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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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weißen Fahnen der anbrandenden Wogen,
die Jachten wie winzige Wasserläufer auf der blauen Flut, ein 30 000-Tonner
schickte seinen Sirenenbaß hinauf. In der Luft lag ein Hauch von Lavendel und
Rosmarin. Sie durchquerten die Olivenhaine von Saint-Michel und glitten über
den Viadukt auf Eze zu Eze, das Schwalbennest auf einem Zuckerhut.
    Sie nahm seine Hand und sagte:
»Ich danke dir, Marcel.« Sie gab ihm das Gefühl, dieser Garten Gottes ringsum
gehörte ihm.
    Er küßte ihre Hand. Er spürte,
wie es ihm warm wurde ums Herz. Er konnte sich nicht erinnern, wann er dieses
Gefühl das letztemal gehabt hatte. »Wenn es sich gelohnt hat zu leben, dann nur
seinetwegen«, hatte sie zu Philipp gesagt. Zu Philipp, ihrem Sohn. Und seinem
Sohn!
    Das plötzliche Glücksgefühl
packte ihn wie ein Rausch. Er ließ sich mit L’Hirondelle verbinden und
beorderte die Jacht nach Mentone.
    »Ich werde dir meine Insel
zeigen, Lisette«, sagte er und machte ein Gesicht wie ein Weihnachtsmann, dem
bei der Bescherung eine besondere Überraschung gelungen ist.
     
    Als sie sich L’Hirondelle
näherten, war die Nacht hereingefallen. Sie saßen auf dem Deck des Vorschiffes
in bequemen Ledersesseln. Grandlieu gab den Befehl, die Anker fallen zu lassen.
Die »Schwalbe« dümpelte in der schwachen Dünung. Der schwarze Chauffeur in der
taubenblauen Livree hatte sich in einen Steward verwandelt und servierte
Cocktails, die in abenteuerlichen Farben schillerten.
    Grandlieu war etwas
angetrunken. Er vertrug sonst sehr viel, aber wenn er glücklich war, wirkte der
Alkohol bei ihm wie Dynamit. Er redete viel. Viel Kluges und viel Unsinn. Er
erzählte Dinge, die er im nüchternen Zustand nicht erzählt hätte und die doch
so gut waren, daß es schade gewesen wäre, wenn sie nicht erzählt worden wären.
    Auch Elisabeth Engel hatte
einen Schwips. Er kam weniger vom Alkohol als von diesem Fleckchen Erde, das
einen Menschen einfach trunken machen mußte.
    Sie küßten sich. Marcel de
Grandlieu, 58, und Elisabeth Engel, 55, die sich ein Menschenalter nicht
gesehen hatten, versuchten, ihre Vergangenheit wieder lebendig zu machen. Es
war ein Schauspiel, komisch und tragisch, rührend und albern, eine zu
ehrfürchtigem Gelächter stimmende Situation— und so hoffnungslos.
    Ein Kanonenschuß zerfetzte die
Stille der Nacht. Die Insel begann aufzuglühen wie ein Karfunkelstein.
Dunkelrot, rotviolett schälte sich der Bergfried der Kreuzritterburg aus der
Nacht. Magische Dämpfe wallten. Es hallte der Donner der Musketen und die
Todesschreie der von den Enterbeilen Getroffenen und das Klirren der Schwerter
und der Schlachtruf der Ungläubigen.
    Elisabeth Engel hatte sich vor
Schreck bekreuzigt. »Was ist das?« schrie sie.
    »Die Sarazenen greifen an!«
brüllte Marcel zurück.
    »Aha!«
    »Es ist Son-et-lumière,
verstehst du. Meine Attraktion, die Attraktion!«
    Jetzt begriff sie. Und sie
genoß das Schauspiel der Ton-und-Licht-Sinfonie. Sie zitterte mit den
Kreuzrittern, und sie erschauerte, als der einäugige Pirat Ibn Dschafar den
Hochmeister zur Kapitulation aufforderte und zur Antwort erhielt: »Ein Ritter
stirbt und ergibt sich nicht!«
    Die Flammen erloschen, die
Stille des Meeres herrschte wieder, das Dampfboot mit den Touristen hatte
abgedreht und Kurs auf die Küste genommen, als erneut Motorenlärm erklang. Der
Kapitän der »Schwalbe« kam auf das Vorschiff geeilt und flüsterte erregt mit
Grandlieu.
    »Ich muß zur Insel, und zwar
sofort, Lisette.«
    »Fein, dann lerne ich das alles
mal aus der Nähe kennen.«
    »Es geht nicht. Irgend etwas an
den Maschinen ist in Unordnung. Und morgen kommt der Mann vom Ministerium für
Touristik. Du verstehst.« Er war mit einem Schlag wie verwandelt.
    »Ich verstehe nichts, Marcel.«
    »Wie sagt ihr in Deutschland?
Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Paß auf, Lisette, ich laß mich mit
der Barkasse zur Insel ‘rüberbringen, du fährst mit der ›Schwalbe‹ zurück nach
Nizza. Klar?«
    Seine Stimme klang so
entschieden, daß sie jeden weiteren Versuch, ihn umzustimmen, aufgab. Sie
winkte der Barkasse nach mit einer ratlosen fahrigen Bewegung. An Bord der
»Schwalbe« erloschen alle Lichter. Ein Schnellboot schoß mit hoher Bugwelle
vorbei. An seinem Bug las sie die Buchstaben »PR 4«.
    Als sie sich Nizza von der See
aus näherten, dachte sie daran, daß sie ihn gar nicht nach dem Geld gefragt
hatte. Nach Philipps Million! Es war ihr gleichgültig in diesem Moment.
     
    Sie saßen auf der

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