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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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des Addaru-Monds in der Stadt eingetroffen und begab sich sofort zum Landgut des Strategen Hamilkar, der ihm einen Brief an den Verwalter Nederbal mitgegeben hatte. Stimmt dies so weit, edler Nederbal?«
    Der Kranichhals bewegte sich unruhig; Nederbal öffnete den Mund, schloß ihn wieder, hustete und sagte: »Wenn du so sicher bist… Ich habe mir den Tag nicht gemerkt, aber es mag wohl sein.«
    »Nehmen wir es einmal so. Also: Lavinius kommt am ersten Addaru zu Hamilkars Gut, verbringt dort etliche Tage und Nächte, betrachtet die Stadt und die Umgebung, spricht mit vielen Leuten. Er ist etwas länger als einen Mond zu Gast; am Morgen des vierten Nisannu wird seine Leiche gefunden, auf einer zum Landgut gehörenden Wiese. Für diesen Tag kann ich bürgen, denn mit der Bergung und Untersuchung war ich befaßt und habe alles gebührend verzeichnet.«

    »Wir bezweifeln deine Sorgfalt nicht.« Dies kam von Qarthalo; Tonfall und Miene sagten aber deutlich, daß die Sorgfalt nicht nur unbezweifelt, sondern auch unbedeutend sei.
    Bomilkar faßte die Ergebnisse der Untersuchungen zusammen, erwähnte die Fähigkeiten des in Alexandreia ausgebildeten Arztes und dessen genaue Aussagen über Zeitpunkt des Todes und aufgenommene Speisen.
    Beim Stichwort ›Silphion‹ rülpste Hanno laut, sagte etwas von Wörtern, die Hunger bergen, schnipste mit den Fingern der Rechten und wies einen seiner Leibwächter an, ihm von den Köstlichkeiten eine kleine Auswahl zu bringen.
    »Nun fehlt mir eine Tageszahl«, fuhr Bomilkar fort. »Arish, Fünf-Herr für Fremdlande, schrieb einen Brief nach Rom, in dem er das Hinscheiden eines römischen Bürgers meldete und um Entsendung eines Mannes bat, der den Leichnam heimhole. Dies ist üblich, habe ich mir sagen lassen. Unüblich scheint mir, daß der edle Arish die Römer auffordert, einen Mann zu schicken, der dazu auch noch die Hintergründe untersuchen oder mituntersuchen soll. Besonders unüblich scheint mir aber, daß auch Qarthalo, Fünf-Herr für Ordnung und insofern zuständig, diesen Brief mitunterzeichnet.«
    »Was immer du üblich oder unüblich findest«, sagte Arish mit eisiger Stimme, »hat keinerlei Bedeutung. Du wirst den Fünf-Herren zubilligen, daß sie wissen, was sie tun.«
    Qarthalo rutschte auf seinem Sitz hin und her, schwieg aber.
    »Zweifellos, edler Arish. Bis zu dieser Stunde wußte ich es aber nicht genau.« Bomilkar deutete ein Lächeln an. »Es war mir nicht erlaubt, die Abschrift des Briefs zu sehen. Über den Inhalt habe ich nicht von den Männern gehört, die über das Wohl unserer Stadt entscheiden, sondern von Titus Laetilius. Und da ich den Brief nicht sehen durfte, weiß ich auch nicht, an welchem Tag er geschrieben wurde.«

    Budun hob die Hand. Er streifte Arish mit einem Blick, in dem (soweit Bomilkar dies sehen konnte) nicht mehr viel von der alten Freundschaft war. »Dem in einem Verbrechen ermittelnden Wächter ist alles zugänglich zu machen, was mit der Sache zu tun hat. Warum wurde das Gesetz mißachtet?«
    Arish hob eine Braue. »Was die Fünf-Herren nach Rom schreiben, kann keine Bedeutung für die Festnahme eines Mörders in Qart Hadasht haben. Zumal dieser längst festgenommen wurde, ohne das Zutun des übereifrigen Bomilkar. «
    »Dem keine Möglichkeit gegeben wurde, den angeblichen Mörder zu befragen«, sagte Bomilkar.
    »Angeblich?« Arish schnaubte. »Man hat bei ihm einen Beutel mit Gegenständen gefunden, die Lavinius gehört hatten.«
    Bostar klatschte in die Hände. »Edle Herren – wollen wir die nächsten vier Tage hier verbringen? Ich schlage vor, daß wir zunächst einmal Bomilkar ausreden lassen. Ob seine Geschichte ein Kindermärchen ist oder die Wahrheit, können wir später erörtern. Aber so, wie es begonnen hat, mit all diesen gutgemeinten und berechtigten Unterbrechungen, dauert es zu lange. Ich habe in den nächsten Tagen Besseres zu tun.«
    Arish runzelte die Stirn; allgemein war so etwas wie zustimmendes Geraune zu hören.
    »Dann danke ich dem edlen Bostar und will fortfahren«, sagte Bomilkar. »Ich fasse mich ein wenig kürzer; lassen wir Einzelheiten zunächst beiseite. Ebenso Folgerungen.«
    Er schloß die Augen, um sich zu sammeln; dann öffnete er sie wieder und redete. In der winzigen Zeitspanne des Augenschließens und Atmens hatte er einen Beschluß gefaßt, der Laetilius betraf.
    Er berichtete von der Ankunft des Römers, der Übergabe des toten Lavinius, dem Besuch auf Hamilkars Gut, wo die Leiche des

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