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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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seiner Operettenuniform zur Seite und
eilte auf die Straße. Wie die meisten Dicken hatte sie rasche elegante
Bewegungen.
    »Den Koffer her!« schrie Mutter
Engel. Die Krücke ihres Schirmes schob sich in den Koffergriff.
    »Seien Sie still!« Das junge
Mädchen legte beschwörend den rechten Zeigefinger auf die Lippen. »Ich bin
froh, daß ich den Koffer endlich habe.«
    »Das kann ich mir denken!« Frau
Engel schrie es. Geradezu unverschämt, das junge Ding.
    Passanten blieben neugierig
stehen.
    »Nun seien Sie doch endlich
still! Ich werde Ihnen alles...« Mein Gott, war das wieder eine Situation,
dachte Florence.
    »Ich bin nicht still. Weil es
nämlich der Koffer von meinem Sohn ist. Deshalb bin ich nicht still.«
    »Sie sind die Mutter von Philipp?
Dann sind Sie Frau Engel!«
    »Und ob ich die bin.«
    In diesem Moment geschah etwas,
was die neugierigen Passanten verwunderte. Die Kofferdiebin fiel der
Kofferbesitzerin um den Hals und fing an zu heulen. Kopfschüttelnd gingen die
neugierigen Passanten weiter und sahen nicht mehr, daß auch die
Kofferbesitzerin heulte.
    Eine halbe Stunde später wußte
Mutter Engel alles. »So war das also«, sagte sie und bestellte beim Ober des
»Café Mondial« noch eine Tasse Schokolade mit Schlag. Schokolade mit Schlag wirkt
beruhigend. Sie nahm einen vorsichtigen Schluck und fragte: »Und wie war das
mit dem Koffer?«
    Florence war etwas verlegen.
»Das mit dem Koffer, das hätte ich vielleicht nicht tun sollen. Aber man hatte
doch Phils Gepäck beschlagnahmt, und da dachte ich, es ist besser, ich mopse
den Koffer, dann hat er doch etwas, wenn er plötzlich wiederauftaucht.«
    »Sehr praktisch«, lobte Frau
Engel. »Schließlich braucht er was zum Wechseln.«
    Florence atmete auf. Ihre
Beichte war etwas kompliziert gewesen. Sie griff plötzlich nach der Hand von
Frau Engel und wollte sie zum Handkuß an den Mund führen.
    »Ach bitte nicht, mein liebes
Kind«, sagte Frau Engel, der das peinlich war. Sie war trotzdem gerührt.
Aufmerksam betrachtete sie das junge Mädchen. Diese Florence war nicht nur
bildhübsch, sie war so herzlich, so klar und offen, so fürsorglich. Außerdem
liebte sie ihren Sohn. Das sah ihm wieder mal ähnlich, so viel Glück zu haben.
Natürlich, das junge Mädchen hatte auch Glück. Philipp war schließlich ein
stattliches Mannsbild und eine Partie dazu. Ach nein, sie war nicht
eifersüchtig auf Florence. Sie wäre ja so froh gewesen, wenn der Junge endlich
unter die Haube käme.
    »Sie haben ihn lieb?« fragte
sie sicherheitshalber.
    »Ach«, seufzte Florence statt
einer Antwort, und die Tränen stiegen ihr in die Augen.
    Ach genügt, dachte Frau Engel
befriedigt.
    Florence wollte noch etwas
sagen. Sie sprach ein niedliches Schuldeutsch. Und das mußte sie erst
sortieren. »Madame, ich habe ihn geliebt vom ersten Moment, dann habe ich ihn
gehaßt, aber das ging schnell vorüber, und jetzt liebe ich ihn von Stunde zu
Stunde mehr.«
    Mutter Engel schaute
unwillkürlich auf die Uhr.
    »Ach, wenn er doch bald käme«,
sagte Florence. Sie schnupfte an ihrem Taschentuch herum.
    »Schuld an der ganzen
Geschichte«, sagte Frau Engel in düsterer Selbstanklage, »bin ich. Hätte ich
ihm nicht erzählt, daß sein Vater gar nicht sein Vater war und sein wirklicher
Vater ein Millionär, dann wäre das alles nicht geschehen.«
    »Schuld bin ich«, schnupfte
Florence. »Hätte ich ihm damals in London gesagt, daß mein Vater mich dazu
benutzt, seinen Vater zu finden, dann wäre das alles nicht passiert.«
    Der rotbefrackte Ober schlich
um ihren Tisch herum und schaute mißbilligend auf die Tasse ohne Schokolade.
Mutter Engel bestellte sich keine mehr, sondern einen Zwetschgenschnaps. Sie
fand es an der Zeit, etwas zu unternehmen. »Aus dem Gefängnis ist er erst mal
‘raus, der Junge«, sagte sie. »Und die Polizei will ihm auch nichts Böses mehr.
Das weiß er aber nicht. Und weil er es nicht weiß, wird er sich weiterhin
versteckt halten.«
    »Wir müssen also dafür sorgen,
daß er es erfährt.« Florence richtete sich hoffnungsvoll auf. »Aber wie?«
    »Ich habe da eine Idee«, sagte
Elisabeth Engel und kippte versonnen ihr Zwetschgenwasser. »Vielleicht ist sie
nicht sehr gut, aber sie ist bestimmt besser als gar keine Idee...«
     
    Das Labyrinth des Minotaurus,
so ähnlich stelle ich mir das Labyrinth vor, dachte Philipp. Seit einer halben
Stunde rannte er durch die Gänge der alten Burg, stieg Treppen, kroch durch
tunnelartige Röhren, zwängte sich

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