Das goldene Ufer
und schwankte dabei wie eine Birke im Sturm. Um ihn herum begann sich das Zimmer zu drehen, doch er biss entschlossen die Zähne zusammen und folgte der Frau mit tapsigen Schritten in eine Kammer, die von einer einzigen Kerze erhellt wurde. Eine kleine Anrichte mit Krokodilsfüßen und ein dazu passendes Bett stellten die ganze Möblierung dar.
Die Hure machte sich nicht die Mühe, sich auszuziehen, sondern legte sich hin, zog den Rock hoch, bis ihr bloßer Unterleib zu sehen war, und spreizte die Beine.
»Werdet mir aber nicht zu rauh, Herr Leutnant. Ich müsste sonst die Knechte rufen«, warnte sie den Fähnrich.
Diebold starrte auf das dunkel bepelzte Dreieck und spürte, wie ihn trotz seines Rausches die Lust packte. Er riss sich Uniformrock und Hose vom Leib und schwankte auf das Bett zu. Allerdings dauerte es etwas, bis er darauf gestiegen war und sich auf die Hure legen konnte.
Sofort beschwerte sich die Frau. »Heh, stemmt Euch gefälligst mit den Armen ab! Ich bin keine Matratze, auf der Ihr einschlafen könnt.«
Diebold gehorchte und wurde dadurch belohnt, dass ihm die Hure half, in sie einzudringen. Am liebsten hätte er vor Freude gejubelt. Doch nach zwei, drei Stößen verspürte er ein schmerzhaftes Ziehen und Zucken im Unterleib, dann war es vorbei.
»Besonders war das ja nicht«, spottete die Hure. »Doch nun habt die Güte zu bezahlen, was die Nacht mit mir kostet.«
»Ich … argh!« Diebolds Magen rebellierte nun endgültig gegen den genossenen Wein.
Der Hure gelang es nicht mehr, sich schnell genug unter dem Fähnrich herauszuwinden, und so ergoss sich der Schwall stinkender Flüssigkeit über ihr Kleid und das Bett.
Sie kreischte auf und fuhr Diebold an. »Das wirst du mir bezahlen, du Idiot!«
Sogleich rief sie nach den anderen Huren. Diese erschienen so schnell, als hätten sie so etwas erwartet. Hinter ihnen tauchten mehrere Engländer auf und steckten neugierig die Köpfe in die Kammer. Als sie den Fähnrich halb bewusstlos in seinem Erbrochenen liegen sahen, zwinkerten sie einander zu und lachten hämisch.
»Dachte mir doch, dass der Preuße nichts verträgt«, meinte einer.
Sofort wandte sich die Hure an die Zuschauer. »Er muss mir das Kleid ersetzen und das Bettzeug. Das sagen Sie doch auch, meine Herren!«
»Ein Gentleman muss das tun!«, bestätigte der dienstälteste Leutnant, trat zu Diebold und griff unter dessen Uniformjacke. Als er die Börse herausholte, stieß er einen überraschten Pfiff aus.
»Der Kerl ist gut gepolstert, muss ich sagen! Keine Sorge, Fräulein, das reicht für ein neues Kleid und alles andere.«
Mit diesen Worten entnahm der Engländer mehrere Napoleondor und reichte sie der Hure. Danach blickte er erneut auf die noch immer gut gefüllte Börse und fand, dass der preußische Leutnant es ihnen der Umstände wegen, die er machte, einfach schuldig war, den Aufenthalt in diesem Haus zu bezahlen. Auch gönnte er den Huren ein großzügiges Trinkgeld auf Diebolds Kosten und steckte ihm die um einiges leichtere Börse wieder unter die Uniformjacke. Die enttäuschten Blicke einiger Kameraden, die sich ebenfalls gerne bedient hätten, bedachte er mit einer wegwerfenden Handbewegung.
»Ein Gentleman beraubt keinen Offizier einer verbündeten Armee, aber er lässt sich zum Essen und Trinken und, wenn es möglich ist, auch zu mehr einladen. Und nun kommt! Mir steht der Sinn nach angenehmeren Dingen, als mir Gedanken über diesen Tölpel zu machen.«
Er griff dabei seiner Hure in den Ausschnitt und brachte sie damit zum Quieken.
»Und was machen wir mit dem?«, fragte eine andere Hure und wies mit dem Kinn auf Diebold.
»Zieht den Kerl an, werft ihn auf die Straße und schickt einen Knecht zum Coq d’or, um seinen Burschen zu holen. Soll der sich doch um die Schnapsleiche kümmern!«
Damit war für die englischen Offiziere die Sache erledigt, und sie wandten sich den girrenden Frauen zu.
9.
O bwohl Walther sich vorgenommen hatte, wach zu bleiben, war er eingeschlafen und schreckte durch ein Pochen an der Zimmertür auf.
»Was ist?«, fragte er.
»Du sollst deinen Herrn holen! Der hat ein wenig zu tief ins Glas geschaut und liegt um die Ecke auf der Straße«, antwortete jemand.
Zuerst glaubte Walther, mit dem Herrn wäre Graf Renitz gemeint, doch er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der angesehene Oberst betrunken sein könnte. Außerdem war dieser mit seinem Burschen unterwegs, und der hätte ihm sicher geholfen. Also musste es
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