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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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niemanden etwas an, was er auf seinem eigenen Grund und Boden tat.
    Ein knappes Dutzend Schläge später sprang die Tür auf. Noch mit der Axt in der Hand trat er ein. Im vorderen Raum war nichts zu sehen, die Tür zum Schlafzimmer aber war verschlossen. Diebold grinste und sagte sich, dass es einen besonderen Reiz besaß, Gisela in ihrem und Walthers Ehebett zu nehmen.
    Ein wuchtiger Axthieb beseitigte auch dieses Hindernis. Doch als er ins Schlafzimmer hineinschaute, fand er es leer vor. Er öffnete den Schrank und blickte unter das Bett. Zuletzt trat er zu der großen Truhe an der Wand und machte deren Deckel auf. Doch in der Truhe steckte Gisela auch nicht, denn die war bis oben hin mit Beuteln aus Segeltuch gefüllt.
    Wahrscheinlich hielt sie sich doch im Wald versteckt, und der Schatten, den er zu sehen geglaubt hatte, war eine Täuschung gewesen, dachte Diebold und wollte das Forsthaus bereits wieder verlassen. Doch beim Hinausgehen fiel ihm ein, dass das Forsthaus einen Vorratskeller haben musste.
    Rasch trat er zur Falltür und wollte sie öffnen. Doch sie klemmte. Hielt Gisela sie von unten zu? Grinsend nahm er die Axt und benützte sie als Hebel. Mit einem scharfen Ruck brach er die Falltür auf und öffnete sie dann ganz. Unten war es dunkel wie in einer Gruft, doch nicht weit unter sich entdeckte er zwei kleine helle Punkte, die nur Giselas vor Angst weit aufgerissene Augen sein konnten.
    »Ich wusste doch, dass du hier bist! Komm heraus und stelle mich zufrieden. Dann …« Diebold brach ab, denn er wusste nicht, was er ihr versprechen sollte. Daher legte er sich der Länge nach auf den Binsenteppich, griff in das kleine Gelass und erwischte Giselas Haare.
    »Jetzt gehörst du mir!«, rief er zufrieden und zerrte sie mit aller Kraft nach oben.
    Gisela musste nachgeben, wenn sie nicht wollte, dass er ihr die Haare samt Kopfhaut abriss. Entsetzt tastete sie um sich, um etwas zu finden, das sich als Waffe verwenden ließ. Doch mehr als den an der Luft getrockneten Hinterschinken eines Hirsches fiel ihr nicht in die Hand. Damit schlug sie, als sie oben war, nach Diebolds Kopf.
    Es kostete ihn wenig Mühe, ihr diese ungewöhnliche Waffe zu entwenden. Mit einem Lachen warf er die Keule auf den Tisch. »Damit werde ich mich stärken, wenn ich mit dir fertig bin. Doch nun komm endlich, damit ich es dir besorgen kann.«
    Gisela setzte sich verzweifelt zur Wehr, konnte aber nicht verhindern, dass er sie ins Schlafzimmer schleifte und aufs Bett warf. Sie verfluchte sich selbst, weil sie sich im Keller versteckt hatte, ohne an die geladene Büchse zu denken. Einen Lauf hätte sie auf Diebold abschießen können, der andere wäre für sie gewesen. Damit hätte sie ihre Ehre wiedergewonnen. Jetzt aber musste sie zulassen, dass er ihr ein weiteres Mal Gewalt antat.

14.
    W alther hatte Steenken in Celle angetroffen und mit diesem abgerechnet. Das für den Wald erlöste Geld durfte er jedoch nicht selbst entgegennehmen. Angeblich aus Angst, er könne unterwegs überfallen werden, hatte die Gräfin bestimmt, dass der Holzkaufmann die Summe über ein Bremer Bankhaus an ihren eigenen Bankier überweisen lassen sollte. Nachdem Steenken ihm als Dank für die geleistete Arbeit noch einen Beutel mit hundert Talern überreicht hatte, verabschiedete sich Walther von dem Mann mit der Überzeugung, das Beste für die Gräfin erreicht zu haben. Er überlegte sich, ob er von einem Teil des Geldes Gisela etwas Schönes kaufen sollte. Dann dachte er an die bereits bis zum Platzen gefüllte Truhe, die sie mit nach Amerika mitnehmen würden, und ließ es sein. Er konnte Gisela auch in der Neuen Welt ein hübsches Schmuckstück oder einen passenden Kleiderstoff besorgen. Jetzt wollte er so rasch wie möglich nach Hause.
    Während er beim Wirt seine Übernachtung und die Zeche bezahlte, sattelte dessen Knecht bereits sein Pferd. Walther reichte dem guten Mann einen Groschen als Trinkgeld, schwang sich in den Sattel und trabte munter los. Er kam so gut voran, dass er beschloss, bis Renitz durchzureiten. Als er am Nachmittag die Dächer des Schlosses über den Bäumen emporragen sah, überlegte er, ob er erst zum Forsthaus oder gleich zum Schloss reiten sollte, um der Gräfin vom Abschluss des Handels zu berichten. Da er vermutete, Gisela hielte sich im Schloss auf, um Luise Frähmke zu helfen, wollte er sich dorthin wenden. Da vernahm er mit einem Mal das Geräusch von Axthieben, die aus der Richtung des Forsthauses

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