Das Gold von Karthago
der Festung ausgeliehen hatte, für diesen Abend.
»Gut, dich zu sehen, Mann«, sagte er; dabei packte er Bomilkar bei den Oberarmen. »Du wirst viel zu erzählen haben. Später, nehme ich an.«
»Morgen.« Bomilkar nahm ihn beiseite und sagte ihm, flüsternd, was der Abend bringen sollte, bringen könnte oder zu bringen drohte. Sie halfen Aspasia, den Laden zu versperren; dann legte sie die Hand auf Bomilkars Arm und sah ihn halb bittend, halb trotzig an.
»Und jetzt?«
»Und jetzt werden dich diese trefflichen Männer begleiten. Ich würde dich lieber in der Festung wissen, bis morgen, aber dazu haben wir keine Zeit. Wo ist Tazirat?«
»Nicht in der Stadt; sie besucht Verwandte bei Ityke.«
»Gut, dann brauchen wir uns um sie keine Sorgen zu machen. Autolykos – ihr geht zu Magos Schänke; ich komme gleich nach.«
»Was hast du vor?«
»Ich bin mit dem Römer bei Aspasias Wohnung verabredet. Ich glaube nicht, daß er kommen wird, aber …« Er hob die Schultern.
Aspasia nahm seine Hand. »Ist das nicht ein bißchen leichtsinnig? Was, wenn dir jemand auflauert?«
»Sie hat recht, Häuptling.« Autolykos schob den Kesselhelm in den Nacken und musterte Bomilkar mißbilligend. »Wir sollten mitkommen.«
»Ich brauche euch in der Schänke. Ich weiß nicht, wie lange ich auf Laetilius warten werde.« Er legte die Hand an den Griff des kurzen Schwerts, das an seinem Gürtel hing. »Und ich bin ja nicht wehrlos. Ich glaube aber nicht, daß jemand in dieser belebten Gegend …«
»Es wird dunkel; achte auf Schatten und Nischen.«
Bomilkar kam sich durchaus ein wenig leichtfertig vor, aber nicht sehr. Einerseits sagte er sich, daß er damit rechnen mußte, von einem der Leute, die er schriftlich zum
Nachtmahl geladen hatte, an der Teilnahme gehindert zu werden. Denn alle Geladenen waren auf die eine oder andere Weise in den Fall verwickelt, und möglicherweise zöge jemand es vor, die Sache mit einem schnellen Messerstich zu beenden. Andererseits lag der Wohnblock gleich neben der Großen Straße, es würden immer noch genügend Menschen unterwegs sein, und er konnte sich nicht erinnern, den Innenhof vor Mitternacht je gänzlich unbelebt gesehen zu haben.
Vorsichtig näherte er sich dem Torbogen. Auf der Straße der Stempelschneider war nicht viel Betrieb, aber sie war auch nicht menschenleer. Langsam, nach allen Seiten spähend, ging er unter dem Bogen in den Hof. Am anderen Ende, bei den Waschtrögen, sah er ein paar Umrisse von Menschen; aus einer der Erdgeschoßwohnungen rechts hörte er Musik und Gelächter – jemand spielte auf einer verstimmten Kithara und sang dazu grobe Verse. Etwa die Hälfte aller Wohnungen schien belebt; der matte Glanz von Öllampen hob hier und da Stücke aus dem Geländer der Umgänge.
Ein leiser Pfiff. Eine Bewegung neben dem nächsten Aborthäuschen, vielleicht ein winkender Arm. Bomilkar zog das Schwert und machte ein paar Schritte. Vorsichtig, aber nicht umsichtig genug.
Aus den Schatten unter der Treppe zu den oberen Geschossen tauchten Gestalten auf. Drei. Nein, vier; eine fünfte kam vom Abort her. Sie drangen auf ihn ein, er sah Klingen im schwachen Widerschein der Lampen blinken, hörte sie klirren und sagte sich, daß er ein Narr sei. Und daß man ihn für einen furchtbaren Gegner halten mußte, um gleich fünf Männer loszuschicken. Wer auch immer.
Dann dachte er nicht mehr, sondern versuchte nur noch, sich zu wehren. Ein Speerstich, aufs Herz gezielt, riß ihm das Gewand auf und versengte die linke Schulter, als er sich duckte. Er wich einem Schwert aus, schlug ein anderes zur Seite und spürte den Biß einer Klinge im Oberschenkel.
Er bildete sich ein, das Weiß verdrehter Augen zu sehen, aber die Männer trugen Schleier.
Dann hörte er ein dumpfes plonnnk und sah einen Angreifer taumeln; die anderen stutzten. Ein zweites plonnnk, ein weiterer Mann fiel; aus seinem Hals ragte ein Pfeil. Er sah zwei Gestalten aus einem nahen Gebüsch kommen und herbeirennen. Einer der unerwarteten Helfer ließ dabei einen Bogen fallen und zog ein Schwert, der andere schwenkte einen langen Gegenstand. Ungläubig hörte Bomilkar ihn »Durchhalten, punischer Lehmkopf« rufen und wußte, daß der lange Gegenstand Laetilius’ Schwert aus Kastulo war. Und während er noch staunte, stieß er einem der verwirrten Angreifer das Schwert in den Bauch.
Nach wenigen Atemzügen war alles vorbei. Er blutete aus einer Wunde am rechten Oberschenkel und einer an der linken Schulter. Vier der
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