Das Gold der Piraten
befreien.
Traurig kehrten sie in die Stadt zurück. In der kleinen Bucht warteten die Ruderboote auf sie. Als sie wieder auf dem Schiff waren, wurden sie mit Fragen bestürmt.
»Was ist geschehen? Wo ist der Kapitän?«, fragten die Piraten.
»Habt ihr Blackbeards Trank gefunden?«
»Wir wurden verraten!«, sagte Ben und blickte der Mannschaft fest in die Augen. »Jemand hier arbeitet für Eisenkralle. Er hat uns eine Falle gestellt. Kapitän Rotbart wurde gefangen und ins Verlies gesperrt.«
Entsetztes Gemurmel breitete sich unter den Männern aus. Sie hatten einen Verräter in ihren Reihen. Aber wer konnte das sein? Und was sollten sie jetzt tun?
Lara, die als älteste von vier Geschwistern früh gelernt hatte, das Kommando zu führen, sagte mit fester Stimme, die keinen Widerspruch duldete: »Wir müssen Blackbeards Trank finden, Kapitän Rotbart befreien und diesen Gouverneur Eisenkralle verjagen.«
»Das ist eure einzige Chance«, krächzte Leopold. Müde kam er aus Nepomuks Tasche geklettert. »Helft dem Jungen und seinen Freunden, dann helft ihr euch selbst. Erst wenn Fredericos Problem gelöst ist, kann er aufwachen. Nur so funktioniert es.«
Nepomuks Gesicht hellte sich auf. »Leopold, du bist wach!«
Leopold stöhnte. »Ich fühle mich schauerlich. Warum habe ich so lange geschlafen? Und weshalb ist mein Kopf so schwer? Ach, wenn ich doch nur zu Hause in meinem Schloss wäre. Diese Abenteuer sind nichts für einen wahren Prinzen wie mich.« Er schien sich nicht an sein Bad im Rumfass zu erinnern. Ben und Lara grinsten.
»Ruh dich ein wenig aus, Leopold«, sagte Ben.
Das ließ sich der Frosch nicht zweimal sagen. Eilig kroch er zurück in Nepomuks Tasche.
»Also gut, wir machen es, wie Lara gesagt hat. Wir besorgen diesen Trank und helfen euch. Hat einer eine Idee, wie wir an den Soldaten vorbeikommen?«, fragte Ben.
Die Piraten murrten und zuckten mit den Schultern. Einen Plan hatte keiner von ihnen.
»Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gehe ich in die Bibliothek«, sagte Nepomuk. »In Büchern kann man eine Menge hilfreiche Dinge finden.«
»Dumm nur, dass es hier keine Bibliothek gibt«, sagte Lara matt.
Da irrte sie. Nepomuk konnte sich genau erinnern, dass er in der Kajüte von Kapitän Rotbart jede Menge Bücher gesehen hatte. Sie durften keine Zeit verlieren, schließlich hatten sie nur noch einen Tag und eine Nacht. Er machte sich sofort ans Werk. Begeistert blätterte er die alten, reich illustrierten Bände durch, bis es dunkel wurde. Im Schein der Öllampe fand er schließlich, wonach er gesucht hatte.
»Ich hab’s!«, rief er und strahlte übers ganze Gesicht. »Ich weiß, wie wir Blackbeards Schatz finden!«
Am nächsten Morgen ruderten Nepomuk, Ben und Lara noch einmal hinüber zur Insel. Frederico und Leopold ließen sie auf dem Schiff zurück, um sie nicht unnötig in Gefahr zu bringen.
An einem malerischen, von Palmen gesäumten Strand von Tortuga landete das Ruderboot an. Es war ein paradiesischer Anblick, und für einen Moment schien der Gedanke, hierzubleiben, gar nicht mehr so bedrohlich. Gern hätten die Kinder ein Bad im kristallklaren blauen Meer genommen. Doch dazu blieb keine Zeit.
Nepomuk warf einen Blick in das alte Buch, das er aus der Kapitänskajüte mitgenommen hatte. »Wir müssen nach Norden!«
Ben nahm den goldenen Kompass, den Frederico ihnen geliehen hatte. Die Nadel pendelte hin und her, bis sie sich auf Norden einschwenkte und ihnen den Weg zu einer Anhöhe wies. Über Trampelpfade und Felsgrate ging es steil bergauf.
Lara schnaufte ungeduldig. »Sag mal, kleiner Bruder, bist du sicher, dass du weißt, wo wir hinmüssen?«
»Natürlich!«, sagte Nepomuk. »Wir suchen das Grab der Schwarzen Anne. Sie war eine gefürchtete Piratin und eine Verbündete von Kapitän Blackbeard. Hier steht, dass sie noch einen geheimen Eingang zu der Grotte kannte. Einen, der nicht mit Fallen gespickt ist. Ein weiterer Hinweis soll auf ihrem Grabstein stehen.«
Ben machte ein skeptisches Gesicht. »Ich hoffe, du hast recht, Nepomuk. Wir haben nur noch einen Tag, dann ist unsere Zeit um.«
Sie fanden den Piratenfriedhof, der einen herrlichen Ausblick über die Insel und das Meer bot. Sie gingen durch die Reihen verlassener Gräber, bis sie die letzte Ruhestätte der Schwarzen Anne entdeckten. Ihr Grabstein war alt und verwittert, doch wenn man genau hinsah, konnte man einen Totenkopf und eine lachende Teufelsfratze darauf entdecken. Darunter entzifferte Nepomuk einen
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