Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
Vom Netzwerk:
die Sprosse unter seinem untersten Fuß. Er rutschte ruckartig abwärts, klammerte beide Hände um die Leiterholme und bremste seinen Fall, doch die abrupte Gewichtsverlagerung war für die Leiter zu viel – sie verschob sich zur Seite. Mit einem Quietschen und einem leisen Knall gaben die Eisenanker nach, und Sam spürte, wie er abstürzte. Er spannte sich, ehe er mit dem Rücken auf dem Steinfußboden landete.
    »Sam!«, flüsterte Remi besorgt, kam eilig zu ihm und kniete sich hin.
    Sam stöhnte, blinzelte heftig und richtete sich dann auf den Ellbogen auf.
    »Bist du okay?«, fragte sie.
    »Ich glaube schon. Nur mein Stolz ist ein wenig angeknackst.«
    »Und dein Steißbein.«
    Sie half ihm auf die Füße.
    Vor ihnen lag die Leiter in Trümmern. Die Holme waren auseinandergebogen, und die Sprossen ragten haltlos in die Luft.
    »Na ja«, sagte Remi, »jetzt wissen wir wenigstens, auf welchem Weg wir ganz sicher nicht von hier wegkommen.«
    »Du findest aber auch in jeder noch so prekären Lage immer etwas Positives«, stellte Sam anerkennend fest.
    Remi knipste ihre LED-Lampe an, dann sahen sie sich um. Hinter ihnen befand sich eine Felsmauer. Dafür tauchte vor ihnen ein Korridor, kaum größer als Sam, in die Dunkelheit. Im Gegensatz zu den Außenmauern des Forts waren die Steine hier dunkelgrau, roh behauen – und wiesen Meißelspuren auf, die mehr als vierhundert Jahre alt sein mochten. Dies war die obere Verliesebene, eine weitere befand sich unter ihnen, und darunter waren dann die Oubliettes – das Reich der Vergessenen.
    Remi schaltete ihre Minilampe aus. Hand in Hand drangen sie in den Korridor vor.
    Als sie zwanzig Schritte zurückgelegt hatten, knipste Sam seine Lampe an, blickte sich um und schaltete sie wieder aus. Er hatte kein Ende des Tunnels erkennen können. Zwanzig Schritte weiter spürte er, wie Remi seine Hand drückte.
    »Irgendwo habe ich ein Echo gehört«, flüsterte sie. »Es kam von links.«
    Sam knipste seine Lampe an und blickte in einen Tunnel, an den zwölf Zellen grenzten, jeweils sechs auf beiden Seiten. Aus Sicherheitsgründen waren die eisernen Türgitter entfernt worden. Sie betraten die nächste Zelle und sahen sich um.
    Während sie die Dunkelheit, die in den Korridoren und Tunnels herrschte, schon als zutiefst bedrückend empfanden, war die Finsternis in den winzigen Zellen geradezu albtraumhaft. Sie hatten gehört, dass die Fremdenführer des Chateaus die Besucherscharen gerne in Dreier- oder Vierergruppen aufteilten, dann ihre Lampen löschten und ihre Schäfchen in vollkommener Stille die Dunkelheit auf sich einwirken ließen. Obwohl Sam und Remi solche und ähnliche Situationen schon mehrmals erlebt hatten – zum Beispiel erst kürzlich auf Rum Cay –, erzeugten die Zellen des Chateau d’If ein einzigartiges Gefühl der Bedrohung, so als teilten sie die Räume der Festung mit den immer noch eingekerkerten Seelen der längst verstorbenen Häftlinge.
    »Das reicht jetzt«, sagte Sam und kehrte in den Hauptgang zurück.
    Den nächsten Tunnel fanden sie ein Stück weiter den Gang hinunter auf der rechten Seite. Dieser war deutlich länger und enthielt zwanzig Zellen. Sie gingen jetzt etwas schneller, passierten einen Zellengang nach dem anderen, erreichten das Ende des Ganges und blieben vor einer massiven Holztür stehen. Sie war geschlossen, besaß jedoch weder einen Riegel noch ein Schloss. Neben der Tür hing ein Schild mit der Aufschrift DURCHGANG FÜR UNBEFUGTE VERBOTEN.
    »Warum kein Schloss?«, fragte Remi laut.
    »Wahrscheinlich damit sich Touristen, die sich verlaufen haben, nicht irgendwo einschließen können, wo sie nichts zu suchen haben.«
    Er steckte den Finger in das Loch, in dem sich der Riegel befunden hatte, und zog vorsichtig … Die Tür öffnete sich einige Zentimeter weit. Die Türangeln quietschten. Er hielt inne, dann holte er tief Luft und zog sie ganz auf.
    Remi zwängte sich durch den Spalt, er folgte ihr und zog die Tür hinter sich zu. Einige Sekunden lang rührten sie sich nicht und lauschten, dann legte Remi eine Hand um ihre Lampe und schaltete sie an. Sie standen auf einem Treppenabsatz, der gut einen Quadratmeter groß war. Rechts neben der Tür befand sich eine Brüstung. Hinter ihnen führte eine weitere Wendeltreppe in die Tiefe. Sie blickten über die Brüstung.
    Der Lichtstrahl der Lampe verlor sich nach zehn Treppenstufen in der Dunkelheit.

32
    Indem sie den weißblauen Lichtstrahlen ihrer LED-Lampen folgten, tasteten sie sich

Weitere Kostenlose Bücher