Das Gold von Sparta
sich in die vom Hotel bereitgelegten flauschigen Frotteebademäntel, bestellten beim Zimmerservice eine Kanne Kaffee und machten es sich auf dem Balkon bequem, der ein eindrucksvolles Seepanorama bot. Da die Sonne bereits hinter den Bergen im Westen versank, legte sich ein goldener Schimmer auf den See, während die Luft merklich abkühlte. Touristen schlenderten durch die Straßen, betrachteten die Schaufensterauslagen der zahlreichen Läden oder fotografierten den Hafen.
Sam aktivierte sein iPhone und wählte sich in die Satelliten-Internetverbindung des Hotels ein. »Da ist etwas von Selma«, sagte er und warf einen Blick in seine E-Mail. Mit der für sie typischen Effizienz hatte sie Informationen über Xerxes I. und das Achämenidenreich zusammengestellt, und zwar einmal in gedrängter Form und zum anderen als erschöpfende Abhandlung. Sam schickte beides auf Remis iPhone – und nun verbrachten sie die nächste halbe Stunde damit, sich über den legendären persischen König kundig zu machen.
Als achter überlieferter Herrscher des Achämenidenreichs gelangte Xerxes I. im Alter von vierunddreißig Jahren auf den Thron und vergeudete keine Zeit, um seinem kriegerischen Ruf sofort gerecht zu werden, indem er zuerst eine Revolte in Ägypten niederschlug, danach in Babylon, wo er das Babylonische Reich für abgeschafft erklärte, das goldene Götzenbild Bel-Marduks verschwinden und einschmelzen ließ und so die spirituelle Basis Babylonien zerstörte.
Zwei Jahre später richtete Xerxes seinen Zorn gegen die Athener, die dem Achämenidenreich einen empfindlichen Schlag versetzt hatten, indem sie den Versuch von König Dareios I., die Herrschaft über ganz Griechenland an sich zu reißen, in der Schlacht von Marathon vereitelten.
Im Jahr 483 v. Chr. begann Xerxes mit den Vorbereitungen für eine Invasion Griechenlands, indem er zwei Landbrücken über den Hellespont bauen ließ und die Anlage eines Kanals durch die Halbinsel Athos beendete, die sein Vater Dareios begonnen hatte.
Von Sardis aus marschierten Xerxes und sein Heer nach Norden durch Thrakien und Makedonien, bevor sie bei den Thermopylen von König Leonidas und seinen Spartanern aufgehalten wurden, die jedoch trotz heftigster Gegenwehr bis auf den letzten Mann im Kampf fielen. Nunmehr ungehindert, zog Xerxes weiter in Richtung Süden hinunter bis zur Küste, wo er Athen, nachdem die Stadt von ihren Verteidigern aufgegeben worden war, plünderte und weitgehend zerstörte. Dies sollte jedoch der größte Erfolg von Xerxes’ Invasion bleiben; kurz danach verlor er in der Schlacht von Salamis fast seine gesamte Kriegsflotte, und schließlich wurden sein Landheer in der Schlacht von Plataiai und die überlebenden Schiffsbesatzungen seiner Flotte in der Schlacht von Mykale nahezu vollständig aufgerieben.
Er stellte die Reste seines Heeres unter das Kommando eines seiner Generäle, Mardonius, und zog sich nach Persepolis, in die Hauptstadt des antiken Persiens, zurück, wo er sich für den Rest seines weiteren Lebens vielfältiger politischer Intrigen erwehren musste. Schließlich wurde er vom Hauptmann seiner Wache ermordet, vermutlich auf Geheiß seines eigenen Sohnes, Ataxerxes I., der im Jahr 464 v. Chr. den Achämenidenthron bestieg.
»O, was für ein Durcheinander«, sagte Remi, nachdem sie die Lektüre beendet hatte.
Sam, der zehn Sekunden nach ihr fertig wurde, blickte auf und meinte: »Mr. Xerxes gehört nicht gerade zur netten Sorte.«
Remi grinste. »Tut das überhaupt einer von diesen Typen?«
»Nicht viele. Wenn wir Xerxes’ Biografie nach Hinweisen auf das durchsuchen, was Bondaruk unbedingt in seinen Besitz bringen will, fällt mir zuerst dieses Götzenbild Bel-Marduks aus Babylonien auf. Aber dies wurde doch offensichtlich eingeschmolzen.«
»Und wenn sich die Historiker irren? Wenn er nur eine Kopie eingeschmolzen hat, das Original jedoch mitnahm und irgendwo verlor?«
»Das wäre möglich.« Sam tippte eine kurze E-Mail an Selma. Als Antwort erhielt er ein paar Minuten später die Nachricht »Werde das sofort überprüfen.«
»Okay, noch andere Möglichkeiten?«
»Offenbar ging es für Xerxes nach seiner Invasion Griechenlands rapide bergab. Er legte das Kommando über sein Heer nieder, kehrte nach Hause zurück, hing ein paar Jahre lang untätig herum und wurde dann ermordet. Vielleicht hat er während seines Feldzugs ja irgendetwas verloren, das seiner Meinung nach seine Macht gebrochen hat.«
»Und Bondaruk glaubt, wenn er
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