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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Jetzt wohnten unter Deck auf den Holzplatten, Bambusmatten und Wolldecken schon wieder 137 Boatpeople, gerettet aus fünf alten, seeuntüchtigen, wassersaugenden Flußbooten. Menschen, die mit dem Leben bereits abgeschlossen hatten, die apathisch, weinend, mit letzter Kraft die Lotsentreppe hochgeklettert oder von Stellinger und den Decksmännern hinaufgetragen worden waren. Auch drei Verwundete waren darunter, mit klaffenden Fleischwunden auf den Schultern und den Armen; sie erzählten dem Dolmetscher Le Quang Hung, daß sie ein Piratenboot abwehren konnten, mit Stangen, Brettern und Knüppeln, und die Wunden rührten von den Enterhaken her, die auf sie geschleudert worden waren.
    Zum erstenmal tauchte in diesem Bericht der Name Truc Kim Phong auf. Dolmetscher Hung, der kurz vor Auslaufen der Liberty an Bord gekommen war und sich damit entschuldigte, er hätte noch einen Verwandten im Hospital besuchen müssen – in Wahrheit hatte er die Abfahrtszeit bei einem zuckrigen Hürchen beinahe verschlafen – machte ein ernstes Gesicht und kratzte sich die Brust.
    »Wenn der in der Nähe ist, wird es ernst, Sir«, sagte er zu Dr. Herbergh. »Truc Kim Phong ist der unmenschlichste Pirat, der jemals über das Meer gefahren ist. Keiner kennt ihn, aber jeder kennt seinen Namen. Die ihn gesehen haben, sind sofort getötet worden. Nur seine Mannschaft weiß, wie er aussieht. Truc Kim Phong – das ist der lebende Satan.«
    Auf der Liberty of Sea wurden die Wachen verstärkt. In Abständen von vier Stunden wechselten die Posten. Immer zu zweit, Ärzte neben den Seeleuten, suchten sie mit starken Ferngläsern das Meer ab. Dieser Ausguck war das Wichtigste der ganzen Suche. Die Erfahrungen bei dem ersten Rettungsschiff hatten gezeigt, daß nur selten mit dem Radar eines der kleinen flachen Fluchtboote zu entdecken ist. Das Auge muß sie finden auf diesem schimmernden oder wildbewegten goldenen Meer.
    Aber nach dem Boot mit den Verwundeten hatte man keine Flüchtlinge mehr gesichtet. Fünf Tage lang fuhr man vor dem Mekong-Delta hin und her, in einem Abstand von 160 Meilen zur vietnamesischen Küste, immer in den Gebieten von 9.15 bis 9.35 Nord/107.31 bis 107.59 Ost – dem Fluchtgebiet der Verzweifelten. Aber man sah kein Boot mehr.
    »Das ist Truc«, sagte Dolmetscher Hung verbittert. »Mit seinem schnellen Schiff jagt er alles ohne Schwierigkeiten. Er kassiert die Menschen, als seien es Spielautomaten, die man entleert. Wir müssen näher an die Küste heran, Doktor. Wir müssen zwischen dem Mekong und Truc kreuzen. Truc fischt uns sonst alles weg.«
    »So viele kann er mit seinem Schiff gar nicht aufnehmen.«
    »Aufnehmen?« Hung verzog das breite, schon runzelig werdende Gesicht. »Er nimmt nur die jungen und hübschen Mädchen auf. Die anderen werden getötet oder mit ihren Booten versenkt. Er läßt die Böden aufhacken und die Insassen ersaufen …«
    »Und keiner jagt diese Bestie?« rief Dr. Starke empört. Er lehnte an der Bordwand und blickte über die bewegte See.
    »Jagen? Wer denn?« fragte Hung entgeistert. »Wer sollte denn Truc jagen?«
    »Die vietnamesische Marine.«
    »Der Regierung ist es doch gleichgültig, wie viele Menschen auf See ersaufen oder getötet werden. Wer flüchtet, muß damit rechnen. Außerdem fährt Truc unter thailändischer Flagge. Als Versorgungsschiff der Fischtrawler. Die Thailänder wissen angeblich von nichts. Wenn Truc in einem Hafen Brennstoff und Lebensmittel übernimmt, hat er die Mädchen längst in einem geheimen Versteck abgeliefert. Von dort bringt man sie ins Land. In die Bordelle. Sie werden verkauft. Ein gutes Geschäft, Doktor.«
    Jetzt war es also der fünfte Tag. Dr. Starke lag faul unter dem Sonnensegel in einem Liegestuhl, hatte Sehnsucht nach Fruchtsaft mit weißem Rum und war durch Oberbootsmann Franz Stellinger aufgeschreckt worden.
    »Wieso Misttag?« fragte er.
    »Man steht herum, stiert auf das Meer, und nichts tut sich. Und diese Hitze! Ich habe Blei im Schädel.«
    »Dagegen hilft ein guter Drink. Maracujasaft mit viel Rum … Franz, können Sie uns nicht ein Glas organisieren?«
    »Eine gute Idee. Mit viel Eis, was?«
    »Viel, viel Eis. Und nicht zu wenig Rum.«
    Stellinger entfernte sich schnell, und Dr. Starke legte sich wohlig zurück. Das muß man können, sagte er zu sich und verzog den Mund beim inneren Lachen. Andere für sich arbeiten lassen, und die sind auch noch glücklich dabei. Er schloß die Augen, öffnete sie aber kurz darauf wieder, weil ein

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