Das Gold des Columbus
Eselsschiss!« Das war natürlich Pedro. »Bildest du dir etwa ein, dass du den besten Platz an Bord zum Schlafen kriegst? Du gehörst überhaupt nicht mehr zu den Seeleuten, du Landratte. Morgen sitzt du in Belén und dann kannst du in den nächsten Monaten Maulwurf spielen und nach Gold wühlen.«
Ein Matrose näherte sich mit leisem Klirren. »Halt die Klappe, Pedro. Und mach Platz. Der Maat sagt, ich soll die Ladeluke mit Ketten sichern, damit die Wilden nicht rauskönnen.«
»Ich soll Platz machen? Fällt mir nicht im Traum ein! Wie sollen denn die Wilden die Luke aufkriegen, wenn mein ganzer Rancho draufliegt, kannst du mir das mal verraten?«
»Dein ganzer Rancho? Dass ich nicht lache! Ihr seid ja bloß zu zweit.«
Pedro richtete sich entrüstet auf. »Die zwei anderen sind pissen. Das wird man ja wohl noch dürfen. Du pisst wahrscheinlich einfach über die Reling, wie ich dich kenne, aber wir...«
»Halt endlich dein Maul und mach Platz! Der Maat sagt...«
»Du kannst mich mal! Das soll mir der Maat selbst sagen! Du willst uns bloß hier verscheuchen und...«
»Du Idiot! Du Ochse! An deinen Ochsenhörnern werde ich dich gleich packen und aufhängen!«
Pedro sprang auf. »Du lügst, dass sich die Balken biegen, du stinkender Ziegenbock! Und deine Alte ist eine Hure und legt dir das Nest voller Kuckuckseier.«
Der Matrose ließ die Ketten fallen und griff nach seinem Messer. »Das wirst du mir büßen!«
»Ein Messer? Das hab ich gern, du Feigling!«, zischte Pedro.
»Fürchtest dich wohl vor einem ordentlichen Faustkampf, was? Lass sofort das Messer fallen, sonst hast du meins zwischen den Rippen.«
Pedro machte einen Satz auf den Matrosen zu. Der wich unwillkürlich zurück, prallte gegen Pablo und geriet ins Straucheln. Auf einmal war Alejo neben Pedro und hielt ihn mit beiden Armen fest.
»Seid ihr wahnsinnig, ihr zwei? Steckt die Messer ein! Ihr kommt in den Block 68 , das wisst ihr doch!«
Der Matrose hatte sich wieder gefangen und wog sein Messer unschlüssig in der Hand. »Der Hund hat mich beleidigt!«
Pedro wehrte sich keuchend gegen Alejo. »Selber Hund! Da fängt er schon wieder an. Lass mich los, Alejo, ich schlag dem Kerl alle Zähne ein!«
Plötzlich flog die Ladeluke auf. Wie Schaum aus einer explodierenden Flasche quollen dunkle Gestalten heraus und schwangen sich über die Reling. So überraschend war dieser Ausbruch, dass die drei Matrosen einen Augenblick starr standen. Dann vergaßen sie ihren Streit und stürzten sich auf die Fliehenden, doch die klammerten sich an sie und rissen sie zu Boden, während immer neue Gestalten hinter ihnen ins Meer sprangen.
»Zu Hilfe! Haltet sie! Haltet sie!«, brüllte Pedro.
Auf Deck entstand ein allgemeiner Tumult. Als es schließlich gelungen war, die Luke zu schließen und die restlichen Gefangenen beim Fackellicht zu zählen, stellte sich heraus, dass alle Männer und jungen Frauen verschwunden waren. Nur den alten Frauen und den Müttern mit kleinen Kindern war die Flucht nicht gelungen.
Der Admiral erschien und tobte auf Italienisch, was zur allgemeinen Erleichterung niemand verstand. Dann betrachtete er die aufgewühlte See, die tosende Brandung und den viele tausend Fuß entfernten Küstenstreifen, der im schwachen Mondlicht kaum zu erkennen war.
»Sie werden das Land nicht erreichen«, sagte er schließlich mit etwas ruhigerer Stimme. »Diese Wilden werfen ihr Leben weg ohne Sinn und Verstand. Sie hätten spanische Sitten und Gebräuche kennen lernen können. Sie wären vor allem in unserem heiligen Glauben unterwiesen worden. Nun ja, vielleicht ist es besser so. Wir hätten sie kaum ernähren können. Die restlichen sind immerhin die engsten Verwandten des Königs. Solange sie als Geiseln auf dem Schiff sind, ist ein Angriff nicht zu befürchten.«
Pablo musste an den einsamen Indianer in der Stallecke denken, sterbenskrank vor Heimweh. Der hatte sowohl den heiligen Glauben wie die spanischen Sitten und Gebräuche kennen gelernt und hatte trotzdem nicht leben wollen.
kapitel 11
M ilde Winde wehen, die Sonne scheint freundlich, alles ist saftig und grün und die Luft so klar wie Quellwasser. Man könnte fast ein Gedicht darüber machen.« Diego Méndez’ Stimme klang träumerisch.
Seine Hängematte vor einer Hütte in der neuen spanischen Siedlung Belén schaukelte leicht hin und her. Er sog an einer Rolle aus getrockneten Blättern - ein Geschenk der Eingeborenen aus dem Dorf - und blies den Rauch in die Luft. »Die
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