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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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herüberdrangen.
    Verwundert spornte er seinen Gaul ein letztes Mal an. Als er das Forsthaus erreichte, wirkte es seltsam verlassen. Die Fensterläden waren geschlossen, und kein Laut drang heraus.
    Da sah er die eingeschlagene Tür und hörte einen Moment später Gisela schreien. Er sprang aus dem Sattel, war mit ein paar Schritten im Haus, stürmte ins Schlafzimmer und sah, wie seine Frau sich verzweifelt gegen Diebold wehrte. Gerade als es dem Grafensohn gelang, ihr die Beine auseinanderzubiegen, packte Walther ihn und schleuderte ihn mit voller Wucht gegen die Wand.
    Gisela dankte der Heiligen Jungfrau, dass diese ihren Mann rechtzeitig nach Hause geführt hatte, während Diebold Walther verdattert anstarrte.
    Dieser schlug dem jungen Renitz mit beiden Fäusten ins Gesicht. Der Schmerz löste Diebold aus seiner Erstarrung, und er schlug voller Wut zurück.
    Walther wich ihm mit Leichtigkeit aus und traf seinen Gegner gleich mehrfach. Anders als der junge Renitz hatte er im letzten Jahr hart gearbeitet und sich nicht dem Wohlleben hingegeben.
    Diebold wurde klar, dass er den Kürzeren ziehen würde, und er verlegte sich aufs Reden. »Du vergisst wohl, dass ich der nächste Graf auf Renitz sein werde. Wenn du nicht sofort aufhörst und dich entschuldigst, lasse ich dich einsperren, und Gisela kann meinetwegen betteln gehen.«
    Walther hielt einen Augenblick inne und musterte den jungen Grafen angewidert. »Ihr wart ein Schuft, seid einer und werdet immer einer bleiben. Doch hier bin ich der Hausherr und habe das Recht, Euch für das zu bestrafen, was Ihr Gisela antun wolltet!«
    Mit zwei weiteren Faustschlägen machte er Diebold klar, dass dieser keine Schonung von ihm zu erwarten hatte.
    Vor Angst kreischend, rannte der junge Renitz in das vordere Zimmer und sah Walthers Pferd draußen stehen. Ich muss den Gaul erreichen, fuhr ihm durch den Kopf. Doch Walther war dicht hinter ihm.
    Da fiel Diebold die Axt neben der offenen Falltür ins Auge. Kurz entschlossen packte er sie, riss sie hoch und wollte seinem Gegner den Schädel spalten.
    Walther wich mühelos aus und prellte ihm die Axt aus der Hand. »Verdammter Feigling!«, stieß er aus und schlug erneut zu.
    In dem Moment erinnerte Diebold sich an die kleine Pistole, die zum Schutz gegen Räuber in seiner Innentasche steckte. Mit zwei, drei Schritten entging er den nächsten Schlägen seines Gegners und zog die Waffe.
    »Das war es für dich, Walther Fichtner!«, sagte er höhnisch. »Jetzt wirst du mir für alles bezahlen, sowohl für die Schläge wie auch für den Schuss bei Waterloo, mit dem du dich meinem Vater angebiedert hast. Hättest du nicht die Muskete abgefeuert, wäre ich bereits seit Jahren der regierende Graf auf Renitz und mein eigener Herr. Stattdessen bin ich stets an dir gemessen worden, sei es im Unterricht durch Pastor Künnen oder später auf der Universität. Von nun an wird mich dein Schatten nicht mehr verfolgen!« Diebolds Waffe ruckte ein wenig hin und her, blieb aber auf Walther gerichtet.
    Da dieser ihn schweigend anblickte, sprach Diebold weiter. »Hat es dir die Sprache verschlagen? Komm, flehe mich um dein Leben an! Vielleicht schenke ich es dir sogar, wenn du mir schwörst, dich in Zukunft so zu verhalten, wie ich es von dir verlange! Meinetwegen darfst du sogar zusehen, wenn ich dein Weib besteige.«
    Walther richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf den Lauf der Pistole und spannte jeden Muskel an, um Diebold im entscheidenden Augenblick anspringen zu können. Wenn er Glück hatte, wurde er nur leicht verletzt, oder der junge Renitz verfehlte ihn.
    Es war, als könnte Diebold ihm die Gedanken von der Stirn ablesen, denn er trat einen weiteren Schritt zurück. »Ich glaube, es ist besser, wenn ich zuerst dich und danach deine Frau erschieße. Man wird irgendwelchen Landstreichern die Schuld an eurem Tod geben. Ich werde auf jeden Fall den Forst durchsuchen lassen. Vielleicht finden wir ja einen dieser Kerle und hängen ihn dafür.«
    »Lasst Gisela aus dem Spiel!«, sagte Walther mit knirschender Stimme.
    Diebold schüttelte den Kopf. »Dafür ist sie mir zu unberechenbar. Glaubst du, ich will riskieren, dass sie mir, wenn ich nach einem heftigen Ritt mit ihr im Bett einschlafe, mit einer Glasscherbe die Kehle durchschneidet?«
    Keiner der beiden achtete auf Gisela, die zunächst wie erstarrt neben der Schlafzimmertür stehen geblieben war. Dann aber wurde ihr Blick von der Doppelbüchse angezogen, die noch immer geladen in der Ecke

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