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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hatte seine Ankunft bemerkt und öffnete ihm die Tür mit einer tiefen Verbeugung.
    Künnen folgte dem jungen Renitz mit einem tiefen Seufzer. Eigentlich hätte er Diebolds Charakter auf der Reise im Sinne des alten Grafen formen sollen, doch der junge Renitz hatte sich seinem Einfluss vollkommen entzogen und ein Leben geführt, das von einem Mann des Glaubens nur sittenlos genannt werden konnte. Nun klammerte er sich an die Hoffnung, die von Ihrer Erlaucht angekündigte Heirat könne den jungen Herrn zähmen.
    Unterdessen hatte Diebold die Vorhalle durchquert und wollte eben die Treppe zu den Gemächern seiner Eltern hinaufsteigen. Da trat auf der anderen Seite Gisela mit einem Korb Wäsche aus dem Bügelzimmer. Sie entdeckte den jungen Renitz erst, als er auf sie zutrat und ihr den Weg versperrte.
    Um seine Lippen spielte ein spöttisches Lächeln. »Jungfer Gisela! Welch eine Freude, dich zu sehen. Du bist ja seit dem letzten Mal noch hübscher geworden. So gefällt es mir!« Dabei fasste er nach ihrem Kinn und drehte es so, dass sie ihm ins Gesicht sehen musste.
    Gisela presste die Lippen zusammen.
    Diebold grinste siegesgewiss. »Diesmal wirst du mir nicht entgehen, du dunkle Rose. Das solltest du dir merken. Gehorchst du mir nicht, werde ich dafür sorgen, dass du von Renitz verjagt wirst und dein Auskommen auf der Landstraße suchen musst.«
    Ihr entsetzter Blick amüsierte Diebold, und er sagte sich, dass er auf dem richtigen Weg war, sie gefügig zu machen. Zweimal hatte sie sich ihm entziehen können, ein drittes Mal würde er nicht zulassen. Da er jedoch sehr viel mehr Freude daran haben würde, wenn sie sich ihm freiwillig hingab, beließ er es nicht nur bei Drohungen, sondern versuchte, sie mit Versprechungen zu locken.
    »Wenn du mir gehorchst, so wie es sich für eine brave Magd geziemt, soll es dein Schade nicht sein. Ich werde dafür sorgen, dass meine Mutter dich zur Mamsell ernennt. Die Frähmke ist alt und zu nichts mehr zu gebrauchen.«
    Für die meisten Mägde wäre dieses Angebot verlockend gewesen, doch Gisela liebte Luise Frähmke wie eine Mutter und hätte niemals etwas getan, was dieser schaden konnte. Zudem wusste sie, dass Diebold nach dem Willen seiner Mutter in spätestens einem halben Jahr heiraten sollte, und keine Ehefrau würde die Geliebte ihres Mannes auf Dauer im Haus dulden. Spätestens dann, wenn Gräfin Elfreda das Zepter ihrer Schwiegertochter übergab, würde diese dafür sorgen, dass sie ohne Papiere auf die Landstraße gejagt wurde.
    Doch was blieb ihr übrig? Sie traute Diebold zu, ihr Gewalt anzutun, wenn sie ihm nicht gehorchte.
    Zu Giselas Erleichterung ließ der junge Graf sie endlich los und ging nach oben. Sie selbst eilte wie von Furien gehetzt in die Küche und sah sich Cäcilies fragenden Blicken ausgesetzt.
    »Was tust du denn mit der Wäsche hier herinnen?«
    »Graf Diebold ist zurückkehrt!«, stieß Gisela hervor.
    »Was?«
    »Ich bin ihm in der Vorhalle begegnet. Er hat mich aufgehalten und gesagt …« Gisela brach ab, doch die Köchin vermochte sich auch so ihren Reim darauf zu machen.
    »Er hat dich aufgefordert, ihm zu Willen zu sein!«
    Gisela nickte mit bleicher Miene. »Wenn nicht, will er dafür sorgen, dass ich von Renitz vertrieben werde – und zwar ohne Papiere, so dass ich auf der Landstraße oder im Gefängnis ende.«
    »Ein wahrlich nobler Herr!«, sagte Cäcilie mit bitterem Spott. »Hätte ihn nicht unterwegs der Teufel holen können?«
    »So etwas wünscht man niemandem!«, tadelte Luise Frähmke sie.
    Die Mamsell war Gisela gefolgt und überlegte verzweifelt, wie sie den Wolf von seinem Opfer fernhalten konnte. Schließlich zog sie Gisela zu sich herum. »Du musst Walther heiraten, und wenn es dich noch so schmerzt, protestantisch werden zu müssen. Oder denkst du, deine Mutter hätte gewollt, dass du einem solchen Lumpen wie Graf Diebold zum Opfer fällst?«
    Unwillkürlich schüttelte Gisela den Kopf.
    »Na also!«, erklärte die Mamsell und sah sich dann besorgt um, ob jemand ihre abfällige Bemerkung über den jungen Herrn gehört hatte. Wie sie Diebold kannte, würde dieser dafür sorgen, dass sie Renitz zusammen mit Gisela verlassen musste.
    »Komm mit!«, forderte sie Gisela auf.
    »Was wollen Sie tun?«, wollte die Köchin wissen.
    »Diesem Sturkopf Walther die Leviten lesen«, antwortete die Mamsell und zog Gisela einfach mit sich. Als sie sah, dass die junge Frau immer noch ihren Wäschekorb unter den Arm geklemmt hatte, blieb

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