nähe, die Reise ist ein Klacks!«
»Deshalb ist ja auch schon die halbe Sträflingskolonie dahin ausgewandert!«, höhnte der Angler.
»Wenn man weiß, wie man es anfängt …«, schränkte der Matrose ein.
»Was ist das überhaupt, ›Neuseeland‹?«, erkundigte sich Lizzie. »Noch eine Kolonie?«
Eine Stunde später schwirrte ihr der Kopf von sich widersprechenden Informationen. Will und Dylan schilderten Neuseeland als ein gelobtes Land, Michael hatte gehört, dass es Irland ähneln sollte. Der Matrose, dem sie am ehesten glaubte, erzählte von fantastischen Walfanggewässern und Seehundjagd. Dabei fiel immer wieder das Wort Westküste. Lizzie sehnte sich wieder mal Jeremiah herbei. Dessen Auskünfte waren meistens sehr zuverlässig gewesen.
Aber auch sie konnte etwas herausfinden. Im Herrenzimmer der Smithers stand ein Globus. Am Abend suchte sie die Umgebung von Australien nach Inseln ab, fand aber neben Van-Diemens-Land nur Neuguinea und ein paar kleinere Inseln auf der anderen Seite des Kontinents. Dahin zu segeln erschien Lizzie Wahnsinn. Man musste an der ganzen australischen Küste entlang. Botany Bay …Westaustralien … da überall hielt man Sträflinge. Lizzie konnte sich nicht vorstellen, dass man andere einfach vorbeisegeln ließ – oder gar -rudern.
Aber dann entdeckte sie zwei Inseln auf der anderen Seite der Tasmansee. Eine langgezogene und eine kleinere, ähnlich geformt wie Van-Diemens-Land. Neuseeland. Es gab das Land also, und die Westküste lag Van-Diemens-Land zugewandt. Aber um dorthin zu kommen war ein Ozean zu überqueren! Lizzie versuchte, die Entfernung zu schätzen, und ihr wurde schwindelig.
»Was machst du denn da, Kammerkätzchen?« Lizzie fuhr zusammen, als sie Martin Smithers’ Stimme hörte. »Staubst den Erdball ab? Dabei hast du doch noch nicht mal dein Häubchen auf …«
Lizzie seufzte. »Es ist mein freier Abend, Sir …«, flüsterte sie. »Aber wenn Sie wollen … ich … ich kann’s gleich für Sie anziehen. Sagen Sie nur nicht …«
»… dass du ein bisschen neugierig warst, wie die Erde aussieht? Aber nein, Süße, warum sollte ich? Wo du doch jetzt vor der Hochzeit stehst und bestimmt davon träumst, mit Cecil nach England zurückzukehren. Aber guck, Kätzchen, wo du da überall langsegeln müsstest. England ist fünfzehntausend Meilen entfernt.«
Er küsste ihren Nacken.
»Und Neuseeland?«, fragte Lizzie heiser.
Smithers
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