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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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und
melde dich im Hotel »Negresco«. Elisabeth Engel.
    Leboss ließ das Monokel sinken
und putzte es. Das war im höchsten Grade seltsam. Schon wieder jemand, der
Engel hieß. Und dieses blödsinnige »Phipps« könnte Philipp heißen. Irgend
jemand wollte also Philipp Engel eine Nachricht zukommen lassen. Diese
Nachricht war in verschlüsselter Form im Text der Anzeige enthalten. In
besonders raffinierter Form übrigens. Und selbstredend war Elisabeth nicht
Elisabeth, sondern irgendein schwergewichtiger Killer von der Ricco-Gruppe.
    Leboss beschloß, trotzdem der
Sache nachzugehen. Und zwar persönlich. Er zahlte mit einem 100-Francs-Schein.
Der Schein war echt. In dieser Beziehung war er pingelig. Zu dem Fahrer des
Taxis, das kurz darauf vorfuhr, sagte er: »Hotel ›Negresco‹, Nizza, bitte.«
     
    Leboss ließ das Taxi an der
Place Rosetti halten. Er stieg aus und klingelte an der Tür mit dem Schild Jacques
Saint-Jean, Photographe.
    »Was gibt’s?« Der Dicke mit den
Schweinsäuglein steckte den Kopf durch den Türspalt. Als er Leboss erkannte,
schrak er zusammen: »‘tschuldigung, Chef, daß ich Sie nicht gleich erkannt...«
    »Geschenkt. Steig ein.«
    Das Taxi fuhr an. Leboss schloß
die Trennscheibe zum Fahrersitz. Er sagte, ohne den Dicken dabei anzusehen:
»Ich habe ein Rendezvous im ›Negresco‹. Es könnte zu Zwischenfällen kommen.« Er
zog aus der Westentasche seines in dezentem Glenchek gehaltenen Einreihers eine
goldene Uhr und ließ den Deckel aufspringen.
    »Zu Zwischenfällen kommen...«,
wiederholte der Dicke stirnrunzelnd und beschloß, sich alles gut zu merken.
Wenn er doch bloß Saint-Jean dabeigehabt hätte, verdammt. Allein kam er sich
immer so hilflos vor.
    »Es ist jetzt zwölf Uhr. Stell
deine Uhr danach. Paß auf, ich setze dich jetzt gleich ab. Es ist nicht gut,
wenn sich später jemand an uns erinnert. Du hältst dich in der Nähe des
›Negresco‹ auf, sagen wir an der Villa Massena.«
    »Am Museum?«
    »Das ist dasselbe. Wenn ich bis
um ein Uhr nicht dort bin, gehst du ins Hotel und fragst nach der Zimmernummer
von...« Er zog den »Figaro« aus der Tasche und schlug die Seite mit den
»Kleinen Anzeigen« auf. »Nach der Zimmernummer von einer Madame Elisabeth Engel
fragst du. Verstanden?«
    »Ich glaub’ schon«, sagte der
Dicke unsicher.
    »Dann machst du deine Kanone
scharf und guckst nach, was mit ihr ist. Aber wundere dich nicht, wenn diese
Madame Engel einen Vollbart trägt und eine abgesägte Schrotflinte.«
    »Ich werde mich nich’ wundern,
Chef.«
     
    Philipp hielt die
Zigarettendose mit der eingebauten Spieluhr in der Hand und starrte ins Leere.
Die silbrigen Klänge des Liedes schienen noch in der Luft zu hängen. Wie Spinnweben
im Altweibersommer.
    Er konnte es nicht glauben.
    Er konnte nicht glauben, daß er
ausgezogen war, seinen Vater zu suchen und einen Gangsterboß gefunden hatte.
»Leboss« hatte auf dem Kuvert gestanden. Er nannte sich auch noch so: Le Boss—
Der Boß! Eine eigene Art von Humor. Es war ein Witz, ein Witz, über den man
hätte brüllen können vor Lachen. Wenn es kein so bitterer Witz gewesen wäre.
    Aber genügte diese lächerliche
Spieldose als Beweis für seine ungeheuerliche Theorie? Warum mußte ihr jetziger
Besitzer unbedingt Marcel de Grandlieu sein? Dieser Leboss konnte es in einem
Altwarenladen gekauft, auf einer Antiquitätenmesse ersteigert, von einem Freund
geschenkt bekommen haben.
    Das war möglich, gewiß. Ein
Hoffnungsfunke glomm in ihm auf.
    Und erlosch gleich wieder. Es
paßte alles zu gut zusammen. Wie die Teile eines Mosaiks. Die Bemerkung, die
der Vater von Florence zu ihm gemacht hatte, damals in London: »Er war so eine
Art schwarzes Schaf im Familienverband, unser Vetter Marcel Pierre. Da war so
einiges an ungeklärten Verhältnissen, Affären. Nein, niemand weiß, wo er ist.
Wir haben seine Spuren verloren.«
    Und Lankoff, die Tante, der
Fotograf Saint-Jean, der Dicke mit den Schweinsäuglein, warum hatten sich ihre
Gesichter schlagartig verändert, als er den Namen »Grandlieu« genannt hatte?
    Und das Falschgeld, das ihn
überall auf seinem Weg begleitet hatte?
    Nein, es gab kaum einen
Zweifel. Er, Philipp Engel, war der Sohn eines Falschmünzers. Und seine Mutter,
Elisabeth Engel, Inhaberin der Pension »Teutonia« in Heidelberg, ein
Gangsterliebchen.
    Und jetzt mußte er doch lachen.
Es war mehr ein Kichern, es schüttelte ihn, ließ ihn die Brust schmerzen, er
biß sich in die Ärmel, schlug sich auf die

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