Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
und die Spesen.«
»Schon recht, Sir«, sagte
Philipp und begann, in den Prospekten zu blättern.
Das kalte Büfett im Vestibül
sah aus wie eine Plantage nach einem Heuschreckeneinfall. Es war kahlgefressen.
Die Vertreter der internationalen Presse hatten keine Ruhe gelassen, bis das
letzte Kaviarbrötchen und der letzte Tropfen Sherry vertilgt waren. Nun standen
sie in losen Gruppen herum, rauchten die geschenkten Zigarren und machten ihre
Witze über die Bettenfritzen. Was ein außerordentlich dankbares Thema war.
Florence de Grandlieu stand vor
dem Eingang von Halle 1 und zerschnitt mit einer Schere einen schmalen
Tüllstreifen, der den Zutritt in die Halle versperrte. Es war das die
Eröffnungszeremonie. Sie sah entzückend aus in ihrem kobaltblauen Jerseykleid
und der weißen Schleife im Pferdeschwanz. Pressefotografen sind dankbar für so
etwas. Sie ließen die Szene mit der Schere oft wiederholen. Endlich waren sie
zufrieden. Ein Reporter versuchte Florence zu überreden, mit ihm in die Betten
zu steigen. Er wollte einige realistische Fotos schießen lassen.
»Oh, là là«, sagte Florence und
kicherte verschämt. Ein Olàlà, hatte ihr der Vater geraten, erwarten die
Engländer von einer Französin. Es wirkt immer. Die Reporter notierten dann auch
auf der Stelle den Ausspruch. Morgen würde er in den Zeitungen zu finden sein.
Am stärksten besucht war die
Halle 3, die das Bett im Zeitalter der Raumfahrt zeigte. Im Zentrum des
Reporter-Blitzlichtfeuers lag ein Bett, das so modern war, daß es schon gar
nicht mehr Bett hieß. Der Erfinder hatte ihm den schlichten Namen Maschine
für Lebensgestaltung gegeben. Seine Matratzen waren heizbar, in vier verschiedene
Härtegrade verstellbar und bei Ehestreit durch Knopfdruck teilbar.
So ein Bettchen, dachte
Florence, muß Papa mir schenken, wenn ich heirate. Ich würde gern heiraten. Es
mußte spannend sein, verheiratet zu sein. Aber mir gefällt ja keiner. Nicht einer
aus dem Heer der jungen Männer, die zur Partytime die Grandlieuschen Villen in
Cannes und Paris überfielen, hatte ihr jemals gefallen. Es war nicht einfach
mit Florence. Anscheinend würde ihr nie ein Mann gefallen.
Das heißt, genau in diesem
Augenblick gefiel ihr einer. Der mit dem blauen Zweireiher, der das, was der
Pressereferent sagte, übersetzte. Florence drängte sich etwas nach vorn und
wandte einen Trick an, auf den die meisten Männer hereinfallen.
Sie starrte dem Dolmetscher auf
die Krawatte. Sie begann langsam zu zählen. Als sie bei zwölf war, faßte sich
der Dolmetscher zum erstenmal an die Kehle. Er tat es noch viermal, dann
versprach er sich. Schließlich war er fertig mit seiner Übersetzung. Florence
machte auf Reporterin. Sie nahm einen Block aus ihrer Handtasche und malte
Männlein darauf.
»Gefällt Ihnen das Muster
nicht, gnädiges Fräulein?« fragte Philipp und zeigte mit dem Daumen auf seinen
gestreiften Langbinder. Er war von dem Podest heruntergestiegen und stand
direkt vor ihr.
»Ich mag keine Streifen«, sagte
sie auf französisch, »Streifen sind spießig.«
»Wünschen Sie, daß ich mich
umziehe?« fragte er. Die Kleine in dem kobaltblauen Jerseykleid war sehr süß,
mit jenem Hauch von Jungfräulichkeit, der ihn immer wieder nervös machte. Und
dann auch noch Französin.
»Ich wünsche, daß Sie mir die
Ausstellung zeigen, Monsieur. Mein Englisch ist nicht das allerbeste.«
»Die meisten Stände haben
Dolmetscher, Mademoiselle.«
»Die meisten Dolmetscher hier
sprechen ein schlechtes Französisch. Eine Bettenausstellung kann man nur bei
gutem Französisch genießen, Monsieur!«
»Q’elle delicatesse,
Mademoiselle!« Philipp staunte. »Trotzdem geht es nicht. Ich habe nämlich einen
Job hier.«
»Das lassen Sie meine Sorge
sein.«
Er schaute ihr verblüfft nach,
als sie im Pavillon von »Samuel Dive’s Sleep Centre« verschwand. Er sah durch
das offenstehende Fenster, wie sie mit dem Dicken sprach. Er hatte seine Melone
gezogen und verbeugte sich mehrmals. Die Kleine muß ein großes Blatt vertreten,
dachte er, sonst würde Melonen-Jack sich nicht wie ein Stehaufmännchen
benehmen.
»Darf ich Sie um Feuer bitten?«
ertönte eine Stimme neben Philipp. Mechanisch ließ er sein Gasfeuerzeug
aufflammen. Er wandte keinen Blick von Florence, als er dem Mann Feuer gab.
Der Mann wandte sich hastig ab
und eilte zu den Telefonzellen im Hintergrund der Halle. »Geben Sie mir
Porquerolles, Blitzgespräch. Ich bleibe am Apparat.« Er nannte die
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