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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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gewiss nicht vergessen, dass sie sich ihm immer wieder entzogen hat.«
    »Schön und gut, aber selbst wenn sie einverstanden ist, wen soll sie heiraten?«
    »Wen schon? Den Walther! Die beiden waren am Festabend ein wunderschönes Paar. Und sie mögen sich! Das spüre ich. Man muss ihnen nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung versetzen.« Frau Frähmke klang so überzeugt, dass Cäcilie keinen Einwand vorbringen konnte und sich im Stillen schwor, alles zu tun, um diesen Plan zu unterstützen.

10.
    E s gelang Gisela, den Nachstellungen einzelner Herren mit Geschick und der Hilfe ihrer beiden Freundinnen zu entgehen. Die meisten der männlichen Gäste gaben sich mit einem Lächeln und einem freundlichen Wort zufrieden und verließen Renitz schließlich mit dem Gefühl, dort einen angenehmen Aufenthalt verlebt zu haben.
    Von einigen erhielt Gisela Trinkgeld, aber es wunderte sie nicht, dass Baron Fahrenhorst und einige andere aufdringlich gewordene Männer damit geizten oder es ganz vergaßen. Als schließlich auch Gudula von Techan samt Tochter, Schwester und Nichte als Letzte von Renitz schieden, atmete sie befreit auf.
    »Gott sei Dank ist diese Heimsuchung vorbei! Ich hoffe, Ihre Erlaucht plant nicht noch weitere solche Feste.«
    Die Mamsell zog ein langes Gesicht. »Diese Hoffnung wird sich leider nicht erfüllen. Spätestens bei der Rückkehr des jungen Herrn wird die Gräfin einen weiteren Ball geben. Bis dorthin muss aber einiges geklärt sein!«
    »Was geklärt?«, fragte Gisela verwundert.
    »Deine Heirat! Und sage nicht, dass es nicht geht, weil du katholisch bist. Du wirst nachgeben müssen, wenn du nicht als Landstreicherin oder bestenfalls als Tagelöhnerin in einer elenden Kate enden willst. Was das bedeutet, habe ich dir schon deutlich vor Augen geführt. Also sei gescheit!«
    Doch war Gisela nicht bereit, sich zu fügen. »Es geht nicht!«, sagte sie entschlossen, auch wenn sie sich längst eingestehen musste, dass sich ihr kein anderer Ausweg bot.
    »Es geht alles, wenn man will!«, erklärte die Mamsell kategorisch. »Walther mag dich, aber er ist zu edel, um dich zu bedrängen, da er um deinen Vorsatz weiß, deinem Glauben nicht zu entsagen. Doch sobald du zu einer protestantischen Heirat bereit bist, wird er dich als die Seine heimführen.«
    »Walther!« Giselas Ausruf sollte spöttisch klingen, wurde aber zu einem verzweifelten Schrei. Sie liebte Walther von Kindheit an und wünschte sich im Grunde nichts mehr, als dass es kein Hindernis zwischen ihr und ihm gäbe. Doch in dem Augenblick, in dem ihre Mentorin seinen Namen ins Spiel brachte, schreckte sie vor der Konsequenz zurück.
    »Lasst mir Zeit«, bat sie.
    »Aber nicht mehr lange! Sonst geschieht das Unglück, und der Karren ist so in den Graben gefahren, dass ihn niemand mehr herausziehen kann.« Luise Frähmke ärgerte sich über sich selbst, weil sie nicht standhaft blieb und Gisela zu ihrem Glück zwang. Doch sie hoffte auf deren Vernunft und ein wenig auch auf Walther, den sie mit geschickten Bemerkungen dazu bewegen wollte, sich der jungen Frau anzunehmen.

11.
    L uise Frähmkes Absicht war es gewesen, Gisela im Lauf einiger Wochen durch stetes Zureden den Glaubenswechsel schmackhaft zu machen und gleichzeitig auf Walther einzuwirken, der jungen Frau beizustehen. Doch drei Tage später geschah etwas, das ihr Vorhaben zum Scheitern verurteilte. Ohne Vorankündigung rollte eine Kutsche auf den Vorplatz, und Diebold von Renitz stieg aus. Die Drohung seines Vaters, ihm die Reisezuschüsse zu streichen, hatte ihn dazu bewogen, sich wieder heimwärts zu wenden.
    In den gut drei Jahren seiner Abwesenheit hatte er einiges an Gewicht zugenommen und kaschierte seinen Bauchansatz durch einen stramm sitzenden Rock aus dunkelblauem Tuch. Dazu trug er Schaftstiefel, eine eng sitzende Hose und einen schwarzen Zylinderhut. In der Hand hielt er einen Spazierstock, der als Stockdegen gearbeitet war.
    Hinter Diebold stieg Pastor Künnen aus, der den jungen Herrn auf seiner Kavalierstour begleitet hatte. Während der langen Reise war er grau geworden und sichtlich abgemagert. Auch bewegte er sich mit den langsamen und unsicheren Schritten eines alten Mannes.
    Diebold blieb vor der Freitreppe stehen und sah sich zu Künnen um. »Jetzt sind wir wieder zu Hause, Pastor. Schade drum! Hätte mir Kopenhagen und Sankt Peterburg gerne noch angesehen. Na, war ja sicher nicht die letzte Reise!«
    Dann stieg er die Treppe nach oben. Einer der Lakaien

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