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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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erreichten den von Fackeln und Lampen
beleuchteten Innenhof. Über einem düster glimmenden Kohlenbecken stand auf einem vierbeinigen Gestell ein großer Glaskasten, mit Wasser gefüllt, der die Glut zu einem unwirklich grünen Leuchten brachte.
    Aspasia saß in der Nähe des Eingangs; sie stieß einen Schreckenslaut aus, als sie den verwundeten Bomilkar sah, und kam zu ihm.
    »Es ist nichts, nur ein paar Kratzer«, sagte er leise. »Und deine Besorgnis lindert alles. Bleib in meiner Nähe; jemand könnte etwas Dummes versuchen.«
    Sie setzte ein verqueres Lächeln auf, schüttelte den Kopf, als wolle sie kluge Dinge über dumme Männer sagen, und lehnte sich an eine der Säulen, die den Querbalken des Durchgangs trugen.
    Auf den Tischen standen allerlei Näpfe, Schüsseln, dampfende Töpfe, Platten und Krüge. Zweifellos hatte Mago nach anfänglichem Gezeter Köstlichkeiten zubereiten lassen und wie erbeten hingestellt; es schien aber niemand Hunger oder Lust auf Speisen zu haben. Alle standen oder saßen herum, einige immerhin mit Bechern in den Händen. Bomilkar sah die an den Wänden verteilten Wächter, erblickte Duush, Patroklos und Vavurro in der Nähe des Tischs, an dem Hanno der Große saß, sah Nederbal und Boshmun, den Herrn der Pferde, sah die beiden Leibwächter Hannos, sah Arish und Hamilkar, den Schreiber, den Richter Budun, der von seiner Vergiftung oder Magenkrankheit genesen war, sah Qarthalo, Hiyarbal, Bostar von der Sandbank. Und Tigalit, die ungeheure weißhäutige Frau mit den roten Augen. Die er nicht geladen hatte.
    Er hörte, wie Laetilius scharf durch die Zähne einatmete. »Überraschung, was?« murmelte der Römer, der dicht neben ihm stand.
    Das halblaute Gerede und Geraune hatte sich gelegt; alle blickten zu Bomilkar, der nun einen Schritt weiter in den Hof trat und eine Verneigung andeutete.

    »Die sehr edlen Herren – und die nicht minder edle Tigalit! Ich danke euch allen, daß ihr der jähen Einladung gefolgt seid.«
    »Du hast es ja dringend genug gemacht«, sagte Hanno. »Ich hoffe, es ist wirklich so dringend.«
    »Ich weiß, daß Mangel an Dringlichkeit mir euer aller Mißbilligung zuzöge. Ein kleiner Wächter kann es sich nicht leisten, die großen Männer von Qart Hadasht unwirsch zu stimmen.«
    Arish verzog den Mund; es war eine Fratze des Hohns. »Dann sprich schnell, ehe wir unwirscher werden als ohnehin. «
    Budun klopfte mit der knochigen Rechten auf den Tisch, an dem er allein saß. »Unwirsch oder nicht, es geht um die Achtung der Gesetze, denen wir alle unterstehen. Laßt ihn reden – und sprich schnell und gut.« Die Drohung lag im Ton, nicht in den Worten; Bomilkar hatte keine Mühe, sie zu deuten.
    »Daß alle edlen Herren der Einladung gefolgt sind, zeigt mir, daß jeder einzelne betroffen, verwickelt oder jedenfalls von Anteilnahme erfüllt ist.« Bomilkar bemühte sich, nicht spöttisch zu klingen. »Ich bitte euch, diese Anteilnahme in Teilnahme, Auskünfte und Aufmerksamkeit zu verwandeln.«
    »Komm zur Sache, Mann«, sagte Boshmun. »Wir alle haben Wichtigeres zu tun.«
    »Offenbar nicht«, flüsterte Laetilius.
    »Ich bitte um Geduld, denn zu Beginn muß ich ein paar längere Sätze sagen. Auf dem Weg hierher hatte ich gewisse … Schwierigkeiten zu überwinden. Jemand hielt es für sinnvoll, fünf Männer auszuschicken, um mich am Reden zu hindern.«
    »Fünf?« Hannos Stimme troff vom Öl der Anteilnahme und vom Essig der Gehässigkeit. Er sagte nur diese eine Zahl, aber der Ton deutete an, daß er es für übertrieben hielt, fünf Männer gegen einen loszuschicken, daß
dieser eine kaum die Entsendung eines Hundes wert sei und daß die fünf gestümpert haben mußten, da der Mann, den sie am Reden hindern sollten, nun doch redete.
    Bomilkar blickte wie zufällig zu Boshmun. »Sie sind alle tot; zum Glück war ich nicht allein. Einer der fünf Männer hat vor dem Sterben noch einige fesselnde Worte über seinen Auftraggeber gesagt.«
    Boshmun verzog keine Miene.
    »Da mir ein kleiner Schnitt am Bein das Stehen unbehaglich macht, bitte ich um Verständnis, daß ich mich nun setze.« Er zog einen fast hüfthohen Schemel heran und bestieg ihn.
    »Beginnen wir am Anfang. Ein Römer, Marcus Lavinius, verbringt den Winter in Iberien und erreicht noch vor Frühlingsbeginn Qart Hadasht. Es war ein milder Winter; wie alle wissen, die mit dem Handel zu tun haben, war Schiffahrt fast durchgehend möglich. Soweit ich feststellen konnte, ist Lavinius am ersten Tag

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