Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Oder später.«
    »Je nachdem etwa?«
    Der Ältere grinste. »Das ist vermutlich die genaueste Auskunft, die jemand geben kann.«

    Bomilkar ließ seine Sachen in der hinteren Kammer und lief eine Weile über das Gelände nordwestlich des Markts, wo die Besitzer der Pferde und Kamele mit den Wettmeistern über Einsätze und Absprachen stritten. Da er dort niemanden sah, der ihm viel hätte sagen können, kehrte er bald zurück zur Wachstube, kritzelte eine Nachricht für Autolykos auf einen Papyrosfetzen und ging in die Stadt.
    Kurz nach Mittag, die heißeste Zeit; die Große Straße war fast leer, bis auf ein paar Bettler, die im kargen Schatten von Krüppelbäumen hockten, und streunende Hunde, deren Beschaffenheit auch den geizigsten Schankwirt nicht an den Bratofen würde denken lassen. Bomilkar fand die Stadt ein wenig stickig, aber nicht so zermürbend wie langes Reiten durch von der Sonne versengte Hochtäler. Er wußte, daß er nach Pferd und Bergen und Wüste stank, dringend ein Bad und frische Kleidung brauchte, langen Schlaf, gutes Essen – aber er fühlte sich wohl. Nach und nach begriff er, daß es ein Gefühl von Heimkehr war. Was immer in den Schatten der Stadt lauern, ihn aus den Winkeln der Nacht anspringen mochte … »Es ist Qart Hadasht, es ist gut«, murmelte er.
    Aspasias Werkstatt war verschlossen; er fuhr mit dem Finger über die Holzläden und Riegel: Sie waren nicht verstaubt. Wahrscheinlich aß sie irgendwo zu Mittag; er kannte drei Dutzend Garküchen, die dafür in Frage kamen, und verspürte nicht die geringste Lust, alle abzusuchen; bis dahin wäre Aspasia vermutlich zurück. Ein Blick vom Torbogen zum Innenhof des Wohnblocks sagte ihm, daß sie nicht zu Hause war; auch dort, oben, war der Eingang mit Holzläden versperrt.
    Im Karrenschuppen fand er Zililsan; der Libyer saß im Schatten, zwischen zwei halbfertigen Karren an eine Säule des Bogengangs gelehnt, trank durch einen Strohhalm aus einer ausgehöhlten Frucht etwas, das wie ein mit wenig Wein versetzter Kräuteraufguß roch, und schnitzte an einer Weichholzfigur herum: ein Mann, Gott oder Halbgott mit
Segelohren, drei Brustwarzen und gewaltigem Phallos, unter dem statt eines Säckchens ein Borstenball hing.
    »Häuptling!« Zililsan klang wie alle Erleichterung von hundert Leuten, denen bedeutende Gunst zuteil geworden ist. »Du lebst! Ah, ich …« Er ließ alles fallen, sprang auf und umarmte Bomilkar.
    »Wieso sollte ich nicht leben?«
    »Ach, Gerüchte … Und Iberien ist weit.«
    »Was für Gerüchte?«
    Zililsan wies auf zwei Kissen; offenbar hatte er nicht den ganzen Vormittag allein zwischen den Karren gehockt. »Setz dich – im Sitzen redet sich besser. Hast du Hunger? Durst?«
    »Laß mich ein wenig an deinem Aufguß saugen; und erzähl, was es zu erzählen gibt.«
    »Nicht viel – oder reichlich, wie man’s nimmt.« Zililsan schob ihm die hohle Frucht hin und hob Figur und Schnitzmesser auf, um sie sicher auf einem Karrenrand niederzulegen.
    Dann berichtete er. Aspasia und Tazirat seien zwei Tage nach Bomilkars und Laetilius’ Abreise aufgetaucht, mitten am Tag; sie wußten nicht, wo man sie gefangengehalten hatte. Man habe sie die ganze Zeit über gefesselt und mit verbundenen Augen in einem kühlen Gewölbe untergebracht, ansonsten gut behandelt, aber kaum mit ihnen gesprochen. Sie hätten keine bekannten Stimmen gehört.
    Gulussa bleibe verschwunden; es gebe lediglich Hinweise darauf, daß er tot sei – in den vergangenen zwanzig oder dreißig Tagen habe der Herr der Pferderennen, Boshmun, einen Teil von Gulussas Besitzungen, Schänken, Dirnen übernommen, nicht ohne Blutvergießen.
    »Wir haben uns da herausgehalten«, sagte Zililsan mit einem schrägen Lächeln, »ebenso die Ordner. Es war ein kleiner Krieg unter den Fürsten des Abschaums. Ich glaube, Autolykos hat nur versucht, ein Übergreifen auf andere Gegenden und Schichten zu verhindern.«

    »Und die Frau?«
    »Tigalit? Verschwunden. Jemand behauptet, sie irgendwann in der Abenddämmerung nahe der Byrsa gesehen zu haben, aber…« Er breitete die Arme aus. »Das weiße Ungeheuer, so haben sie sie genannt. Sie bestand… na ja, besteht vielleicht noch immer nur aus Muskeln und Niedertracht, wie es heißt; nicht leicht umzubringen, aber man weiß ja nie.«
    »Starke Muskeln helfen nicht gegen ein Messer von hinten.«
    »Du sagst es, Häuptling.« Zililsan hob den rechten Zeigefinger. »Eines wissen wir inzwischen: Wir kennen die Namen der Männer, die

Weitere Kostenlose Bücher