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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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soll.«
    Bomilkar bückte sich, nahm einen Erdklumpen auf und zerbröselte ihn langsam. »Das… kann ich nicht glauben.«
    Laetilius verschränkte die Arme vor der Brust und schaute zu den Pferden, als ob er von ihnen Einflüsterungen erwartete. »Ich auch nicht. Die Aufforderung war unterzeichnet von zwei Ratsherren. Arish als Sprecher der Pentarchen für Fremdlande; und Karthalo als Sprecher der Pentarchen für Recht und Ordnung.«
    Bomilkar antwortete nicht, verbesserte nicht einmal Karthalo zu Qarthalo; er bemühte sich, die Mitteilung zu verdauen. Sie machte alles noch viel verwickelter.
    Der Rat der Stadt bestand aus dreihundert mächtigen Männern, teils gewählt, teils ernannt; über ihnen, aus dem Rat heraus bestimmt, gab es die dreißig Ältesten. Wenn von ihnen einer starb, rückte aus dem Rat einer nach, und gewöhnlich ernannten dieser Nachrücker und seine Parteifreunde den Nachfolger für den frei gewordenen Ratssitz. Der Rat ernannte (oder wählte) jedes Jahr zwei Sufeten, deren Befugnisse denen römischer Konsuln ähnelten;
Rat und Älteste ernannten gemeinsam die Obersten Richter. Alle Belange des täglichen Lebens und der Politik unterstanden den Sufeten, die mit dem Rat zusammenarbeiten mußten, und für die wichtigsten Teilbereiche gab es fünfköpfige Ausschüsse: jeweils fünf Ratsherren, einer von ihnen der Sprecher. Sie unterstanden dem Rat und den Sufeten und lenkten die Geschicke der Stadt. Mit einer wichtigen Ausnahme: Nach den Wirren des Kriegs gegen Rom und des nachfolgenden Kriegs gegen die eigenen Söldner hatte man das Amt des Strategen von Libyen und Iberien geschaffen, der mit Rat und Sufeten zusammenzuarbeiten hatte, aber nicht mehr jährlich ernannt wurde. Hamilkar Barkas, vom Rat und vom Heer bestimmt, sorgte als Stratege für eine von Tagesfragen unabhängige, dauerhaft berechenbare Leitung dieser Belange; die Römer bezeichneten ihn als Dauer-Konsul oder Imperator. Hamilkar war gleichzeitig Haupt der Partei der Neuen, die offenen Handel, Wettbewerb und Stärke anstrebten; die Alten, geführt von Hanno dem Großen, wollten zurück zu den herkömmlichen Verfahren: Handel nur mit abhängigen Gebieten, aus denen Rohstoffe kamen und in die man Fertigwaren lieferte. Ansonsten wenig Handel, kein Wettbewerb, keine auswärtigen Beziehungen über gelegentlichen Austausch von Meinungen hinaus. Grundlage der Macht der Alten war der Reichtum, den sie aus ihren Landgütern zogen.
    Im Rat und in der Kammer der Ältesten hatten die Alten die Mehrheit; die meisten Fünfer-Ausschüsse waren von drei Alten und zwei Neuen besetzt. Arish, einer der wichtigsten der Alten, leitete den Fünfer-Ausschuß für Fremdlande; um Ruhe bei der Ausbeutung des Hinterlands zu haben, war er wie sein Führer, Hanno der Große, jederzeit bereit, den Rest der Welt Rom zu überlassen. Die Neuen, nach Hamilkar Barkas ›Barkiden‹ genannt, hielten Rom für einen Gegner, der sich nicht mit dem Rest der Welt begnügen, sondern die Stadt verschlingen wollte.

    Daß Arish, Sprecher der Pentarchen für Fremdlande und Gefolgsmann Hannos, Rom das Ableben eines römischen Händlers mitgeteilt hatte, war nicht mehr als billig. Daß er um Entsendung eines Römers gebeten hatte, der die Leiche holen sollte, ebenfalls. Daß der entsandte Römer in Qart Hadasht ermitteln sollte, ging über alle gewöhnlichen Verfahren hinaus: Teil der Politik der Alten, in jedem Fall Rom zu beschwichtigen.
    Daß Qarthalo, Sprecher der Pentarchen für Ordnung, dem zugestimmt haben sollte, war mehr als verblüffend; Qarthalo führte im Rat die Barkiden, die gegen jede Einmischung Roms standen.
    Bomilkar verstand nichts von alledem. Er saß auf der Steinbank, starrte auf die Felder östlich des Wegs, wo schwarze Punkte wuselten: Landarbeiter. Er lauschte dem Rascheln des Windes, der den Hauch von Salz und Wasser mit Pflanzendüften und Bodendünsten vermengte, hörte die Atemzüge von Laetilius und die Geräusche der Pferde, die schnauften, während sie an Sträuchern knabberten. Und er war ratlos.
    »Du lügst«, sagte er irgendwann.
    Laetilius wandte ihm das Gesicht zu. »Nur in einem unwesentlichen Punkt. Der nichts mit der Sache zu tun hat.«
    »Lavinius kann nicht nur ein unbedeutender Händler gewesen sein. Dazu ist der Aufwand zu groß. Was ist wirklich mit ihm?«
    Laetilius hob die Schultern; er lächelte flüchtig. »Ich kann deine Zweifel verstehen, aber ich weiß wirklich nicht mehr als dies: daß er ein reisender Händler war.« Er

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