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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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erwog er, ob er die Bootsplanke wieder hinunterrennen und verschwinden sollte. Wenn man als Grumete einen Feind unter den Älteren hatte, dann konnte der einem das Leben zur Hölle machen.
    Pablo wusste von Miguel, dass Schiffsjungen die schwierigste Stellung an Bord hatten. Die Pagen waren noch so jung, dass sich kaum einer an ihnen vergriff, meistens kamen sie mit einer Strafpredigt und ein paar Ohrfeigen davon. Aber ein Grumete war in einem Alter, das nach allgemeiner Ansicht Prügel verlangte, um aus einem Tunichtgut einen ordentlichen jungen Mann zu machen. Väter griffen genauso schnell zum Stock oder zum Gürtel wie Lehrherren. Und Seeleute waren noch reizbarer als andere Männer. Das Zusammenleben auf engstem Raum, das rationierte Essen und vor allem die ständige Todesgefahr zerrten an den Nerven. Ein Grumete war für jeden an Bord der Prügelknabe, an dem man seine Wut auslassen konnte.
    Aber wenn ich jetzt weglaufe, dann muss ich die Heuer zurückgeben, dachte Pablo. Und ich werde nie Gold oder Perlen finden. Was wird dann aus Miguel?
    »Mit dir hab ich noch ein Hühnchen zu rupfen.« Der Bordschütze packte ihn am Kragen. »Aber das hat Zeit. Wir werden ja wohl die nächsten Monate zusammen sein, was? Los, hol mir Wasser!«
    Er gab ihm einen Stoß vor die Brust, dass Pablo ins Taumeln geriet. Hastig bückte er sich nach seinem Bündel, holte den hölzernen Krug heraus und kletterte in den Raum unter der Segelkammer, wo auf allen Schiffen die Wasserfässer aufbewahrt wurden.
    Ob der Sohn des Admirals ihm gegen den Mann helfen könnte? Aber er würde wahrscheinlich meist in der Nähe seines Vaters sein. Er hatte zwar gesagt, dass er Schiffsjunge wäre. Aber bestimmt würde er nicht barfuß in die Wanten steigen, sich blutige Hände beim Segelreffen oder Rudern holen oder mit der Pumpe das stinkende Wasser aus dem untersten Deck holen. Als Sohn des Vizekönigs war er Don Fernan und Herren taten keine schwere Arbeit. Sie arbeiteten überhaupt nicht. Körperliche Anstrengung war verpönt, außer bei der Jagd und im Kampf. Auf Don Fernan zu hoffen, hatte keinen Sinn.
    Pablo trug den Krug aufs Oberdeck. Der Bordschütze stieß ihm seinen Becher entgegen. »Gieß ein!«
    Der Junge hob den Krug, aber der Mann riss ihm ihn aus der Hand. »Was fällt dir ein? Wieso ist der Krug nur halb voll?« Mit einem Schwung goss er Pablo das Wasser über den Kopf. »Ich werde dir beibringen, wie man einen Befehl ausführt!«
    Der Krug polterte auf die Planken. Pablo spürte, wie die Finger des Mannes sich in seinen Oberarm gruben, dann traf die andere Hand seine Backen, erst mit der Innenfläche, dann mit den Knöcheln. Pablos Kopf flog nach links und rechts. Sehen konnte er nichts, die triefenden Haare hingen vor seinen Augen. Wie sollte er das bloß aushalten? Über Wochen und Monate? Wieder zwei Ohrfeigen, hart und schmerzhaft.
    Aber hören konnte er. Er hörte ein lautes Kreischen und dann einen Schrei. Keine Ohrfeigen mehr.
    Pablo wischte sich die Haare aus dem Gesicht. Loro hatte sich in die Kopfhaut des Bordschützen gekrallt und riss ihm mit dem Schnabel ganze Haarbüschel aus. Der Mann brüllte. Im Handumdrehen hatte sich ein Kreis von Matrosen um sie gebildet, die teils den Papagei, teil den Soldaten anfeuerten.
    Der Bordschütze schleuderte Pablo auf die Planken und griff mit beiden Händen nach dem Papagei. Eine Hand umfasste die Krallen. Loro hackte kräftig in die sich nähernden Finger, aber da schlossen sie sich schon um seinen Schnabel.
    »Na warte, du Missgeburt, das sollst du mir büßen! Du bist nicht der erste Vogel, dem ich den Hals umdrehe.«
    Loro hing in seinen Fäusten und schlug mit den Flügeln. Es sah jämmerlich aus. Pablo rappelte sich in die Höhe. Ich muss dem Mann in den Bauch boxen oder ihn durch einen Tritt in die Kniekehlen zu Fall bringen, dachte er verzweifelt. Aber er darf Loro nicht umbringen! Selbst wenn ich dafür die Peitsche kriege. Prügeleien an Bord waren strengstens verboten und wurden hart bestraft, das wusste er.
    Da ertönte eine helle Stimme: »Dieser Papagei gehört mir! Lass ihn sofort los.«
    Dem Bordschützen sackte der Unterkiefer hinunter. Sprachlos starrte er Fernan an.
    »Bist du taub? Lass ihn los!«
    Widerstrebend öffnete der Mann die Fäuste. Loro rettete sich auf eine Rahe des Hauptmastes und krächzte empört.
    »Soll ich euch übersetzen, was er sagt?«, rief ein Mann und versuchte, den Papagei zu übertönen. »Auf nach Indien!«
    Pablo fuhr herum. Diese

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