Das Gold des Columbus
Stimme kannte er! Am Fuß des Hauptmastes stand Diego Méndez.
Die Matrosen begannen zu lachen und in die Hände zu klatschen.
»Es lebe der Papagei!«
»Viva el loro!«
»Der Loro kennt den Weg!«
»Der führt uns nach Indien.«
»Seid ihr verrückt?«, schrie der Bordschütze dazwischen. »Seht ihr nicht, wie er mich zugerichtet hat? Schaut euch meine Finger an! Diese Bestie ist gemeingefährlich.« Anklagend hielt er seine blutigen Finger hoch.
»Stell dich nicht so an, Pedro!«
»Das sind doch bloß Kratzer!«
»Bist du ein Seemann oder eine Memme?«
»Und lass bloß deine Finger vom Loro. Der ist unser Glücksbringer.«
Trotz seiner Wut erkannte der Bordschütze Pedro, dass er die Mannschaft gegen sich hatte und dass der Papagei seinem Zugriff entzogen war. Aber den Jungen mit dem unverschämten Mundwerk, der ihn gestern das Geld für die verdorbenen Austern gekostet hatte, den würde er sich jetzt vorknöpfen. Er sah sich suchend um. Pablo duckte sich hinter die breite Gestalt von Diego Méndez.
»Sieh mal einer an! Pablo Alvarez samt Papagei! Das freut mich aber, dass du doch angeheuert hast. Komm, ich bring dich zum Maat, der ist zuständig für die Schiffsjungen und Pagen. Und außerdem ein alter Kumpel von mir. He, Carlos, ich hab noch einen Bekannten an Bord entdeckt.«
Pablo wurde für die dritte Wache eingeteilt, die um elf Uhr begann. Er sah aus dem Augenwinkel, dass Pedro sich nicht näher traute und sich mit finsterem Gesicht in seinen Rancho 38 zurückzog, ein kleines Geviert, das er mit einigen Kameraden aus Seekisten und Seesäcken auf dem Oberdeck gebaut hatte, wie alle anderen Mitglieder der Mannschaft auch. Aber Pablo wusste, dass der Bordschütze ihm weiter auflauern würde.
»Bist du etwa mit der Bestie fertig geworden?« Der rothaarige Esteban stand neben ihm. »Ich würde nicht für alles Geld der Welt an das Vieh rangehen.«
»Och, ich mag Hunde.« »Nennst du so was einen Hund? Ich würde ihn eher - he, ich kenne dich! Du bist aus dem Celler, nicht? Ich hab meinen Vater ein paarmal da abgeholt. Ich bin Esteban Mateors.« Er schüttelte Pablo die Hand. »Willst du in unseren Rancho kommen? Alles Leute aus Sevilla. Mein Vater ist drin und mein Vetter Anton Pinterro. Der ist dreizehn, so wie ich.«
Pablo stimmte erleichtert zu und verstaute sein Bündel in dem Geviert aus Kisten und Seesäcken, das Esteban ihm zeigte. Der Rancho wurde auch Camarada 39 genannt, und alle, die ihm angehörten, standen füreinander ein. Jetzt würde ihn Pedro nicht mehr so einfach verprügeln können. Aber wie sollte er Loro vor ihm schützen?
Vom Fluss her hörte man das Klatschen von Rudern, dann die schrillen Töne der Signalpfeife und das dumpfe Rasseln von Eisen. Der Schiffsleib erzitterte leicht unter dem Rucken der Gangspille, die die viele hundert Kilo schweren Ketten und Anker an Bord hievten. Das war eine langwierige Arbeit, aber sie bedeutete, dass der Aufbruch begonnen hatte.
»Capitan a bordo.«
Alle Männer, die nicht zur Arbeit eingeteilt waren, sprangen auf.
»Das ist Señor Diego Tristan«, erklärte Estebans Vater, Tommaso Mateors. »Er steht schon seit Jahren im Dienst des Admirals.«
Der Kapitän ließ sich vom Piloten und Obermaat Bericht erstatten und inspizierte die Mannschaft, die in einer Reihe angetreten war, Pablo ganz am Ende.
»Noch ein Zugang von heute Morgen, Herr Kapitän: Pablo Alvarez, Grumete«, sagte der Obermaat.
Pablo wagte nicht, den Blick zu heben. Wenn der Kapitän keinen Schiffsjungen mehr wollte, konnte er ihn dann jetzt noch von Bord schicken?
»Er wird den Hund meines Vaters versorgen!« Der Sohn des Admirals stand auf einmal neben dem Kapitän.
»Ah, Don Fernan! Ich wurde bereits informiert, dass Seine Hochwohlgeboren geruht haben, die Ehre Seiner Anwesenheit auf unserem Schiff durch die Ehre der Eurigen zu erhöhen. Seine Hochwohlgeboren lassen Euch ausrichten, dass er sich zu Pferd nach Cadiz begeben und erst dort zu uns stoßen werde.«
So spricht man also, wenn man vornehm ist, dachte Pablo. Wahrscheinlich hatte er den hochmütigen älteren Bruder falsch angeredet und der war deshalb so unhöflich gewesen.
»Ich möchte von Anfang an eines klarstellen, Herr Kapitän: Ich habe als Grumete angeheuert und möchte auch so behandelt werden.« Der Sohn des Admirals sprach so laut, dass alle in der Reihe ihn hörten. »Ich will alles lernen, was man als Seemann können muss. Also lasst das Don weg und teilt mich für eine Wache ein, genau wie
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