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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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versagt hat!« Der Priester stimmte ein Gebet an und nickte zufrieden, als Gisela darin einfiel. Als Walther stumm blieb, bedachte er diesen mit einem fragenden Blick.
    Da Walther nicht sagen wollte, dass er dem evangelischen Bekenntnis angehörte und Gisela seit ihrer Heirat eigentlich auch, faltete er die Hände und tat so, als würde er stumm mitbeten.
    Einige Zeit später erreichten sie das Dorf. Als die Bewohner den Wagen kommen sahen, strömten sie aus ihren Häusern und von den Feldern und versammelten sich vor der Dorfschenke.
    »Hat es wirklich ein großes Unglück gegeben?«, fragte ein Mann.
    Eine Greisin wackelte mit dem Kopf und zeigte auf Gisela. »Die arme Frau! Seht nur, wie blass sie ist.«
    Hände wurden emporgereckt, um Gisela vom Wagen zu helfen. Als Walther abstieg, wurde er ebenfalls gestützt.
    Ein junges Mädchen sah ihn schaudernd an. »Sie hat es aber schlimm erwischt!«
    Verwundert wechselte Walther einen Blick mit Gisela und sah diese leise kichern. Sein Gesicht und seine Haare waren von eingetrocknetem Schlamm bedeckt, und auch seine Kleidung klebte vor Schmutz. Außerdem roch er nicht besonders gut. Letzteres merkte er nun selbst und verzog das Gesicht.
    »Gibt es hier die Möglichkeit, ein Bad zu nehmen?«, fragte er eine stämmige Frau mit einer blauen Schürze, die einen riesigen Kochlöffel in der Hand hielt.
    »Das will ich meinen! Kommen Sie in mein Gasthaus. Ich lasse Ihnen in einem Nebenzimmer einen Bottich mit Wasser füllen, damit Sie sich waschen können. Nötig haben Sie es ja.«
    »Der Herr ist durch den Kutschenschlag gefallen und wäre fast von dem Wagen erschlagen worden, wenn es ihm nicht gelungen wäre, im Straßengraben Zuflucht zu finden«, erklärte der Priester.
    Walther nickte mit verkniffener Miene und presste die Hand gegen die Seite, die jetzt wieder stärker schmerzte. »Gibt es hier auch einen Arzt? Wie es aussieht, habe ich mich verletzt.«
    »Einen Arzt nicht, aber eine Hebamme – und die ist nicht schlechter«, beschied ihn die Wirtin und forderte ihn auf, mit ihr zu kommen. Zwei Frauen kümmerten sich um Gisela, der immer noch der Schreck über den Unfall in den Knochen steckte, obwohl sie ihn fast ohne Blessuren überstanden hatte.

6.
    K urze Zeit später saß Walther in einem Bottich, in dem normalerweise Wäsche gewaschen wurde. Die scharfe Seife, die er von der Wirtin erhalten hatte, brannte ihm in den Augen, beseitigte aber den Schmutz besser, als er es erwartet hatte. Seine Haare waren bereits wieder sauber, und nun war er dabei, den Rest seines Körpers zu reinigen. Schließlich legte er die Seife auf den Schemel, der neben dem Bottich stand, und lehnte sich zurück. Das warme Wasser machte ihn schläfrig, und ehe er sich’s versah, war er weggedämmert.
    Eine Berührung an der Schulter ließ ihn hochschrecken. Er hatte wild geträumt und glaubte nun, einen preußischen Gendarmen vor sich zu sehen. Erst nach einigen Augenblicken begriff er, dass eine hochgewachsene Frau mit hellen, durchdringend blickenden Augen vor ihm stand. Sie trug ein langes, dunkles Kleid, eine blaue Schürze und ein Kopftuch, das ihr volles, blondes Haar kaum zu bändigen vermochte. Die Frau wirkte zeitlos und konnte Walthers Einschätzung nach ebenso dreißig wie fünfzig Jahre zählen.
    »Sie sind der Mann, der aus der Kutsche gestürzt ist und sich verletzt hat?«
    »Ja!«
    »Dann steigen Sie mal aus der Wanne und kommen mit nach oben, damit ich Sie untersuchen kann.«
    Das muss die Hebamme sein, fuhr es Walther durch den Kopf. Allerdings änderte das nichts an der Tatsache, dass er nackt im Bottich saß und nichts zum Anziehen hatte.
    Die Hebamme zog eine spöttische Miene. »Glauben Sie, ich habe noch keinen nackten Mann gesehen? Wenn es die Kerle irgendwo zwickt, kommen die gerne zu mir und zeigen mir deutlich, wo es ihnen weh tut.«
    »Da tut es mir aber nicht weh, sondern an der Seite«, entfuhr es Walther.
    Damit brachte er die Hebamme zum Lachen. Sie nahm das Laken, mit dem er sich abtrocknen sollte, und sah ihn auffordernd an. Mit einem Seufzen stieg er aus der Wanne und stellte sich so, dass er ihr den Rücken zukehrte. Sie begann, ihn abzureiben wie ein neugeborenes Kind, und als sie dabei an seine verletzte Stelle kam, sog er keuchend die Luft ein.
    »Da schmerzt es also. Ich werde es mir nachher ansehen. Sie haben einige Blutergüsse auf dem Rücken und, um es deutlich zu sagen, auch auf dem Hintern. Da wird Ihnen das Sitzen in den nächsten Tagen

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