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Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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Grabsteine und Grüfte herum. Am Himmel, der hingegen völlig klar war, stand ein strahlender Vollmond.
    »Okay, ich gebe hiermit zu, dass mir nicht ganz geheuer ist«, sagte Remi und blickte angestrengt durch die Windschutzscheibe, während Sam den Wagen vor dem Tor stoppte. Er schaltete den Motor aus und löschte die Scheinwerfer. Irgendwo in den Bäumen rief zweimal eine Eule, dann herrschte Stille. »Alles, was uns jetzt noch fehlt, sind heulende Wölfe«, flüsterte sie.
    »Auf Elba gibt es keine Wölfe«, erwiderte Umberto. »Nur wilde Hunde. Und Schlangen. Viele Schlangen.«
    Der Friedhof schien völlig planlos angelegt – ohne Rücksicht auf Raumaufteilung oder Symmetrie. Grabsteine ragten kreuz und quer aus dem Unkraut, einige nur einen kleinen Schritt von ihrem Nachbarn getrennt, während Grüfte aller Formen und Größen unterschiedliche Stadien des Verfalls offenbarten, zerbröckelnd oder von Pflanzen überwuchert oder längst vollkommen in sich zusammengefallen. Im Gegensatz dazu waren mehrere Grabmäler mit frischer Farbe versehen, dazu gab es wahre Inseln sorgfältig gestutzten Rasens und gepflegter Blumenrabatte.
    »Von bürgergerechter Planung hat man hier wohl noch nichts gehört, oder?«, fragte Sam.
    »Der Friedhof existiert in dieser Form schon so lange, dass die Verwaltung es einfach nicht wagt, in irgendeiner Form einzuschreiten«, sagte Umberto. »Tatsache ist, dass ich mich nicht erinnern kann, wann hier das letzte Mal eine Beerdigung stattgefunden hat.«
    »Wie viele Tote liegen hier?«
    »Mehrere hundert, denke ich. Einige Gräber sind sehr tief, andere nur flach. Man hat die Toten hier regelrecht übereinandergestapelt.«
    »Wo ist Laurents Gruft?«, wollte Remi wissen.
    Umberto beugte sich vor und deutete durch die Windschutzscheibe. »Das da hinten in der Ecke, mit dem Kuppeldach.«
    Sam sah auf die Uhr. »Es wird allmählich Zeit, einmal ausgiebig zu testen, wie gut sich der Lancia im Gelände macht.«
    Er ließ den Motor an, setzte auf dem Schotterweg ein Stück zurück, kurbelte am Lenkrad und fuhr den Wagen auf die Wiese, deren hohes Gras am Unterboden entlangwischte. Sam folgte dem Zaun bis zum hinteren Teil des Friedhofs und stoppte schließlich hinter Laurents Gruft. Wieder schaltete er den Motor aus.
    »Wohin führen die?«, wollte Sam von Umberto wissen und deutete an Remi vorbei aus dem Beifahrerfenster. Etwa siebenhundert Meter entfernt verschwanden zwei Fahrspuren über den Berg in den Wäldern dahinter.
    »Ich habe keine Ahnung. Das ist eine alte Bergwerksstraße. Sie wurde seit fünfzig, sechzig Jahren nicht mehr benutzt – seit der Zeit vor dem Krieg nicht mehr.«
    Remi zitierte eine Zeile aus einem der bekanntesten Gedichte von Robert Frost, indem sie murmelte: »Ein wenig begangener Weg.«
    »Aber nicht mehr lange«, meinte Sam.
    Er öffnete die Tür und stieg aus. Remi und Umberto folgten ihm. Zu Remi sagte er: »Warum wartest du nicht hier? Setz dich hinters Lenkrad und halte die Augen offen. Wir brauchen nur eine Minute.«
    Er und Umberto gingen zum Zaun und stiegen darüber.
    Verglichen mit einigen ihrer Nachbarn war Laurents Gruft eher klein, nicht viel größer als ein begehbarer Kleiderschrank, kaum einen Meter dreißig hoch. Doch als sie zur Vorderseite kamen, erkannte Sam, dass das Bauwerk ein ganzes Stück ins Erdreich eingesunken war. Drei mit Moos bewachsene Treppenstufen führten zu einer nur grob behauenen Holztür. Sam holte eine LED-Mikroleuchte aus der Tasche und richtete den Lichtstrahl auf das Schloss, während Umberto den Schlüssel hineinschob. Passend zum Nebel, den Eulenrufen und dem Vollmond knarrten die Angeln leise, als Umberto die Tür öffnete. Er drehte sich zu Sam um und lächelte nervös.
    »Passen Sie draußen auf«, sagte Sam.
    Er ging die Stufen hinunter, dann durch die Tür und stand vor einem Vorhang aus Spinnweben. Im blauweißen Licht seiner Mini-Taschenlampe huschten Spinnen über das Netz und suchten sich ein sicheres Versteck. Indem er eine Hand wie eine Klinge benutzte, teilte Sam den Vorhang senkrecht in der Mitte. Verdorrte Fliegen- und Mottenkadaver rieselten auf den Steinboden. Sam betrat die Gruft.
    Der Innenraum war etwa einen Meter fünfzig tief und zwei Meter fünfzig breit und roch nach Staub und Rattenexkrementen. Von rechts hörte er ein leises Kratzen von Klauen auf Stein, dann Stille. In der Mitte stand der Sarg, der von jeglichen Zeichen und Verzierungen frei war. Er befand sich auf einer etwa einen Meter hohen

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