Das Gold des Bischofs
heiligen Cuthbert.«
Eilaf der Priester hatte dasselbe gesagt, erinnerte sich Geoffrey.
»Aber das war der Kasten, den ich in jener Nacht geöffnet habe, als ich ⦠Nun, Ihr wisst schon«, erklärte Roger.
»Nein«, entgegnete Turgot gereizt. »Ich sage Euch noch mal, dass ich es nicht weiÃ! In welcher Nacht?«
»Ich erinnere mich genau«, stieà Roger hervor. »Das ist das Reliquiar, in dem der Kopf des Heiligen Oswald â¦Â«
»Das ist es nicht!«, rief Turgot aus, schier zur Verzweiflung gebracht. »Wie oft muss ich es eigentlich noch wiederholen? Es gibt kein Reliquiar mit Oswalds Kopf: Der ruht in Cuthberts Sarg. Schon immer.«
»Wenn also Roger den Inhalt dieses Kastens als Kerzenhalter benutzte, dann war es gar nicht Oswalds Schädel?«, fragte Geoffrey. »Dann hat er auch keine Reliquie geschändet.«
Turgot starrte ihn an. »Ist es etwa das, was er getan zu haben glaubte?«
»Es ist das, was mein Vater sagte , das ich getan habe«, meinte Roger verärgert.
»Dann hat er Euch nicht die Wahrheit gesagt«, erklärte Turgot. »Und mir auch nicht. Mir hat er nämlich erzählt, Ihr hättet den Sarg des heiligen Cuthbert geöffnet, und das sei der Grund, weshalb Ihr auf den Kreuzzug gehen musstet.«
»Ich habe niemals einen Sarg geöffnet«, beteuerte Roger empört. »Ich habe nur diesen Kasten geöffnet.«
»In diesem Falle«, befand Turgot, »sieht es so aus, als hättet Ihr gar nicht von hier fortzugehen brauchen. Trotzdem â wenn ich daran denke, was Ihr den Schotten angetan habt, bin ich mir sicher, dass es Eurer Seele nicht geschadet hat.«
»Und ich hätte auch nicht nach Euren fehlenden Karten suchen müssen«, stellte Geoffrey fest. Er fing an zu lachen, und seine Stimme hallte durch die geheiligte Stille der Kapelle und zog neugierige Blicke von den Zuschauern auf sich.
Turgot schürzte die Lippen. »Ich weià nicht, was daran so lustig ist.«
»Ich genauso wenig«, ergänzte Roger.
»Es war alles umsonst«, erklärte Geoffrey und lachte weiter. »Es gibt keinen Schatz, und Roger hat auch nicht die Reliquien des heiligen Oswald entweiht.«
»Wer sagt, dass es keinen Schatz gibt?«, wollte Burchard wissen. »Wir wissen noch gar nicht, was dieser Kasten enthält.«
»Er enthält die Ãberreste von St. Balthere«, erklärte Turgot. »Jeder weiÃ, dass die Kiste mit dem Riss im Deckel sein Reliquiar ist, auch wenn ich keine Ahnung hatte, dass dieses hübsche Silberkästchen darin steht. Das wird sehr gut in unsere neue Kathedrale passen.«
»Aber es gehört der Kirche von St. Giles«, wandte Geoffrey ein. »Balthere wurde Eilaf und seinen Leuten gestohlen, und dorthin sollte er auch wieder zurückkehren.«
»Vielleicht können wir diesbezüglich zu einer Vereinbarung gelangen«, stellte Turgot nachdenklich fest. »Die Abtei behält den silbernen Kasten, und Eilaf kann den hölzernen haben.«
»Das klingt gerecht«, merkte Geoffrey spöttisch an.
Burchard klappte den Deckel hoch und fuhr mit einem Schrei des Abscheus zurück. Neugierig spähte Geoffrey über seine Schulter. In dem Kasten lag der verschrumpelte Leib einer Schlange.
14. K APITEL
»Das ist ja widerlich!«, stieà der Prior schaudernd hervor und starrte die vertrocknete Schlange an. »Flambard treibt nur sein Spiel mit uns. Ihr hattet Recht, Geoffrey. Es gibt keinen Schatz.«
Roger drängte Burchard zur Seite, damit er selbst einen genaueren Blick in den Kasten werfen konnte. Dann wies er auf eine kleine Schale in einer Ecke des Behältnisses. »Dort liegt der Schädel des heiligen Oswald.«
Geoffrey hob den Gegenstand auf. »Das ist kein Knochen«, stellte er fest. »Es ist Holz.«
»Ha!«, rief Roger triumphierend aus. »Es ist ein Kerzenhalter!«
»Und von Balthere fehlt immer noch jede Spur«, bemerkte Turgot. »Wir haben sein Reliquiar, aber nicht seine Knochen.«
»Aber wie ist Baltheres Kiste ohne die Knochen in unsere Kapelle gelangt?«, fragte Burchard verwirrt.
»Das ist leicht zu beantworten â teilweise zumindest«, befand Turgot. »Der bedauernswerte Balthere wurde gestohlen, wenige Nächte nachdem die Fundamente der Kapelle nachgaben. Erinnerst du dich nicht mehr, wie die Leute uns für den Diebstahl verantwortlich machten und
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