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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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wusste später nicht mehr, wie er von Bord gekommen war. Wie im Traum ging er zum Alcázar hinauf. Morgen bin ich auf der Capitana . Ich gehe auf Entdeckungsfahrt. Ich mache mit meinem Vater den alto viaje . Er konnte nichts anderes denken.
    Im Aufgang des Pagenhauses kam ihm Guillermo Briviesca entgegen. »Man sucht dich schon. Du wirst Ärger kriegen. Wo bist du so lange gewesen?«
    »Im Hafen«, sagte Fernan abweisend.
    »Im Hafen? So, so! Wohl bei der Flotte des Herrn Papa? Flotte - dass ich nicht lache! Soll ich dir mal sagen, was man bei Hof von dieser Flotte hält, Goldköpfchen?«
    Fernan sah hochmütig an ihm vorbei. »Das interessiert mich nicht.«
    »Das sollte dich aber interessieren, Goldköpfchen. Sogar sehr. Es ist nämlich gut möglich, dass der liebe Herr Papa den ollen Kähnen sein baldiges Ende verdankt.« Guillermo packte Fernan am Ellbogen und hielt ihn fest. »Und weißt du, warum? Pötte, die noch mickriger und älter sind als diese vier, die wird man in ganz Sevilla nicht finden. Und eine Mannschaft mit noch weniger Erfahrung auch nicht. Mehr als die Hälfte sind Schiffsjungen zwischen zwölf und achtzehn. Das musst du dir mal vorstellen, Goldköpfchen! Schiffsjungen zwischen zwölf und achtzehn! Und mit denen will er die verborgene Durchfahrt finden? Haha! Er wird im ersten Sturm absaufen, und das ist es, was die Majestäten wollen, denn sie haben seine ständigen Forderungen und seine unverschämten Ansprüche satt! Er ist nichts als ein goldgieriger...«
    Fernan gab ihm einen Stoß, dass er die Treppe hinunterkollerte. »Hat dein Vater eigentlich inzwischen schwimmen gelernt? Kann ja sein, dass er noch mal ins Wasser fliegt.«
    Mit wutverzerrtem Gesicht versuchte Guillermo, in die Höhe zu kommen. Ein Fuß knickte unter ihm weg.
    »Du mieser kleiner Bastard! Das wirst du mir büßen!« Fernan drehte sich um und ging die Treppe hinauf. »Bitte, keine Beleidigungen, Graf Nichtschwimmer. Bei Hof hält man auf Manieren.«
    Er hatte sich einen Feind geschaffen, das wusste er. Aber es war ihm egal. Auf einmal verstand er seinen Vater. Vielleicht bin ich genauso jähzornig wie er, überlegte er. Und dieser Gedanke machte ihn stolz.

kapitel 4
    E s dauerte ziemlich lange, bis Pablo auch dem letzten seiner Kumpane Loro vorgeführt und die allgemeine Bewunderung genossen hatte. Die Wolken färbten sich schon rot von der sinkenden Sonne. Als er in die düstere Gasse zum Celler einbog, wäre er fast mit Estrella zusammengestoßen, die im Laufschritt um die Ecke kam. Die Tränen liefen ihr übers Gesicht.
    »Estrella! Was ist los? Wo willst du hin?« »In die Kirche«, keuchte das Mädchen. »Eine Kerze aufstellen für Miguel.«
    Pablo starrte sie mit offenem Mund an. Sie schluchzte auf und lief mit wehenden Zöpfen weiter. Den Papagei auf seiner Schulter schien sie gar nicht gesehen zu haben.
    »He, warte!«, flüsterte Pablo. Aber er wunderte sich nicht, dass sie nicht stehen blieb. Er hatte seine eigene Stimme kaum hören können.
    Er lehnte sich gegen die nächste Hausmauer. Ihm war, als ob die Knie unter ihm einknicken würden. Miguel? O heilige Maria, Mutter Gottes - das konnte doch nicht wahr sein? Ihm war, als ob ihm jemand einen betäubenden Schlag versetzt hätte. Sein Kopf fühlte sich sonderbar an. Ganz leer. Hatte er sich nicht eben nach dem Abschied von Señor Méndez noch darüber geärgert, dass Miguel manchmal den großen Bruder hervorkehrte? Und jetzt - würde er ihn nie wiedersehen? Eine Kerze für Miguel… das konnte nur bedeuten …
    Auf einmal kam Leben in Pablo. Eine Kerze stellte man auf, wenn man einen Heiligen um Hilfe anflehen wollte. Und Hilfe brauchte man nur, wenn man noch am Leben war. Er rannte zum Celler und stürzte in den Gastraum.
    Er war leer, obwohl sonst um diese Zeit die ersten Gäste erschienen. Nur der Vater saß allein an einem Tisch, das Kinn in die Hand gestützt, und starrte auf Krug und Becher vor sich.
    »Was ist mit Miguel, Vater?«
    Der Vater hob nicht einmal den Blick. »Die Mari’lante is von... von zwei Piratenschiff’n aufgebracht wor’n. Vor’e portugiesische Küste. Mit reichlich Tote auf bei’n Seit’n. Ham ihr de Segel in Brand geschoss’n. Hat sich ergeb’n. Ham alles verteilt, Ladung, Besatzung, Passaschiere... un se dann versenkt.«
    Er griff mit zitternden Händen nach dem Krug und füllte den Becher, bis der Wein über den Rand lief. Er betrachtete die Pfütze, als ob er sich nicht erklären könnte, wie sie auf den Tisch gekommen

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