Das Gold des Columbus
Ufer sind wir vor Anker gegangen. Der Admiral hat noch gefragt, ob alle Anker ausgeworfen sind, und der Schiffseigner Juan de la Cosa hat’s bestätigt. Um elf Uhr nachts haben die zwei sich hingelegt, der Admiral hatte zwei Tage und eine Nacht kein Auge zugemacht. Es war völlige Windstille, die See glatt wie Öl. Der Steuermann übernimmt die Hundewache, aber der war auch müde, wie wir alle, wir hatten schließlich ein paar Glas mehr getrunken als sonst, auf den Feiertag. Also gibt er das Steuerruder an einen Maat und der schließlich an einen Schiffsjungen. So was darf natürlich nicht passieren, das war gegen den ausdrücklichen Befehl. Na, was soll ich euch sagen. Der Grumete pennt natürlich auch, und wie’s das Unglück will, hat sich einer auf den anderen verlassen, ohne nachzuprüfen - und die Anker sind nicht im Grund. Die Santa María wird also von der Strömung gegen ein Korallenriff getrieben. Das war trotz der Dunkelheit schon von weitem zu sehen und vor allem zu hören, denn es leuchtete weiß im Mondschein und das Wasser strudelte drum herum. Aber alle an Bord schliefen wie die Ratzen. Auf einmal gibt’s einen Riesenkrach, als das Steuer auf Grund stößt. Der Grumete schreit wie am Spieß, der Admiral kommt als Erster, dann auch Juan de la Cosa, der war mit der nächsten Wache dran, und alle anderen. Der Admiral bleibt ganz ruhig. ›Wir kriegen sie wieder flott‹, sagt er zum Eigner. ›Bemannt die Schaluppe, wir lassen euch den Anker vom Heck herunter, den werft ihr in einiger Entfernung ins Meer.‹ - Und was glaubt ihr, was passiert?«
Carlos Alonso machte eine Kunstpause.
»Alle Welt weiß, was passiert ist, Carlos«, sagte Tommaso Mateors lachend. »Der Admiral ist anno 93 schließlich nur mit zwei Schiffen zurückgekommen.«
Carlos Alonso beachtete die Bemerkung nicht. »Ich hab mich gleich gewundert, dass so viele Matrosen mit dem Eigner ins Beiboot sind. Und wisst ihr, warum? Sie hatten Angst, dass die Santa María sinkt, die feigen Hunde. Statt den Befehl auszuführen, rudern sie wie wild zur Niña rüber, die lag ungefähr zwei Seemeilen entfernt. Der Admiral hat getobt, denn die Flut ging zurück und das Wasser wurde immer seichter. ›Hauptmast kappen!‹, schreit er. Ich schnapp mir mein Beil und hau los, denn das war unsere einzige Chance, das hab ich sofort begriffen. Wenn das Gewicht des Mastes wegfiel, dann würde die Santa María einen Sprung in die Höhe machen. Tat sie aber nicht, denn die Wassertiefe wurde immer weniger. Das Schiff legte sich auf die Seite, dadurch öffneten sich die Fugen, Wasser drang ein und füllte die Laderäume. Na, das war vielleicht ein Gefühl! Wart ihr schon mal auf einem sinkenden Schiff?«
Alle schüttelten die Köpfe.
»Aber du sagst doch, dass die Wassertiefe immer weniger wurde«, wandte Estebans Vater ein. »Da konntet ihr doch erst mal nicht sinken.«
»Aber wir wussten, dass die Santa María untergehen würde, sobald die Flut zurückkam, du Schlaukopf. Und das hieß, dass wir nur noch ein Schiff hatten, denn die Pinta war ja schon Ende November verschwunden. Einfach abgehauen ist sie, ohne Befehl des Admirals, auch ohne Sturm, bei völlig klarer Sicht. Wir haben es erst nicht glauben wollen. Abends hat der Admiral die Hecklaterne anzünden lassen und Signal gegeben, aber sie ist nicht näher gekommen. Fast die ganze Nacht ist sie in Sichtweite geblieben, aber am Morgen war sie verschwunden. Das war vielleicht ein Schock, das kann ich euch sagen! Der Admiral war außer sich. Er hat dem Martin Pinzón ein fürchterliches Ende prophezeit und alle Strafen der Hölle dazu - und wer weiß, vielleicht ist alles eingetroffen.«
Der Zimmermann senkte die Stimme und bekreuzigte sich. »Sie haben nämlich Gold eingetauscht, Goldstücke so lang wie ein Finger oder so groß wie eine Hand, und haben alles eingesackt, obwohl es dem Admiral und der Krone gehörte. Und mit den Indianern haben sie sich eingelassen, besonders mit den Frauen... na, ihr wisst schon. Und da gibt es Zauberinnen und Hexer und alle möglichen Scheußlichkeiten. Jedenfalls ist er krank geworden, der Martin Pinzón, noch bevor die Reise zu Ende war, und viele Männer auf der Pinta auch. Im Januar ist sie wieder zu uns gestoßen, und wir haben uns gemeinsam auf die Heimfahrt gemacht, aber dann hat uns ein Sturm getrennt, und die Pinta war eher in Spanien als wir. Da hat dieser Pinzón doch glatt versucht, dem Admiral zuvorzukommen und den Ruhm einzustreichen. Doch die Könige
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