Das Gold von Karthago
an der Küste bei Hadrymes.«
»Das Haus steht also leer?«
Zililsan verzog das Gesicht. »Das wäre schön und einfach. Nein, es steht nicht leer. Solange Jehaumilk es nicht braucht, hat er es einem Enkel überlassen. Mutumbal, Händler, Eigner dreier Schiffe. Keine bedeutende Gestalt, nicht im Rat, allerdings…« Zililsan machte eine gewichtige Pause.
»Und was?«
»Seine Gemahlin ist die Schwester des edlen Hiyarbal.«
Bomilkar setzte sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ah. Oho.«
»Du sagst es. Die zweite Nachricht, frisch aus dem Ratsgebäude; sie wird zweifellos sehr bald schriftlich hier eingehen. Richter Budun ist sterbenskrank; er hat gestern abend Fisch gegessen. Angeblich war der Fisch nicht mehr gut. Es kann aber auch sein, daß einer der Tischgenossen Pulver gestreut hat.«
»Das ist übel. Wie schlimm?«
Zililsan hustete. »Ah. Die trockene Luft. – Wie schlimm? Man weiß es nicht genau; jedenfalls haben die obersten Richter einen anderen mit den von Budun behandelten Dingen betraut. Den Namen hab ich vergessen – Achiqar? Kann sein; er hat angeordnet, sozusagen als allererstes, daß du dich nicht um tote Römer und anderen Unsinn kümmern sollst, sondern die beklagenswert trübe Ordnung der Straßen zu verbessern hast.«
»Wenn das noch nicht die schlechteste Nachricht war, dann sprich jetzt bitte ganz sanft zu mir.«
Zililsan tätschelte ihm den Kopf. »Die schlechteste Botschaft stammt von Qadhir. Also wahrscheinlich von Gulussa. «
»Wo steckt er?«
»Gulussa? Weiß ich nicht. Und Qadhir war im Karrenschuppen, mit Schleier vor dem Gesicht; er will nicht durch die Stadt laufen. Er sagt, er hatte dir auszurichten, daß du einige Kehlen vor der Zerschlitzung bewahren kannst. Du und der Römer – wo steckt er eigentlich?«
»Ich hab ihn in Aspasias Bett gesteckt; er schläft.«
»Beneidenswert. Dies ist die Botschaft: Bomilkar und Laetilius stellen die Suche ein und reisen nach Westen. Im Hafen von Igilgili werden sie auf einem Schiff zwei Frauen finden. Sobald ihr Igilgili erreicht habt, werden Gulussa und alle anderen freigelassen. Wenn ihr nicht reist, sterben nicht nur die Frauen.«
Bomilkar starrte ihn an, reglos.
»Ah, er hat noch etwas gesagt. Du bist heute abend zum Essen verabredet, sagt er.«
»Das stimmt, aber woher weiß er das?«
»Nicht er, sondern die, die ihn schicken. Er sagt, er wird dorthin kommen – wo immer das ist; mir sagt ja keiner was – und zusehen, wie man dir als Zeichen des guten Willens ein besonderes Geschenk überreicht.«
8. KAPITEL
D ie Grotte der säuerlichen Genüsse lag in der Nähe der Agora, an einem kleinen Platz, den ein Bogengang mit der Großen Straße verband. In der Umgebung wohnten Ratsdiener, Schreiber, Händler und Angehörige aller möglichen kleineren Gewerbe; sie stellten auch den größten Teil der Kundschaft der Schänke, die angeblich über einem alten Richtplatz erbaut war. Man erreichte den Gastraum – ein im Sommer angenehm kühles, im Winter von Eisen- öfen beheiztes Gewölbe – über eine Treppe vom Platz aus; durch die Fensteröffnungen sah man die Füße der Leute, die draußen vorbeigingen.
Antigonos kam fast gleichzeitig mit Laetilius und Bomilkar an; Daniel ließ sich zunächst nicht blicken.
»Wir werden nicht auf ihn warten«, sagte der Herr der Sandbank. »Ich habe Hunger, und ihr braucht sehr schnell Stärkung für die Reise – nach allem, was ich gehört habe.«
»Was hast du denn schon gehört?« Bomilkar traute seinen Ohren kaum. »Wir selbst wissen es doch erst seit, ah, vorhin.«
Noch war es nicht ganz dunkel; der Wirt zündete eben die letzten Fackeln an, die in Bronzefäusten an der Wand steckten und Flackerpfützen auf die spiegelglatten Tische gossen. Neun der elf Tische waren besetzt, mit insgesamt vierundzwanzig Gästen. Laetilius betrachtete die Frauen und Männer; die meisten trugen bunte Umhänge und flache Kappen aus Filz. Mit einem Seitenblick bemerkte Bomilkar die Neugier des Römers (ein Mann mit drei großen Ringen in jedem Ohr und einer hohen spitzen Mütze aus schillerndem Stoff schien es ihm besonders angetan zu haben), wandte sich jedoch dem Bankherrn zu.
»Was hast du gehört, Herr?« wiederholte er.
Antigonos rieb sich den linken Nasenflügel. »Zuviel und zuwenig.« Er beugte sich vor. »Es scheint einen Krieg der edlen Herren Schurken zu geben – irgendwer gegen Gulussa, und um sich mit Gulussa anzulegen, muß man schon etwas aufbieten. Offenbar haben die
Weitere Kostenlose Bücher