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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Nummer,
steckte sich einen frischen Kaugummi in den Mund und schob ihn nervös mit der
Zunge hin und her.
    »Ich verbinde jetzt...«, kam
die Stimme der Londoner Telefonistin. Die Worte wurden auf deutsch wiederholt.
Und noch einmal auf französisch.
    »Hallo, Chef, sind Sie es?« Der
Mann hatte den Kaugummi aus dem Mund genommen und drehte ihn in der Hand hin
und her.
    »Sprechen Sie.« Die Stimme am
anderen Ende kam knapp und kühl.
    »Also die Sache ist so, dieser
Engel ist hier, das Schwein, das uns in München ‘reingelegt hat. Wo Supek
hochgegangen ist und Wollert, Sie wissen schon...«
    »Wo ist er?«
    »Hier auf der Bettenausstellung,
Earls Court, er liegt gerade, das heißt er steht gerade neben dem Atom-Bett
und...«
    »Sind Sie besoffen? Was faseln
Sie da von Betten?«
    »Na, der Grandlieu ist doch
Präsident, und wir sollten dem Grandlieu doch die Blüten unterjubeln und...«
    »Stop!«
    »Und deshalb...«
    »Ich hatte ›stop‹ gesagt. Haben
Sie Engel ohne jeden Zweifel erkannt?«
    »Ich hab’ mir Feuer geben
lassen und war auf zwei Schritt dran, Chef.«
    »Idiot! Warten Sie einen
Moment.«
    Der Mann wischte sich den
Schweiß von der Stirn. Es war heiß in der Zelle. Er stopfte sich den Kaugummi
in den linken Backenzahn. Er wartete und dachte wieder einmal, daß der »Chef«
vielleicht gar nicht der Chef war, sondern selbst einen Chef hatte.
    Plötzlich war »die Stimme«
wieder da. »Unternehmen Sie nichts im Fall Grandlieu. Beschatten Sie Engel.«
    »Sollen wir ihn auspusten,
Chef?!«
    »Ich habe gesagt ›beschatten‹.
Melden Sie mir die geringste Kleinigkeit.« Ein Hauch von Erregung war zu
spüren, als die Stimme sagte: »Setzen Sie alle Ihre Leute ein. Ich will vor allen
Dingen wissen, ob er mit Grandlieu Verbindung hat.«
    »Ich verstehe nicht...«
    »Idiot! Wenn Engel mit
Grandlieu Kontakt hat, dann bedeutet das, daß er uns schon wieder auf den
Fersen ist. Das tut er nicht auf eigene Faust. Finden Sie heraus, wer hinter ihm
steckt. Es muß jemand hinter ihm stecken.«
    »Die Ricco-Gruppe vielleicht.
Was meinen Sie, Chef?«
    »Das ist Ihr Problem. Ende.« Es
knackte in der Leitung. Der Mann stand da und glotzte den Hörer an. Er legte
ihn so vorsichtig auf das Wandbrett, als sei er explosiv. Er vergaß sogar
seinen Kaugummi, als er aus der Zelle schlich.
     
    Einen Teenager durch eine
Bettenausstellung zu führen, war ein verdammt harter Job für einen Mann. Das
stellte Philipp nach anderthalb Hallen fest. Es war delikat und peinlich
zugleich. Dabei war er sonst nicht schüchtern. Die kleine Krabbe aber hatte
eine Art, das Gespräch zu führen, die überaus verwirrend war.
    »Betrachtet man die historische
Entwicklung«, sagte sie beiläufig in der griechischen Abteilung, »darf man das
Bett getrost als eine Bühne bezeichnen, auf der die großen Ereignisse des
Lebens in Szene gehen, nämlich Zeugung, Geburt und Tod. Also auch als einen Ort
der Wollust, der Qual und der Ruhe.«
    »Da ist etwas dran«, sagte
Philipp. Das war eine ziemlich törichte Bemerkung, aber ihm fiel einfach nichts
Besseres ein.
    Florence schien glänzend
informiert. Sie schilderte das aus Ebenholz geschnitzte und mit Rubinen
ausgelegte Bett des ägyptischen Königs Tut-anch-Amon mit derselben Fachkenntnis
wie die Speisebetten, auf denen die Römer herumlungerten, um sich den Gaumen
mit Nachtigallenzungen zu ergötzen.
    Irgendwann klingelte es. Da
Philipp sich mit Florence gerade über das brennende Problem »Nachthemd oder
Pyjama« stritt, überhörte er es. Dann klingelte es ein zweitesmal. Schließlich
ein drittesmal. Und sie überhörten auch das. Als sie in Halle 6 standen,
erloschen plötzlich die Deckenleuchten.
    »Stromsperre«, sagte Florence
und schrie leise auf.
    »Ich halte es für Ladenschluß«,
sagte Philipp. »Wir müssen so schnell wie möglich zum Ausgang.« Er ließ die
Flamme seines Gasfeuerzeugs aufzischen. Er reichte Florence den Arm und führte
sie in Richtung der roten Pfeile. Als sie den Ausgang erreicht hatten, fanden
sie die schweren Tore verschlossen. Sie hämmerten mit den Fäusten dagegen.
    Philipp schrie: »Haaaaa —
loooooh!« Es gab ein schönes Echo.
    Florence schrie: »Au secours!
Hilfe, Hilfe!« Auch das gab ein schönes Echo. Nach zwei Stunden waren sie
heiser und tasteten sich zurück nach Halle 5. Die Halle stand unter dem Motto Das
Bett im galanten Zeitalter. Prunkstück war das mit Blattgold überzogene
Lotterbett der Pompadour. Die große Kurtisane hatte es benutzt, um die

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