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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ab. Er schlug die Tür zu, warf sich in voller Montur auf das Bett und brütete Rachepläne aus. Diese krankten jedoch alle an der Tatsache, dass zuerst sein Vater sterben musste, bevor er selbst die Herrschaft auf Renitz ergreifen konnte.

3.
    D iebolds Zorn hatte sich auch am nächsten Tag noch nicht gelegt. Er wollte schon befehlen, die Kutsche anzuspannen, um ohne Abschied weiterzureisen. Doch für einen längeren Aufenthalt in mondänen Hotels brauchte er mehr Geld, als er bei sich trug, und so musste er seine Mutter um eine größere Summe bitten.
    Als er sie aufsuchen wollte, trat ihm deren Zofe in den Weg. »Ich bedauere, Graf Diebold, aber Ihre Erlaucht leidet unter Migräne. Ich werde Euch Nachricht zukommen lassen, sobald sie sich wieder besser fühlt.«
    »Verdammt, ich …« Diebold drehte sich fluchend um und verließ das Schloss. Wie es aussieht, hat sich wirklich alles gegen mich verschworen, dachte er, als er durch den Park schritt und die Blumenrabatten mit seinem Stockdegen niedersäbelte.
    Da fiel sein Blick auf den Wald, und er erinnerte sich daran, dass Walther noch ein paar Tage in Bremen weilen würde. Also war Gisela allein zu Hause. Er hatte nicht vergessen, dass sie es gewagt hatte, sich ihm durch ihre Heirat mit Walther zu entziehen. Seine Wut stieg, als er daran dachte, dass er auch hier hinter diesem elenden Kerl hatte zurückstehen müssen. Überall, wo es darauf angekommen war, hatte Walther ihn schlecht aussehen lassen, bei der Schlacht von Waterloo, beim Studium – und nun auch noch bei der Frau, die er so sehr begehrt hatte.
    Warum sollte er auf Gisela verzichten, fuhr es ihm mit einem Mal durch den Kopf. Immerhin war er hier der Herr – oder würde es nach dem Tod seines Vaters sein. Sie hatte ihm zu gehorchen, und dies schloss leibliche Dienste mit ein. Auch wenn er sich nur selten auf Renitz aufhielt, so verfügte er doch über genügend Zuträger und wusste, dass Walther und Gisela ohne Dienstboten im Forsthaus lebten. Also gab es niemand, der seine Absicht durchkreuzen konnte.
    Von diesem Gedanken getrieben, beschleunigte er seinen Schritt und wanderte zwischen den hoch aufragenden Baumriesen dahin, die bald zu Geld gemacht werden sollten. Zwar würde er vorerst noch vor seiner Mutter kuschen müssen, aber er konnte es wenigstens diesem Streber Walther heimzahlen, der ihn, den Älteren und überdies Hochgeborenen, immer schlecht hatte aussehen lassen. Auch Gisela war ihm noch einiges schuldig, sagte er sich, als er das Forsthaus vor sich auftauchen sah. Eine dünne Rauchfahne stieg aus dem Kamin. Er fand die Tür unverschlossen und trat ein.
    Gisela stand mit dem Rücken zu ihm am Herd und rührte mit einem Kochlöffel in einem Topf. »Sind Sie es, Frau Frähmke?«, fragte sie, ohne sich umzudrehen.
    »Nein, ich!«, antwortete Diebold höhnisch.
    Wie von der Tarantel gestochen fuhr Gisela herum und sah ihn abweisend an. »Was wollt Ihr hier?«
    »Das weißt du doch genau!« Diebold bewegte herausfordernd sein Becken vor und zurück.
    »Darauf werdet Ihr verzichten müssen. Ich bin eine verheiratete Frau und denke nicht daran, mit Euch die Ehe zu brechen.«
    Sie klang so resolut, dass Diebold die Zähne bleckte. Dreimal war er bisher bei dem Versuch gescheitert, ihr Gehorsam beizubringen, und diesmal würde er nicht aufgeben, ehe er sein Ziel erreicht hatte. »Mein Vater wird bald sterben, dann bin ich der Herr auf Renitz. Wenn du nicht willst, dass ich Walther umgehend auf die Straße setze, solltest du mir etwas zuvorkommender begegnen.«
    Gisela wies auf die Tür. »Verlasst sofort mein Haus!«
    »Du vergisst eines, mein schönes Kind: Dieses Forsthaus gehört zu Renitz, und als Erbe des Besitzes ist es mein Recht, mich hier aufzuhalten. Und nun komm! Oder soll ich zornig werden?«
    »Ich bin es längst!«, fauchte Gisela ihn an und hob ihren Kochlöffel.
    Mit einem Schritt war Diebold bei ihr und wollte nach der ungewöhnlichen Waffe greifen. Dennoch gelang es ihr, ihn zu treffen. Es tat nicht besonders weh, machte ihn aber rasend. Er entwand ihr den Kochlöffel und schlug ihr anschließend mit beiden Händen ins Gesicht. Doch es war, als wollte er eine Wildkatze fangen. Gisela kratzte, biss und trat.
    Diebold begriff, dass sie sich ihm weder freiwillig noch von Drohungen gezwungen hingeben würde, und schlug erneut zu. Als Gisela halb betäubt nach hinten taumelte, riss er sie herum, stieß sie bäuchlings gegen den Tisch und presste ihren Oberkörper auf die Platte.

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