Das Gold des Bischofs
stellende Geschichte ausdenken können. Aber wie die Dinge nun mal standen, konnte er einfach nicht klar denken, und es würde ihren Verdacht nur noch verstärken, wenn er offensichtliche Lügen erzählte.
»Er hat Recht«, räumte Roger widerstrebend ein. »Ich kann es dir nicht sagen.«
»Warum nicht?«, wollte Eleanor wissen. »Seid ihr in irgendwas Gesetzwidriges verwickelt?«
»Nein«, sagte Roger. Er blickte Geoffrey an. »Nun, möglicherweise.«
Beinahe mit Sicherheit, dachte Geoffrey, wenn Flambard damit zu tun hat.
»Hat es etwas mit unserem Vater zu tun?«, drängte Eleanor weiter. Sie schnippte in plötzlicher Erkenntnis mit den Fingern. »Jetzt verstehe ich! Du hast ihn im Kerker besucht, und er hat dir irgendwas aufgetragen. Ach, Roger! Wie konntest du nur so töricht sein? Du weiÃt genau, wie er ist! Er wickelt dich um den kleinen Finger, wie er es immer schon getan hat, und seine unschuldig klingende Bitte wird dich letztendlich in Schwierigkeiten bringen.«
Geoffrey betrachtete sie mit neu erwachter Bewunderung. Sie war klug und scharfsinnig, und sie las in Roger wie in einem offenen Buch.
»Wird es nicht«, brummelte Roger. »Ich soll nur eine Botschaft für ihn überbringen.«
»Du närrischer Dummkopf!«, rief Eleanor verzweifelt. »Unser Vater wurde festgenommen und wegen Verrats eingesperrt. Jeder, den man mit einer Botschaft von ihm erwischt, wird ebenfalls als Verräter angesehen. Willst du etwa wegen eines Verbrechens gegen die Krone hingerichtet werden?«
»Aber so ist es nicht«, widersprach Roger. »Das ist eine ganz unschuldige Sache!«
Eleanor stieà ein abgehacktes Lachen aus. »Nichts, was mit Ranulf Flambard zu tun hat, ist unschuldig. Der Mann ist eine gerissene, hinterhältige Schlange und würde jeden missbrauchen â selbst seinen fehlgeleiteten Sohn â, um sich die Macht und die Reichtümer zu sichern, nach denen er trachtet.«
»Wie kannst du so etwas sagen!«, brüllte Roger erzürnt. Geoffrey schloss die Augen und zuckte bei der plötzlichen Lautstärke zusammen. »Unser Vater ist ein guter, ein heiliger Mann. Er ist ein Bischof!«
Geoffrey beäugte ihn zweifelnd. Selbst Eleanor war von dieser Behauptung so überrascht, dass es ihr die Sprache verschlagen hatte.
»Was hat das Amt eines Bischofs damit zu tun, ob man ein guter Mann ist?«, fragte Geoffrey schlieÃlich.
Roger fuhr zornig herum. »Und du hast auch nicht das Recht, den guten Namen meines Vaters in den Schmutz zu ziehen! Er hat mich gebeten, etwas Ehrbares und Edles zu tun, und ich habe vor, meiner Sohnespflicht nachzukommen.«
Eleanor stöhnte. »Warum lässt du dich jedes Mal von ihm einwickeln? Und diesmal hast du Geoffrey anscheinend auch noch mit hineingezogen.«
»Er ist freiwillig mitgekommen«, behauptete Roger, auch wenn Geoffrey das anders in Erinnerung hatte.
»Das hätte er nicht tun sollen«, schimpfte Eleanor und funkelte Geoffrey an. »Wenn er nicht mitgemacht hätte, wäre es zu diesem Handgemenge in meiner Stube gar nicht erst gekommen.«
»Geoffrey würde nie einen Freund im Stich lassen!«, brüllte Roger und flüchtete sich in einen Zustand rechtschaffener Entrüstung.
Eleanor wandte sich ab, um ihre Missbilligung auszudrücken. »Simon wird den Sheriff holen, während ihr beide diesen Toten nach unten bringt, damit er morgen fortgeschafft werden kann. In der Zwischenzeit werde ich das Blut dieses Unglücklichen von meinem Tisch waschen und ein Leichentuch für ihn suchen.«
»Einen Augenblick mal«, wandte Roger empört ein. »Dieser âºUnglücklicheâ¹ hat gerade versucht, mich umzubringen â und dich ebenfalls. Ich habe keine Ahnung, warum, aber ich lasse mir dafür nicht die Schuld zuschieben.«
»Aber du bist schuld daran«, widersprach ihm Eleanor. »Du hast dich auf irgendein schmutziges Geschäft eingelassen, das Flambard dir aufgetragen hast, und damit hast du den Tod in mein Haus gebracht.«
Roger seufzte. »Du hast dich überhaupt nicht verändert, Ellie. Du bist noch dieselbe alte BeiÃzange.«
Geoffrey sah Tränen in ihren Augen glitzern, als sie aus dem Zimmer stürmte. Simon eilte hinter ihr her und versuchte, sie zu überzeugen, dass es zu gefährlich sei, während der Dunkelheit den Sheriff zu holen, und dass sie besser
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