Das Gold von Karthago
ein Teil der Dinge seien, aber einer der Gründe, jedem Römer zu mißtrauen, zum Beispiel Titus Laetilius. Oder auch Marcus Lavinius, den man gut behandelt und von allen wesentlichen Vorgängen ferngehalten habe.
»Zwei Botschaften kamen heute«, fuhr Hamilkar fort. »Die erste heute früh, bevor du mit dem Römer aufgetaucht bist; sie stammt von Hasdrubal, der Mißtrauen
gegenüber Laetilius empfiehlt und vorschlägt, wegen der Ereignisse in Qart Hadasht die Ausgabe unserer Münzen zu verzögern.«
Bomilkar hob die Hand. »Um Vergebung, Herr, aber gibt es da einen Grund?«
Hamilkar runzelte die Stirn und blieb stehen; er starrte auf Bomilkar herab. »Grund? Ich weiß nicht, ob es ein Grund ist. Hasdrubal hat ein feines Gespür für politische Abläufe, und er meint, es handelt sich um einen solchen. Einen politischen Ablauf. Lassen wir die Einzelheiten beiseite, aber ihn betrübt ein wenig der Zufall. Ihr solltet, wie ihr sagt, vierzig Tage lang Qart Hadasht meiden, nicht wahr? Unser Freund Antigonos mußte plötzlich in unvorhergesehenen Geschäften durch Numidien reiten. Nederbal, der nie genug Geld hat, bespricht abends mit einem Fremden irgendwelche Geschäfte, zu denen jemandes Einwilligung nötig wäre – meine, nehme ich an, da Nederbal mein Verwalter ist. Lavinius wurde getötet; bei den Dingen, die man ihm geraubt hat, war ein Prägestock für unsere neuen Münzen. Er hatte Mängel, du hast ja diesen Nasenauswuchs gesehen; aber das wissen die Mörder nicht. Als man den Mord einem kleinen Handlanger von Gulussa anhängt und ihm dazu gewisse Dinge aus Lavinius’ Besitz unterschiebt, ist der Stock nicht dabei. Vierzig Tage, sagt ihr? Wenn Hasdrubal richtig gerechnet hat, ist das kurz nach dem fünfzehnten Du’uzu, dem Tag der Sommersonnenwende, an dem wir beginnen wollten, die Münzen auszugeben.«
»Wer wußte das?« sagte Rushan.
»Unsere Leute im Rat. Der Rat von Qart Hadasht, ganz allgemein; ohne Zustimmung der Mutterstadt können wir so etwas nicht machen.« Er schnaubte. »Das heißt, wir können schon, aber es wäre unklug.«
»Aber wie kann das alles zusammenhängen?« Bomilkar kratzte sich den Kopf. »Eure Münzen, die Geschäfte des Herrn der Sandbank, Lavinius, all das?«
Hamilkar seufzte. »Ich weiß es nicht, aber es mißfällt mir. Hasdrubal, wie gesagt, hat die feine Nase. Und wenn es ihm mißfällt, ist das für mich Grund genug, vorsichtig zu sein. Ihm mißfällt es aber nicht nur, ihn erschreckt es.«
Nach kurzem Bedenken schüttelte Bomilkar den Kopf. »Ich verstehe es nicht, Herr, aber ich bin ja nur ein kleiner Ordnungshüter. Und die zweite Botschaft?«
»Ah. Die zweite Nachricht kam gegen Mittag, als du mit dem Römer wieder gegangen warst. Sie ist… lausig. Eigentlich zwei Nachrichten, die zusammengehören. Ihr werdet alle aufbrechen.«
»Zweifellos wirst du gleich sagen, weshalb und wohin; aber wer ist ›ihr alle‹?«
»Ihr zwei, dieser Mann von Gulussa und Laetilius. Und ein paar hundert Reiter. Nicht weit von hier gibt es eine alte, befestigte Tempelanlage; dort haben wir die Geiseln untergebracht: Söhne und Töchter von Fürsten, deren Treue nicht über alle Zweifel erhaben ist. Einzelheiten später, unterwegs. Ein Verräter hat feindlichen Iberern das Tor geöffnet, und sie haben die Anlage eingenommen. In drei Stunden brecht ihr auf. Alle.«
Rushan nickte, als habe sie nichts anderes erwartet.
»Deine Klugheit und Befehlsgewalt seien unbezweifelt – aber was sollen wir alle dort?« sagte Bomilkar.
»Ihr müßt zurück nach Malaka, der Tempel liegt beinahe am Weg. In einem kleinen Gefecht kannst du vielleicht die Zuverlässigkeit deines Römers prüfen. Und ein Teil der Reiter wird dich nach Numidien begleiten – ich befürchte, weil Hasdrubal es befürchtet, daß dort ein paar Schwerter nötig sein könnten.«
»Und Rushan?« Bomilkar legte ihr eine Hand auf den Arm. »Nichts gegen angenehme Begleitung, aber wozu?«
Hamilkar grinste. »Sie ist Hasdrubals bester Mann in Kastulo, gewissermaßen. Sie kennt alle Geiseln, versteht alle Sprachen und wird dem neuen Verwalter helfen, alles zu ordnen.«
»Wer hat den Befehl? Reitest du selbst?«
»Ich reite, aber nach Norden. Das war der zweite Teil der zweiten Botschaft; ein Vettonenfürst, der hinter all dem steckt, sammelt ein Heer, um nach Kastulo zu ziehen; ich möchte ihn gern überraschen.« Hamilkar bleckte die Zähne. »Aber ich schicke meine rechte Hand und meinen rechten Arm los, meinen besten
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