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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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es mich interessiert, wer...«
    »Was mich interessiert«,
unterbricht Stutterbold und will endgültig von dem heiklen Thema weg, »wer hat
Ihnen denn die herrliche Orchidee geschenkt?«
    »Tscha«, macht die Radken und
fällt prompt ‘rein auf den Trick, »da raten Sie mal.« Sie lächelt spitzbübisch,
kneift ein Auge zu und schnuppert genüßlich an der streng riechenden Cattleya.
    »Mamusch, was hast du ohne mich
getrieben in Lissabon? Keine Minute darf man so eine Witwe allein lassen. Also,
wer war der Blumenknabe?«
    »Du liebes bißchen. Warum soll
mir ein Mann nicht mal eine Orchidee schenken«, sagt sie in einem Ton, als
bekomme sie frische Orchideen täglich zum Frühstück, »und außerdem, mit
Schauspielern, da hatte ich schon immer einen Spontankontakt.«
    »Was denn, der Greifer? Mönsch,
hast du noch Chancen, Mamusch, und so was in deinem Alter«, sagt Erika mit dem
brutalen Charme der Jugend.
    »Kompliment, liebe gnädige
Frau, das nenne ich eine Eroberung.« Auch Stutterbold lobt. Und amüsiert sich
gleichzeitig. Wenn der alte Schmierenkomödiant was von dem Erbe spitz gekriegt
haben sollte, hat er auf das falsche Pferd gesetzt. Die Chancen, daß Mütterchen
Radke den Kopf vorn hat am Ziel, stehen 100 zu 1. Lassen wir ihm die Illusion.
Ungefährlich, der Herr. Gefährlich dagegen war nach wie vor der Erste Offizier.
In einer Kutsche sollen die beiden durch Lissabon gefahren sein, wie in einem
Kitschfilm, soviel hatte ihm Erika berichtet. Hier müßte bald etwas geschehen,
was Radikales, was Endgültiges...
    »So Kinderchen, nun staunt man
noch ein Weilchen weiter, ich geh inzwischen Gassi mit Mrs. Brown und Mr.
Miller.« Annegret Radke schnappt sich gut gelaunt die Hundeleine und hakt das
Ende der Leine in die diamantenbesetzten Halsbänder, die so echt sind, daß
niemand sie dafür hält.
    Sie steigt den Niedergang
hinunter und passiert den langen teppichbelegten Gang. Die Hunde zerren an der
Leine. Sie wollen auf das Promenadendeck, wo sie gestern einen Königspudel
kennengelernt haben von ausgesuchten Manieren.
    »Brav, brav, brav, Hundibundi!«
sagt die Radken, »Frauchen will nur Blümi in Vasi stellen.«
    Mrs. Brown überlegt, ob sie
diesem idiotischen Frauchen in die Wade beißen soll, das aber könnte
Scherereien geben, und mit dem Pudel wäre es Essig.
    Frau Annegret schließt die Tür
der Doppelkabine auf, die sie zusammen mit ihrer Tochter bewohnt. Sie geht ins
Badezimmer. Morgen abend auf dem Bordfest soll die Orchidee an ihrem Busen
prangen. Als demonstratives Signal. Sie sucht nach einem geeigneten Gefäß, als
sie ein durchdringendes Winseln hört.
    Auf einem Sessel steht Mr.
Miller, hat die Beine auf die Lehne gestemmt und reckt die Nase zur
Kabinendecke empor. Aus seinen Lefzen tropft es langsam aber stetig.
    »Was hat denn mein Hundibundi?«
fragt sie ratlos. Sie folgt seinem Blick und entdeckt an der Kabinendecke einen
schmalen Spalt, durch den etwas Weißes schimmert. Sie drückt gegen eine der
Kunststoffplatten und hat im selben Moment einen großen Cellophanbeutel in der
Hand. »Krokantsplitter«, sagt sie tonlos, »Katzenzungen, Himbeerbonbons,
Erika...«
    Das mit Wasser gefüllte
Zahnputzglas fällt zu Boden und zerspringt in viele kleine silberglänzende
Splitter. Mr. Miller, der so gern Schokolade frißt, winselt ein gieriges hohes
C. Mrs. Brown schnappt sich die kobaltblaue Orchidee und beginnt, sie
methodisch zu zerzupfen. Frau Radke öffnet das Bullauge und schleudert den
Beutel voller Abscheu hinaus.
    »Zu den Fischen!« sagt sie.
»Sollen die sich den Magen verrenken.«
    Es sind nicht die Fische, die
sich den Magen an Erikas Schmuggelware verrenken. Das Schicksal hat Beatus
Hügeli dazu ausersehen. Der Beutel schlägt wie eine süße Bombe neben seinem
Liegestuhl ein, den er sich dicht an der Reling aufgestellt hat, um das Kreuz
des Südens zu bewundern. Er schreckt hoch, öffnet ihn, schnalzt mit der Zunge,
schaut nach oben.
    »Ein Wink des Himmels«,
flüstert er und hat, was die Richtung betrifft, nicht so unrecht. Ein Bordfest
ist nicht irgendein Fest. Weil jeder Tag an Bord ein Fest ist. Ein Bordfest ist
ein Festival, eine Traum-Party, ein Bacchanal, eine Dampfer-Orgie.
    Aus diesem Grund zwängen Männer
sich in Frack und Smoking, um bei Tropengraden still schwitzend vor sich
hinzuleiden. Frauen ziehen sich nicht an, sondern aus, schmücken Hals und Arme
mit erstklassigen Imitationen, finden die Roben der meisten anderen Damen nicht
ganz up to date oder flüstern

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