Das Gold des Bischofs
bis morgen warten sollten. Aber sie hörte ihm gar nicht zu. SchlieÃlich verstummten seine Proteste, und unten öffnete sich die Tür und fiel wieder zu, als er endlich ihrer Bitte nachkam. Geoffrey hielt es für unwahrscheinlich, dass der geflohene Eindringling heute Nacht noch etwas unternehmen würde. Vermutlich schätzte er sich glücklich, überhaupt noch am Leben zu sein. Trotzdem konnte Geoffrey Simons Widerstreben gut verstehen, so kurz nach dem Angriff allein drauÃen zu sein.
Roger grinste Geoffrey an. »Achte einfach nicht darauf. Morgen wird es ihr leidtun, dass sie mit uns geschimpft hat.«
»Mit dir«, berichtigte ihn Geoffrey. »Sie hat mit dir geschimpft. Ich bin der unbeteiligte Zuschauer.«
»Du bist genauso darin verwickelt wie ich«, sagte Roger. »Du wolltest mitkommen.«
Geoffrey lachte über Rogers Fähigkeit, seine Erinnerung so zurechtzubiegen, wie es ihm am besten passte. Roger beäugte ihn aufgebracht.
»Hilf mir mit der Leiche«, fuhr er Geoffrey an, packte die Beine und zerrte unsanft daran. »Du solltest nicht mit diesem irren Kichern hier herumstehen, sonst schmeiÃt sie uns tatsächlich noch raus. Sie mag es nicht, wenn man den Toten keinen Respekt zollt.«
Weil Roger auf keinen Fall eine blutige Spur auf Eleanors Boden hinterlassen wollte, schleppten sie den Toten die Treppen hinab in die groÃe Halle, wo sie ihn auf einer Bank ablegten. Wortlos hielt Eleanor Geoffrey ein Tuch hin und sah zu, wie dieser den Leichnam bedeckte. Dann lieà sie die beiden Ritter wieder allein.
»WeiÃt du, im Grunde hat sie Recht«, sagte Geoffrey, als Eleanor die Tür hinter sich zugeschlagen hatte. »Die Karte, die Flambard uns gegeben hat, wird wohl tatsächlich an dem Angriff schuld sein.«
»Unsinn«, erwiderte Roger. Er ging zurück zur Stube, wo Wein und ein Kaminfeuer warteten. »Simon hatte Recht, nicht sie. Das waren nur zwei miserable StraÃenräuber, die einfach hinter meinem Geld her waren.«
»Das glaube ich nicht. Und ich glaube ebenso wenig, dass Peterkins Tod in Southampton ein Zufall war.«
Roger war nicht überzeugt. »Und warum nicht?«, fragte er.
Geoffrey trat an den Tisch. In der polierten Eichenfläche steckte der Armbrustbolzen des toten Schützen. Mit einiger Mühe zog er ihn heraus und streckte ihn Roger entgegen.
»Peterkin, Wiesels Komplize und der Kämpfer auf dem Dach wurden von roten Bolzen getötet. Du erinnerst dich noch? Nun, hier ist ein weiterer, genau von derselben Art.«
Roger starrte das Geschoss an. »Aber wie kann das sein? Das ist schon Wochen her. Wenn die Angreifer von heute Abend uns wegen der Karte meines Vaters umbringen wollten, dann hätten sie schon lange vorher ihr Glück versuchen können.«
»Wir haben ihnen nicht die Gelegenheit dazu gegeben«, sagte Geoffrey. Er setzte sich auf die Tischkante und drehte den Pfeil zwischen den Fingern. »Wir sind am Tag nach unserer Unterhaltung mit Flambard früh aufgebrochen. Die meisten Leute hätten mindestens einen Vormittag gebraucht, um alles für die Reise vorzubereiten, aber wir hatten keine Verpflichtungen mehr in Southampton. Also konnten wir nach Norden aufbrechen, sobald es hell genug zum Reisen war.«
»Und das war auch gut so, wenn man an den Umweg denkt, den du zu diesen stehenden Steinen eingeschlagen hast.«
Geoffrey nickte. »Das hat uns womöglich das Leben gerettet. Anstatt die kürzere und schnellere Route durch London zu wählen, sind wir über Salisbury gereist. Das ist nicht der übliche Weg, und unsere Mörder waren vermutlich entsetzt, als sie unsere Spur und damit auch Flambards Karte nicht mehr wiederfinden konnten. Ohne Zweifel waren sie seither beständig auf der Suche nach uns.«
»Nein«, widersprach Roger und schüttelte den Kopf, auch wenn seiner Stimme die rechte Ãberzeugung fehlte. »Das ist alles nur ein Zufall.«
»Wenn das so ist, wie erklärst du dir dann diesen roten Armbrustbolzen?«, wollte Geoffrey wissen und wedelte mit dem lästigen Beweisstück vor Rogers Nase herum.
»Viele Leute haben so was. Ich habâs dir doch erzählt: Hier weià jeder, dass man mit so einem roten Pfeil einen Hirsch tötet, mit einem blauen einen Vogel und so weiter. Das beweist gar nichts.«
»Es beweist eine Menge. Der Sheriff in Southampton hatte noch nie von diesem Brauch
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