Das Gold des Bischofs
gehört. Also muss es eine lokale Gepflogenheit sein, die nur hier in Durham üblich ist.«
»Und?«
»Das bringt die Morde in Southampton mit Durham in Verbindung. Und da Flambard der Bischof von Durham ist, legt das für mich nahe, dass er im Zentrum des Ganzen steht.«
»Möglicherweise«, antwortete Roger und räumte widerstrebend ein, dass sein Vater ihn in etwas verwickelt hatte, das nicht so unkompliziert war wie das Ãberbringen eines Briefes. »Aber vielleicht weià Wiesel einfach nur gute Pfeile zu schätzen, obwohl er aus Southampton stammt. Also kauft er sie bei einem Pfeilschnitzer, der in Durham sein Handwerk gelernt hat.«
»Das ist möglich, aber unwahrscheinlich«, sagte Geoffrey nach kurzem Nachdenken. »Ein Pfeilschnitzer würde Geschosse anfertigen, die er jedem verkaufen kann, nicht solche in einer auffälligen Farbe, die nur wenige zu schätzen wüssten. Die zusätzliche Arbeitszeit, die er auf das Färben verwenden muss, wäre eine Zeitverschwendung. Nein, Roger, diese Armbrustbolzen stammen ebenso wie ihre Besitzer aus Durham.«
»Glaubst du, der entkommene Eindringling war Wiesel?«
»Er hatte die passende GröÃe und den passenden Körperbau, und auÃerdem kamen mir die Augen hinter der Maske bekannt vor. Ich bin mir beinahe sicher, dass er es war.«
»Aber was treibt er so weit von Southampton entfernt? Ich versteh das nicht.«
Geoffrey rieb sich das Kinn. »Keiner der beiden Männer, die heute Abend hier hereingestürmt sind, war ein guter Schütze, sonst hätten sie zumindest einen von uns erwischt, ehe die Dinge für sie eine schlechte Wendung nahmen. Wie wir aus persönlicher Erfahrung wissen, ist Wiesel nicht sonderlich geschickt mit der Armbrust, ebenso wenig wie im Nahkampf. Das könnte ein weiterer Hinweis sein, dass er unser Flüchtling ist.«
»Aber wer ist er?«, fragte Roger. »Mal abgesehen davon, dass er ein lausiger Kämpfer ist.«
Geoffrey zuckte mit den Achseln. »Irgendein gedungener Helfer, nehme ich an. Sobald wir wissen, wer ihn beauftragt hat, kennen wir vermutlich auch die Antwort auf die übrigen Fragen. Wie auch immer, bei Flambards zahllosen Feinden dürfte sich unmöglich feststellen lassen, wer davon hinter seinem Schatz her ist.«
»Nein«, erwiderte Roger nach einer ganzen Weile weiteren Nachgrübelns. »Du liegst vollkommen falsch. Es hat überhaupt nichts mit den Karten meines Vaters zu tun. Es geht um den Stab.«
»Welchen Stab?«, fragte Geoffrey verwirrt.
»Der Stab, von dem der Kämpfer auf dem Dach geredet hat«, erklärte Roger, zunehmend eingenommen von seiner Schlussfolgerung. »Er ist das Bindeglied zwischen allen Vorfällen, und es ist passiert, bevor mein Vater mich zufällig im âºKopf des Sarazenenâ¹ getroffen hat. Die Karte hat überhaupt nichts damit zu tun.«
»An diesem Treffen war rein gar nichts zufällig«, stellte Geoffrey entschieden fest. »Flambard hatte es sorgfältig geplant. Und deine Idee mit diesem Stab ergibt überhaupt keinen Sinn. Ein Stab ist ein langes Stück Holz und lässt sich nur schwer in einer Satteltasche verstauen. Warum sollte Wiesel uns deswegen durchs ganze Land verfolgen, wenn doch jeder sehen kann, dass wir nichts dergleichen bei uns haben?«
»Aarons Stab«, wiederholte Roger selbstzufrieden. »Wie ich dir schon gesagt habe: Es geht um den Stab Aarons.«
Geoffrey seufzte und wollte dieses Streitgespräch nicht wieder von vorne beginnen. »Die Antwort steckt in Flambards Karte. Und das Bindeglied zwischen allen Vorfällen ist Durham â und dessen Bischof.«
Roger erwiderte darauf nichts.
»Ich nehme an, die beiden haben hier auf uns gewartet. Gewiss haben sie sich schon Sorgen gemacht, wir würden gar nicht mehr kommen«, fuhr Geoffrey fort, als er keine Antwort erhielt. »Als wir ankamen, waren sie so erleichtert, dass sie sofort gehandelt haben, ehe wir wieder verschwinden können. In dieser Sache geht es ohne Zweifel noch um einiges mehr und nicht nur darum, den Prior wissen zu lassen, wie er an das Geld für die Kathedrale kommt.«
»Und das wäre?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Aber ich war von Anfang an unglücklich über diesen Auftrag. Es gibt zu viele Widersprüche â zum Beispiel, warum Flambard sein Geheimnis mit drei Leuten teilen will, anstatt
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