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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Handelsbeziehungen vor allem zum hellenischen Osten unterhielt. Jederzeit fuhren sechs oder sieben Schiffe für ihn auf dem Meer herum, nicht zu reden von etlichen Karawanen, die seine Waren beförderten. Tazirat schrieb, rechnete, stellte Listen zusammen und hielt ganz allgemein Ordnung. Im Herbst hatte ein Pferdezüchter namens Amintor, der Ländereien westlich von Ityke besaß, ihr die Ehe angetragen; offenbar war nichts daraus geworden, oder man hatte alles aufgeschoben.
    Bomilkar schaute sich um und gähnte. Es mußte etwa Mitternacht sein; die Zahl der Feiernden hatte merklich abgenommen. »Begehrst du weitere Unterhaltung?«
    Aspasia zog ihn zur nächsten Treppe. »Man könnte ein paar neue Namen erfinden; wenn du nicht zuviel gegessen und getrunken hast. Danach schlafen«, sagte sie. »Ah, beinahe hätte ich es vergessen. Heute war ein Schreiber in meinem Laden. Ich soll dir ausrichten, daß der Fünf-Herr für Ordnung dich morgen nachmittag zu sprechen wünscht.«
    Bomilkar folgte ihr treppauf. »In deinem Laden? Warum sagt man mir das nicht im Ratsgebäude? Vermutlich, damit der edle Fünf-Herr für Fremdlande nichts davon erfährt, oder?«
    »Sieh dich vor«, sagte sie dumpf. »Es gefällt mir nicht, daß ich jetzt mit einbezogen werde.«

    Als sie sich der Wohnung näherten, sahen sie, daß dort etwas lag. Bomilkar hielt Aspasia fest, sagte: »Warte mal«, drückte sich an ihr vorbei und machte ein paar schnelle Schritte.
    Vor dem schweren Holzladen, der den Zugang zur Wohnung versperrte, lag ein totes Kaninchen, zerschlitzt und ausgeblutet. Ein zweites hing an einem in den Laden gerammten Messer.
    Später, als sie im Dunkeln lagen, murmelte Aspasia:
    »Ob uns trotz der Kaninchen neue Namen einfallen wollen?«
    Bomilkar bewegte die Hand; er gluckste leise. »Mein Iltis will sich in dein Kaninchen verbeißen.«

5. KAPITEL
    » K aninchen?« Laetilius starrte ihn an, erhob sich und ging in den Nebenraum, wo der Nachtbottich stand. Bomilkar hörte, wie der Deckel verschoben wurde; er nahm an, daß der Römer nun die Nase rümpfte und die beiden Kadaver betrachtete.
    Tazirat hatte die schlanken, schmucklosen Hände um die Tonschale gelegt, die Fleischbrühe mit Hirsekörnern enthielt. Aspasia sagte leise etwas auf Punisch, über verheiratete Römer, deren keusche Treue angeblich auch in der Fremde Bestand habe, streifte Bomilkar mit einem Blick und hob die Brauen.
    »Na?«
    Tazirat lächelte; in den dunklen Augen blitzte es, und eben öffnete sie den Mund, um zu antworten, als Laetilius aus dem Nebenraum zurückkehrte.
    »Zuviel Wein«, knurrte er. »Mit der Treue läßt sich umgehen, und die Keuschheit hielt dem Morgen nicht stand. Müssen wir das jetzt bereden?« Er setzte sich und nahm einen Schluck aus seiner Schale. »Das sind die ersten dieser Tiere, die ich sehe. Ich hatte nur davon gehört. Sie kommen aus Iberien, nicht wahr?«
    Tazirat lächelte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Du hast lange Ohren, und deine Punischkenntnisse…«, sagte Bomilkar.
    »Sie haben kürzere Ohren als Hasen; wir haben das Wort kyniklos übernommen – cunniculus .« Laetilius grinste.
    Tazirat leerte ihre Schale. Sie faßte nach dem Silberring, mit dem sie ihr langes dunkles Haar über dem linken Ohr in einer Art Schlangennest befestigt hatte. »Du solltest ein paar Tage fortgehen«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was bei
dieser Sache herauskommt, aber wenn man tote Tiere bei dir hinterlegt, Aspasia, bist du offenbar bedroht. Nicht eigentlich du, aber du als Gefährtin von Bomilkar.«
    Aspasia faltete die Hände. »Fortgehen? Wohin? Was wird mit meinem Laden? Und wovon soll ich leben, wenn ich nicht arbeite?« Sie wandte sich an Bomilkar. »Was meinst du?«
    Er zögerte; jede Antwort schien ihm falsch.
    Laetilius riß ein Stück Brot vom Fladen und wischte seine Schale aus. »Tazirat hat recht. Ich weiß nicht, wie bedrohlich es wirklich wird, aber man sollte sich vorsehen. Außerdem arbeitet Bomilkar besser, wenn er sich nicht um dich sorgen muß.«
    »Wollen wir heute abend darüber reden?« Aspasia wies auf die Wand, hinter der irgendwo die Agora lag. Sie hörten den quäkenden Ton des Stundenhorns. »Der Hüter der Wasseruhr findet, wir sollten etwas tun. Tagsüber, im Laden, wird mir schon nichts geschehen; es sind zu viele Leute auf der Straße unterwegs.«
    »Kannst du nicht wenigstens heute …?« Tazirat seufzte. »Ein Tag mehr oder weniger kann doch weder deinen Reichtum karger noch deine Armut

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