Das Gold von Karthago
»Zwei Männer waren dabei, einer hat euch eben mit hierhergeleitet.« Er nannte den Namen einer Schänke, die Bomilkar nicht kannte; dann fuhr er fort: »Sie haben getrunken und gespielt. Auf dem Heimweg wurden sie niedergeschlagen. Man hat Zirdan mitgenommen und die anderen zurückgelassen.«
Daniel öffnete den Mund, wollte etwas sagen, überließ dann aber Bomilkar das Reden.
»Habt ihr eine Erklärung dafür?«
Gulussa bewegte die rechte Hand; Qadhir trat einen halben Schritt zurück und verschränkte wieder die Arme.
»Die einzige Erklärung, die ich habe«, sagte Gulussa, »wird dir nicht helfen, und mich erfreut sie nicht. Ich weiß auch nicht, warum Lavinius getötet wurde, aber wer immer es getan hat, versucht nun, mich und meine Männer damit zu belasten.«
»Es wäre ein großer Zufall, wenn einer deiner Feinde in den Besitz des Beutels von Lavinius gekommen wäre, ohne etwas mit dessen Tod zu tun zu haben.« Bomilkar kratzte sich den Kopf. »Wer könnte dir warum schaden wollen?«
Gulussa lachte ohne Heiterkeit. »Ich kann dir zehn Namen nennen, oder fünfzig. Du weißt, wie groß die Stadt ist; nicht zu reden von allen Vororten und Dörfern und dem ganzen Hinterland – meine Feinde sind dort, wo ich Geschäfte mache, also überall. Da die wichtigen Dinge hier in Qart Hadasht geschehen, haben sie alle hier Handlanger oder Vertraute.« Er tastete mit Blicken Bomilkars Gesicht ab. »Meine erste Annahme war, daß der Herr der Wächter beschlossen haben könnte, diese große Stadt sei ohne Gulussa ein besserer Ort. Das scheint aber nicht der Fall zu sein.«
»Wir sind alle überflüssig. Jeder von uns würde durch sein Verschwinden die Stadt bereichern. Es liegt aber kein Beschluß gegen Gulussa vor.«
Daniel deutete mit dem Becher auf Gulussa. »Ich nehme dir nicht ab, daß du gar keinen Namen eines Finsterlings nennen kannst. Wen willst du schützen?«
Gulussas Gesicht war undurchdringlich. »Meine eigenen Leute. Es ging mir darum, klarzustellen, daß wir nichts mit diesen beiden Morden zu tun haben. Es erspart euch Zeit, wenn ihr nicht in der falschen Richtung suchen müßt.«
»Das heißt, wenn wir diesen Zirdan aus Arishs Klauen freibekämen, könntest du dich auf einige Namen besinnen. Namen von Leuten, die vielleicht verwickelt sind?«
»Nicht nur das.« Gulussa leerte den Becher; er preßte kurz die Hand auf die Brust und verzog den Mund.
»Was noch?«
»Gib mir Zirdan zurück, dann helfen meine Leute dir, den oder die Mörder zu finden.«
Hasdrubal der Schöne hatte vor Jahren das Haus erworben und umgebaut, in dem sich die wichtigen Männer der Barkiden-Partei trafen; hier hatte Qarthalo seine Schreibstube. Bomilkar und Laetilius trafen ihn dort an, nachdem sie ihn vergeblich im Rat gesucht hatten. Der Führer der Barkiden in Qart Hadasht (die wirklichen Führer waren Hamilkar und Hasdrubal, in Iberien) war etwa vierzig Jahre alt, schlank, trug nur einen luftigen hellen kitun und Sandalen und schreckte bei ihrem Eintreten von einer Liege auf, wo er gegrübelt hatte, wie er gähnend behauptete. Er kniff die buschigen Brauen zusammen.
»Der Herr der Wächter und der Vertreter Roms. Ihr macht mir das Leben nicht gerade leicht. Setzt euch.« Er wies auf ein paar Schemel, die um einen niedrigen Tisch standen.
Laetilius blieb stehen, ließ die Arme locker am Körper baumeln; Bomilkar ging zum Fenster und sah hinab auf den Innenhof. Dort gab es große Kübel mit Zwergpalmen und ein Wasserbecken; aus dem Maul einer steinernen Schlange, die sich um das Becken ringelte, troff Wasser in eine Reihe immer niedrigerer flacher Tonschalen.
»Wenn die unterste voll ist, muß jemand alles wieder hochschöpfen. Oder pumpen?« sagte er.
»Dafür haben wir Sklaven. Was soll das jetzt?« »Für ein schläfriges Grübeln am Nachmittag wäre eine der Liegen dort am Becken doch viel bequemer.«
»Setz dich. Und hör zu.« Qarthalos Stimme war plötzlich scharf und gebieterisch. »Du auch, Römer.«
»Wir haben heute schon so viel gesessen; wir lauschen gern im Stehen.« Bomilkar wandte sich vom Hof ab und
sah den Fünf-Herrn für Ordnung an. Gelassen, wie er hoffte.
»Was sind deine Wünsche?«
»Befehle. Ich wünsche vieles, aber dies hier, obwohl ich es nicht wünsche, werde ich anordnen. Und du wirst gut daran tun, den Befehl sehr schnell auszuführen.« Qarthalo ging einmal zur Kopfseite des langen Raums, machte kehrt und hakte die Daumen in die Gürtelschärpe. »Dieses dumme Spiel dauert
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