Das goldene Ufer
einer Hand und schob es mit einem wohligen Stöhnen in sich hinein.
»So macht man das«, sagte sie lächelnd und nahm sich vor, den jungen Mann nicht eher fortzulassen, bis sie selbst vollkommen zufriedengestellt war.
8.
W alther wachte auf, als ihn jemand bei den Schultern rüttelte. Verwirrt öffnete er die Augen und sah im Schein der Kerze eine Frau in einem seidenen Nachthemd. Es dauerte einen Augenblick, bis er begriff, dass das, was er für einen Traum gehalten hatte, Wirklichkeit gewesen war. Er war tatsächlich Gudula von Techan in deren Zimmer gefolgt und hatte sich mit ihr auf schamlose Weise gepaart.
Die Frau wies zur Tür. »Du musst jetzt gehen!«
Ihre Leidenschaft war gestillt, und nun war es vordringlich, dafür zu sorgen, dass niemand bemerkte, was in diesem Zimmer geschehen war. Ihr war klar, welche Folgen es für sie haben mochte, wenn der junge Bursche noch während ihrer Anwesenheit auf Renitz damit prahlte, sie besessen zu haben.
Kurz entschlossen nahm sie ihre Geldbörse, holte eine Handvoll Taler heraus und reichte sie Walther, ohne sie zu zählen. »Dafür hältst du den Mund, verstanden? Tust du es nicht, sorge ich dafür, dass du in deinem Leben nicht mehr glücklich wirst!«
Im ersten Moment wollte Walther ihr das Geld empört vor die Füße werfen, aber dann zögerte er. Auch wenn es ihn demütigte, von ihr wie ein bezahlter Lustknabe behandelt zu werden, so brachte das Geld ihn seinem Traum von Amerika näher.
»Ich werde schweigen, gnädige Frau. Von mir habt Ihr nichts zu befürchten.« Er stand auf und zog seine Kleider an. Die Münzen steckte er in seine Westentasche. Dann verbeugte er sich vor der Dame, öffnete die Tür und blickte hinaus. Im Flur war es noch dunkel, doch er wagte nicht, sie um die Kerze zu bitten. Leise tastete er sich zur Hintertreppe, stieg ins Erdgeschoss hinab und verließ das Schloss durch eine Seitentür.
Draußen tauchte der erste Schein des nahenden Tages die Landschaft in ein Dämmerlicht. Um vom Schloss aus nicht gesehen zu werden, schritt er so rasch aus, wie es in diesem Halbdunkel möglich war.
Als es heller wurde, zog er die Münzen aus der Tasche und zählte sie. Es waren mehr als einhundert Taler. Die Dame scheint mit meiner Leistung wirklich zufrieden gewesen zu sein, dachte Walther, lachte auf und schalt sich gleichzeitig einen Narren. Um seiner selbst willen hätte er Gudula von Techan zurückweisen müssen. Stattdessen hatte er sich ihren Wünschen gefügt und alles getan, um sie zufriedenzustellen.
Aber er wollte nicht sein Leben lang kriechen müssen, sondern ein freier Mensch sein und nach seinem eigenen Willen handeln.
Hier in diesem Land würde ihm das niemals gelingen. Sobald es möglich war, musste er Renitz verlassen und Gisela mitnehmen. Amerika war ein freies Land, und vielleicht war es ihr als Katholikin dort sogar erlaubt, einen Protestanten zu heiraten.
Für einen Augenblick stellte er sich vor, wie es sein würde, mit ihr das Bett zu teilen, schob diese Vorstellung aber rasch beiseite, weil sie ihm zu gefährlich erschien. Wenn einmal mehr aus Gisela und ihm werden sollte, so nur in allen Ehren und als verheiratetes Paar.
9.
S olange die Gäste auf Renitz weilten, ließ Walther sich nicht mehr im Schloss blicken. Gisela aber musste sich der Zudringlichkeiten so manches ältlichen Herrn erwehren, den die eigene Gattin nicht mehr reizte. Auch stellten ihr einige Jünglinge nach, die sich von ihr erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht erhofften. Gisela mied die Räume, in denen sie Gefahr lief, auf männliche Gäste zu treffen, und blieb meist in der Küche, um Cäcilie zu helfen.
Ganz konnte sie den liebeshungrigen Herren allerdings nicht entgehen. Als sie an diesem Vormittag mit frischem Gemüse und Zwiebeln aus dem Garten zurückkehrte, stellte sich ihr einer der Kavaliere in den Weg.
»Bleib doch stehen, schönes Kind, und sprich mit mir«, säuselte er.
Gisela ahnte, dass es nicht beim Reden bleiben sollte, denn er drängte sie in Richtung einer von dichtem Buschwerk umgebenen Laube. Und schon fasste er sie an die Brust.
»Lasst das, Herr Baron«, fuhr sie ihn an, konnte ihn aber nicht abwehren, da sie beide Hände voll hatte.
Der Mann lachte nur und wurde noch zudringlicher. »Zier dich nicht so. Du bekommst auch einen Taler dafür!«
»Für den danke ich – und jetzt lasst mich gehen!« Gisela fasste ihren Gemüsekorb so, dass sie ihn mit der Linken halten konnte, und zerquetschte mit der anderen
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