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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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übertrieben herausstellen sollte, denn ein wilder Schwinger des
Negers riß ihn sofort zu Boden. Bei neun stand er wieder auf den Füßen. Seine
Augen waren glasig.
    Hannibal latschte auf ihn zu.
In seinem Gesicht lag so etwas wie Mitleid. Mitleid gegenüber einem Zwerg, der
sich mit einem Goliath hatte anlegen wollen. Seine dichtbehaarte Faust griff in
Phils Khakihemd. »Kleiner«, sagte er kopfschüttelnd, »was machst du für
Sachen.«
    Die zwei Sekunden gaben Philipp
Zeit, wieder zu sich zu kommen. Er wirbelte auf dem Absatz herum und sprengte
den Griff, indem er mit seinem rechten Ellbogen gegen den linken Unterarm des
Negers schlug. Im nächsten Moment stieß er ihm seinen Kopf wuchtig ins Gesicht.
Hannibal prallte gegen die Felswand und rutschte langsam zu Boden. Das Blut
schoß ihm aus Mund und Nase, und er spuckte einen Teil seiner Vorderzähne aus.
    Philipp hatte keine Zeit,
seinen wie wahnsinnig schmerzenden Schädel zu massieren. Hannibal streckte sich
und trat mit den Füßen nach ihm. Phil strauchelte. Wie ein Schemen stand der
Neger vor ihm und schlug einen rechten Haken, der einem Ochsen den Kopf
abgerissen hätte. Er untertauchte ihn blitzschnell. Er finterte links und
konnte eine Rechte landen, die aber nicht voll traf.
    Heiliger Yakamoto, hilf, dachte
Philipp verzweifelt, als er langsam nach hinten auswich. So hatte der Japaner
geheißen, bei dem er in Frisco Unterricht in Judo genommen hatte. »Abwarten—
beobachten— zupacken«, hatte Yakamoto immer wieder gepredigt. Er wartete ab,
beobachtete, ließ sich ruckartig fallen, packte ein Bein seines Gegners und riß
ihn zu Boden. Er warf sich auf ihn und setzte einen Würgegriff an. Die
Beinschere des Negers schnitt ihm in die Nieren, und er mußte den Griff
lockern.
    Sie wälzten sich auf dem Boden
herum. Der Neger versuchte zu beißen, ließ es aber sofort, weil das ohne
Vorderzähne so weh tat. Phil kam als erster wieder auf die Füße. Eine
Zehntelsekunde war er unaufmerksam. Sie genügte. Ein Fußtritt traf ihn voll in
den Magen. Er fiel zu Boden, sah Sterne und hörte, wie der bekannte Engelchor
zu singen begann.
    Durch einen Schleier sah er,
wie der Neger auf ihn zukam, wie er auf dem nassen Boden ausrutschte, taumelte
und lautlos durch die offene Falltür ins Bodenlose stürzte. Er hörte den
Aufprall.
    Philipp richtete sich mühsam
auf. Er fühlte sich im besten Sinne des Wortes zerschlagen. Er blickte durch
die Falltür und sagte: »Das Burgverlies ist fünfundzwanzig Meter tief und
diente den Kreuzrittern als Richtstätte.«
    Dann stand er auf und schloß
die Falltür. Er war schon immer für Ordnung gewesen.
     
    Frau Elisabeth Engel stand in
der Halle des »Negresco« und redete auf den Empfangschef ein. Sie tat es auf
französisch. Und das war schlimm. Der Empfangschef verstand das Französisch
nicht, das am Neckar gesprochen wurde.
    Frau Engel nahm ihren Schirm
und ließ sich neben einer Topfpflanze in einen Sessel fallen. Sie trug ein
dunkles Schneiderkostüm mit einem Blumenhut. Beides war zu warm für Nizza im
Juni. Am liebsten hätte sie ein bißchen geweint. Heidelberg war so weit weg,
und sie so verzweifelt. In den letzten zehn Jahren war sie über Mannheim nicht
hinausgekommen.
    Ach, wenn doch Philipp hier
wäre, dachte sie, der wußte immer Rat. Aber seinetwegen war sie ja hier. Und
wenn er hier gewesen wäre, brauchte sie ja seinen Rat nicht mehr. Weil er dann
ja da war.
    Es war nicht so einfach. Sie
klappte den Deckel ihrer großen braunen Handtasche auf und kramte das Telegramm
hervor. Sie las es zum x-ten Male: IHR SOHN VERSCHWUNDEN. STOP. VERSUCHE, IHN
AUFZUSPÜREN. STOP. GEBE SOFORT NACHRICHT. GRUSS FLORENCE DE GRANDLIEU. HOTEL
NEGRESCO. NIZZA. Das stand auf dem Telegramm.
    Florence, das war die Tochter
von dem Grandlieu, der nicht ihr Grandlieu war. Es war der aus London, der
Bettenpräsident, das wußte sie von Philipp. Sie hatte natürlich nicht auf
Nachricht gewartet, sondern war in Frankfurt ins Flugzeug geklettert. Zum
erstenmal in ihrem Leben!
    Ihr Blick fiel wie zufällig auf
die Tür des Lifts. Ein junges Mädchen entstieg ihm. Sie trug einen mit
Kofferklebern über und über bepflasterten Koffer in der Hand. Sie sah sich
vorsichtig nach allen Seiten um und durchquerte rasch die Halle.
    »Halt!« rief Frau Engel,
»bleiben Sie stehen!« Sie raffte Schirm, Handtasche und Regenmantel zusammen
und rannte hinter dem jungen Mädchen her, das in diesem Moment die Drehtür
passierte. Sie stieß den Türhüter in

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