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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Vorschrift? Ein römischer Händler wurde ermordet, Rom wurde um Entsendung eines Ermittlers gebeten, ein Feldarbeiter von Hamilkars Gut mußte sterben, ein Mann namens Zirdan, der nichts mit der Sache zu tun hat, wird festgehalten und, wie ich Arish einschätze, gründlich gefoltert. Qarthalo, Führer der Barkiden, macht gemeinsame Sache mit Arish, dem engsten Mitarbeiter von Hamilkars schlimmstem Feind, Hanno dem Großen. Qarthalo, Hüter der Ordnung, gibt Befehle, die gegen das Gesetz verstoßen. All dies ist nur eine kleine Vorschrift ?«
    »Verglichen mit dem, worum es geht, ist es … winzig. Du wirst also nicht aufhören?«

    »Ich würde gern die Abschrift des Briefs sehen, den du mit Arish an den Senat geschrieben hast«, sagte Bomilkar.
    »Auf gar keinen Fall. Hör auf!«
    »Selbst wenn er aufhörte«, sagte Laetilius, »würde ich weitermachen. Weitermachen müssen. Ich habe einen Auftrag von Senat und Volk erhalten. So, wie die Dinge nun aussehen, kann ich nicht heimreisen und behaupten, alles sei klar.«
    Qarthalo stand auf; seine Stimme klang kalt. »Wie ihr wollt. Es kann sein, daß ihr es bereut.«
    »Was?«
    »Nein, ihr werdet es nicht bereuen.« Etwas wie ein eisiges Lächeln kroch über seine Züge und verschwand sofort wieder. »Nicht bereuen. Ihr werdet zu tot sein, um bereuen zu können. Ich will euch nicht schaden, werde aber keine Umwege machen, um euch zu schützen. Geht.«

6. KAPITEL
    M it den beiden Frauen wollten sie sich gegen Sonnenuntergang in einer Schänke treffen. Laetilius sagte, es gelüste ihn danach, ziellos zu schlendern; Bomilkar zogen gewöhnliche Arbeiten, die er in den letzten Tagen vernachlässigt hatte, in die Festung. Zuvor wollte er versuchen, den Richter Budun zu sprechen; er erhoffte sich nicht viel davon, außer der Zusicherung, daß keine Anweisungen ergehen würden, die Ermittlungen einzustellen.
    Buduns Amtsstuben befanden sich in einem Flügel des Ratsgebäudes. Als Bomilkar eintrat, begegnete er Buduns Mitarbeiter Hannibal, der ein schwach zu ahnendes Lächeln schnell unterdrückte, zwinkerte und dann mit lauter, kalter Stimme sagte: »Bomilkar, Herr der Wächter – ein zur Zeit unbeliebtes Wesen. Was führt dich her?«
    »Die Bitte um eine Unterredung mit dem edlen Budun.«
    »Was auch sonst?« Hannibal wies auf einen Schemel. »Warte hier; ich will sehen, ob …«
    Bomilkar ließ sich nieder. Hannibal verschwand in einem Durchgang. Es dauerte nicht lange, bis er zurückkam.
    »Der edle Budun ist ungern bereit, dich kurz zu empfangen. Folge mir.«
    Sie durchquerten ein großes Zimmer, in dem vier Schreiber mit Papyros und Wachstafeln beschäftigt waren. Ein schwerer dunkelroter Vorhang schirmte Buduns eigentlichen Arbeitsraum ab. Selten hatte Bomilkar einen derart übervollen Raum gesehen. An allen Wänden, sogar zwischen den Fensteröffnungen, standen deckenhohe Gestelle voller Rollen. Der Boden – Fliesen aus gebranntem Ton – war belegt mit dunkelroten und braunen Teppichen; teils darauf, teils zwischen ihnen stapelten sich Schreibtafeln, bewacht von zwei Löwenfellen mit vollständigen Köpfen,
die die Zähne bleckten. Körbe mit Schriftrollen umgaben den sieben Schritte langen Tisch, hinter dem der Richter saß.
    Buduns Gesicht, rissig wie ein ausgetrocknetes Flußbett, schien aus verschiedenen Gebrauchsgegenständen zusammengesetzt: die Nase eine Sichel, die Brauen Bürsten, das Kinn ein Keil. Die eingefallenen Wangen und der schmale, zu einem Strich gepreßte Mund verrieten, daß der Mann nicht mehr viele Zähne haben konnte. Aber die Augen waren scharf, kalt und klar.
    »Was willst du?« Keine Begrüßung, kaum eine Regung, nur die kleinstmögliche Öffnung des Mundes, um in der Kehle erzeugte Töne hinauszulassen.
    »Gruß und Wohlergehen, Hüter der Gesetze.« Bomilkar neigte den Kopf. »Die Suche nach Erhellung bringt mich her, die Hoffnung, ein Licht im Dunkel zu finden.«
    Budun starrte ihn an. Die Finger der Rechten, die einen Stempel hielt, zuckten über der Tischplatte. Bomilkar nahm dies als Befehl weiterzusprechen.
    »Ein toter Römer. Ein Schreiben nach Rom, das die Entsendung eines Ermittlers erbittet. Ein toter Landarbeiter. Ein kleiner Schuft, niedergeschlagen und mit einem Beutel versehen, der Ring und Stempel des toten Römers enthält. Die Fünf-Herren für Fremdlande und Ordnung, ansonsten verfeindet, unterzeichnen gemeinsam das Schreiben nach Rom, ordnen Ermittlungen an und versuchen sie zu verbieten, noch ehe sie richtig begonnen

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